Die New York Times über den "russischen Informationsangriff"
- Die New York Times über den "russischen Informationsangriff"
- Gewebe aus Vermutungen und Behauptungen
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Die russische "Kampagne zur Störung der amerikanischen Wahlen" sei unterschätzt worden, die NYT webt aus Vermutungen ein Verdachts- und Bedrohungsszenario mit verschwörungstheoretischen Ausmaßen
Noch immer wird in den USA nach Hinweisen auf die angebliche russische Kampagne vor den Präsidentschaftswahlen gesucht. Irgendwie scheint man auf der liberalen Anti-Trump-Seite davon überzeugt zu sein, dass ohne das geschickte Einwirken vom Ausland ein Donald Trump nicht hätte gewinnen bzw. Hillary Clinton nicht hätte verlieren können. Die New York Times hat nun einen großen Bericht über die angeblich unterschätzte "russische Kampagne zur Störung der amerikanischen Wahlen" veröffentlicht.
Wobei nicht wirklich abgeschätzt werden kann, wie sehr das Hacken und Leaken der Emails der Demokraten, die Veröffentlichung von Fake News und Behauptungen auf Websites und Twitter sowie Facebook oder die Berichterstattung von RT und Sputnik das Ergebnis der Wahl beeinflusst hat - oder wie stark die Fehler waren, die auf der Seite der Demokraten gemacht wurden, beispielsweise Sanders mit unfeinen Mitteln als Konkurrenten von Clinton, die bereits mit denkbar schlechter Popularität antrat, aus dem Spiel zu werfen.
Die New York Times gibt sich auch sicher, dass fast alles, was an Hacks, Leaks und Gerüchtemaschinerie letztes Jahr lief, auf einen "russischen Informationsangriff" zurückzuführen sei, wodurch etwa Twitter und Facebook in "Maschinen der Täuschung und Propaganda" verwandelt wurden. Zwischendurch wird einmal eingeräumt, dass die angebliche Beeinflussungskampagne nur eine geringfügige Rolle gegenüber den amerikanischen Stimmen im Wahlkampf gehabt habe, aber sie zumindest geholfen, "einen Brand an Ärger und Verdacht in einem polarisierten Land weiter anzufachen".
Man gewinnt bei der Lektüre des NYT-Artikels den Eindruck einer Paranoia, in der der Feind überall sitzt und mitmischt, eine Stimmung, die der im Kalten Krieg gleicht, zumal peinlich vermieden wird, die Beeinflussungen auf Seiten der USA und der anderen Nato-Staaten ebenfalls zu schildern, oder der Konstruktion einer Verschwörungstheorie, die aus Vermutungen ein dichtes Verdachtsnetz webt, und gleichzeitig den Feind Russland zu einem mächtigen Dämon aufbläst, der geschickt ausgerechnet die amerikanischen Medien gegen die die USA einsetzt. Eigentlich wäre jetzt auch die Zeit, dass Moskau sich grandios verschätzt hat, wenn man im Kreml tatsächlich gegen Clinton und für Trump angetreten sein sollte. Zwar hatte Trump im Wahlkampf Annäherungen an Moskau signalisiert, ist aber mittlerweile weit davon entfernt, die auch umsetzen zu können, vielmehr hat sich der Konflikt eher verschärft.
Schon die Sprache verrät, dass hier neben versuchter Aufklärung vor allem Bedrohungsstimmung erzeugt werden soll. Am Beginn der "internationalen Offensive" sei ein Melvick Redick aus Harrisburgh gewesen, der auf Facebook am 8. Juni 2016 einen Link auf die am 19. April registrierte Website DCLeaks.com setzte, wo es "verborgene Wahrheiten über Hillary Clinton, George Soros und andere Führer der USA" gebe ("Dear Hillary" - Politik und Philanthropie in den Soros-Leaks). Einen Redick gebe es allerdings nicht, die Postings des fiktiven Amerikaners würden aber zu den "ersten öffentlichen Zeichen einer ausländischen Intervention in die amerikanische Demokratie" gehören. Redick sei wie einige andere Facebook-Accounts von Russland geschaffen worden - wahrscheinlich. Und irgendwie stecken hinter allem die Hackergruppen APT28 oder Fancy Bear, die man anhand ihrer Vorgehensweise und Mittel identifiziert, als ob beides nicht andere Akteure übernehmen könnten.
So geht es in der Sprache weiter. Die Informationen der Website wurden - so wird behauptet - von russischen Hackern gestohlen, was den Wahlkampf beeinflusst habe, diejenigen, die für die Website warben, werden als "Avantgarde einer Cyberarmee von gefälschten Facebook- und Twitter-Accounts" bezeichnet, es handele sich um eine "Legion von Russland gesteuerter Betrüger". Man hat weniger den Eindruck, einen sachlichen Bericht zu lesen, als einen antirussischen Propgandaartikel, der zusammen mit Nachforschungen der Cybersecurity-Firma FireEye aus durchaus mitunter berechtigten Vermutungen Tatsachen schmiedet.