Die Menschenrechte sind ungenügend definiert
Ein Vorschlag zur Erweiterung der Menschenrechte im Europäischen Parlament würde ECHELON verbieten und den Schutz der Privatsphäre mit neuesten technologischen Entwicklungen in Einklang bringen.
Internationales Abhören von Kommunikation sollte als Bruch grundlegender Menschenrechte identifiziert werden, heißt es in neuen Vorschlägen, die nun vor das Europäische Parlament gebracht werden. Verträge und Definitionen von Menschenrechten, die vor 50 Jahren entwickelt wurden, können den jüngsten Entwicklungen nicht mehr gerecht werden, da nun, im Internetzeitalter Bedrohungen der Privatsphäre Grenzen überschreiten.
Laut dem fünfseitigem Entwurf sollen alle zukünftigen Abhörmaßnahmen "eine legale Basis haben, im öffentlichen Interesse sein und strikt auf das Erreichen des angegebenen Ziels beschränkt sein."
"Jegliche Form systematischen Abhörens kann nicht als im Einklang mit diesem Prinzip betrachtet werden, auch wenn die Absicht die Bekämpfung internationalen Verbrechens ist".
"Jeder Mitgliedsstaat, der ein solches System betreibt, sollte aufhören es zu benutzen".
Falls diese Erweiterungen der Menschenrechte international eingeführt werden, würde damit die Praxis der "Signal-Intelligence-Dienste" (Sigint) illegal werden, außer wenn es um die Bekämpfung von Verbrechen und Terrorismus geht. Sigint-Systeme werden von vielen mächtigen Staaten benutzt, um diplomatische, wirtschaftsbezogene und persönliche Kommunikation von Feinden ebenso wie von Alliierten abzuhören. Es ist vorauszusehen, dass diese Vorschläge insbesondere von der britischen Regierung bitter bekämpft werden, da deren Sigint-Dienst GCHQ zusammen mit der US-amerikanischen National Security Agency (NSA) das weltgrößte System zum Abhören von Telekommunikation betreibt, einschließlich jenes Teils, der unter der Bezeichnung ECHELON bekannt wurde.
Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEPs) werden ersucht Vorschläge zu unterstützen, die darauf abzielen, grenzüberschreitende Spionage zwischen europäischen Staaten ebenso wie Ländern außerhalb der EU abzuschaffen. Die Pläne folgen zwei Diskussionen im Parlament, die vor kurzem stattgefunden haben, über internationale Überwachung von Telekommunikation im allgemeinen und Echelon im besonderen, das Telefonate, Faxe und Datenkommunikation von internationalen Kommunikationssatelliten abfängt.
Laut Vorschlägen von Graham Watson, Vorsitzender das Parlamentsausschusses für Bürgerrechte, Justiz und Inneres, reicht der existierende Rahmen zur Definition von Menschenrechten nicht mehr aus. Sie "sie sind ungenügend zum Schutz der Rechte, auf welche Bürger Europas eigentlich ein Recht haben, da sie nicht vor Abhörmaßnahmen schützen können, welches ein anderes Mitgliedsland betreibt, dessen Nationalität sie nicht angehören".
"Europäischen Staatsbürgern werden unabhängig von ihrer Nationalität Menschrechte auf dem höchsten Niveau garantiert", versichert Watson.
Wenn die Resolution von einer Plenarsitzung des Parlaments im nächsten Monat verabschiedet wird, wird der EU-Präsidentschaft mitgeteilt werden, dass es "dringenden Handlungsbedarf" für den Rat gäbe, "alle notwendigen diplomatischen Schritte zu unternehmen, um Drittländer davon abzuhalten, Abhörmaßnahmen auf dem Territorium der Union zu unternehmen, die außerhalb des Rahmens der gemeinsamen Bekämpfung von organisiertem Verbrechen liegen". Die Präsidentin wird aufgefordert werden, diplomatische Verhandlungen mit den USA zu initiieren, "allen Formen systematischer und allgemeiner Spionage gegenüber den Mitgliedsstaaten und der Union, ihren Institutionen und Bürgern, ein Ende zu setzen".
"Auch im Kampf gegen grenzüberschreitendes Verbrechen müssen adäquate Sicherungsmechanismen bezügle Abhörmaßnahmen eingeführt werden", heißt es in den Vorschlägen weiter und, "dass jede Form von Überwachung, die ein Mitgliedsstaat auf dem Boden eines anderen unternimmt, diesem mitgeteilt werden sollte".
Der Resolutionsentwurf bringt auch Irritation über die "Stück-für-Stück-Taktik" zum Ausdruck, "mit der gegenwärtig die Gesetze entworfen und operationalen und organisatorischen Arrangements bezüglich Überwachung getroffen werden". Diese "Stück-für-Stück-Arrangements" umfassen Schengen, Europol und den Zollvertrag. Laut Watson gewährleisten sie alle "verschiedene Standards des Schutzes" und "entbehren jeglicher demokratischer und juristischer Überprüfung". Sechs von 15 Mitgliedsstaaten hätten es auch versäumt, die EU-Richtlinien zum Datenschutz umzusetzen.
Das Kommitee beschwert sich auch darüber, dass alle diese Vorwürfe bereits in "zahllosen schriftlichen und mündlichen Anfragen während der letzten zwei Jahre aufgeworfen wurden." Die nun gemachten Vorschläge folgen auf eine Anhörung vom Februar über Datenschutz und Überwachung und die Stellungnahmen der Kommission und des Rats vor dem Parlament Ende März.
Der Vorsitzende des Bürgerrechts-Kommitees bezeichnete auch den Mangel an offizieller internationaler Kommunikation über den Schutz der Privatsphäre als ein globales Problem. "Weltweit betrachtet war das Entstehen der Informationsgesellschaft von keiner entsprechenden Überarbeitung der Vorschriften zum Datenschutz seitens des Europäischen Rats, der OECD und der Welthandelsorganisation begleitet", sagte Watson. Die Vorschläge umfassen daher auch die Erstellung von UNO- und OECD-Richtlinien über personenbezogene Informationen und den Schutz der Privatsphäre, "denen der Status bindender Verträge verliehen werden soll - zumindest zwischen den Staaten der Union und ihren Verbündeten".
Die Vorschläge beziehen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments nicht mit ein, wie es im letzten Monat von den Grünen und ihren Verbündeten gefordert worden war. Ein solcher Ausschuss wäre möglicherweise darauf begrenzt, Verletzungen existierenden Gemeinschaftsrechts zu untersuchen. Stattdessen hat Watson darum angesucht, dass seinem und zwei weiteren Ausschüssen der Auftrag erteilt wird, bis zum Ende des Jahres einen neuen detaillierten Bericht über Fragen des Datenschutzes und der Überwachung zu erarbeiten.
Übersetzung: Armin Medosch