Die OPEC und der fallende Ölpreis

Das Kartell hält offiziell an der derzeitigen Produktionsmenge fest, fördert jedoch mehr

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Allein das Gerücht schickte den Ölpreis am Freitag erneut deutlich auf Talfahrt. Berichtet worden war, dass sich die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) nicht auf eine Drosselung der Fördermenge geeinigt und die Obergrenze sogar auf 31,5 Millionen Barrel pro Tag erhöht habe. Der Ölpreis gab daraufhin deutlich um etwa 3% nach.

Der Preis für ein Barrel der US-amerikanischen Sorte WTI (West Texas Intermediate) fiel sogar unter die Marke von 40 US-Dollar und ein Barrel der Nordseesorte Brent, das zur Referenz in Europa dient, fiel unter die Marke von 43 Dollar. Beide Preise konnten sich danach im Handel mit dem Dementi wieder leicht erholen.

Dass ein absurdes Gerücht für so viel Bewegung sorgen kann, zeigt die massive Nervosität am Ölmarkt an. Dabei liegt die reale Produktion des Kartells schon jetzt an oder über der angeblichen neu festgelegten Obergrenze. Offiziell hatte man sich beim letzten Treffen auf 30 Millionen Barrel als Förderziel geeinigt, doch zuletzt sogar fast 32 Millionen Barrel täglich gefördert.

Offiziell erklärte nach dieser OPEC-Jahrestagung in Wien der Generalsekretär Abdalla Salem El-Badri, dass derzeit keine neuen Zahlen festgelegt werden könnten. Deshalb sei beschlossen worden, eine Entscheidung auf das kommende Jahr zu verschieben. Unter anderem hatte das wirtschaftlich schwer gebeutelte Venezuela, das am Sonntag vor einer entscheidenden Wahl stand, eine Verringerung der Fördermenge um 5% gefordert, um die Preise zu stabilisieren oder sogar zu erhöhen.

Letztlich kann aus der Abschlusserklärung dann aber doch noch einiges abgeleitet werden. Denn darin stellt die OPEC fest, dass mit der derzeitig weltweiten Überproduktion die Lagerbestände seit dem letzten Treffen im Juni sogar "weiter gestiegen" seien. Und interessant ist auch die Vorhersage, dass im kommenden Jahr die Produktion aus den Ländern, die nicht dem Kartell angehören, zurückgehen werde, während der weltweite Bedarf um 1,3 Millionen Barrel ansteigen soll. "In terms of supply and demand, it was noted that non-OPEC supply is expected to contract in 2016, while global demand is anticipated to expand again by 1.3 mb/d."

Die OPEC setzt weiter darauf, der Fracking-Industrie den Garaus zu machen

Tatsächlich nimmt die Zahl der Bohrlöcher weiter stetig ab. Wurde im vergangenen Winter alarmiert gemeldet, dass die Zahl der aktiven Öl-Bohrlöcher in den USA auf nur noch gut 1.200 zurückgegangen sei (Platzt angesichts des Ölpreissturzes nun die Fracking-Blase in den USA?) - dem niedrigsten Stand seit 2012 -, so zählt der Bohrausrüsters Baker Hughes nun gerade noch 737. Die Zahl hat sich seither in den USA auf ein Drittel reduziert und im angrenzenden Kanada sieht es nicht besser aus.

Die Fracking-Überproduktion baut sich gerade ab, für die vor allem die USA verantwortlich waren. Denn dort war die Fördermenge massiv ausgeweitet worden. Im Januar 2013 wurde die Marke von 7 Millionen Barrel pro Tag überschritten und der bisherige Höchststand der Produktion mit gut 9,6 Millionen Barrel im Juni und Juli 2015 registriert. Seither geht die Fördermenge beständig zurück und lag zuletzt bei 9,2 Millionen Fass.

Einige Analysten schwärmen seit längerem zwar davon, dass durch Rationalisierungen, technischen Fortschritt, etc. viele US-Unternehmen sogar bei den derzeitig niedrigen Ölpreisen von 40-50 Dollar pro Barrel ihr Fracking rentabel betreiben könnten.

Die Finanzmarktwelt ist aber "ein klein wenig in die Statistikgrube hinabgestiegen" und hat das größte Fracking-Feld "Bakken" untersucht, das im US-Bundesstaat North Dakota liegt. Der Behauptung, dass rentabel bei diesen Preisen gefrackt werden kann, stünden reale Zahlen aus diesem Ölfeld entgegen. Erstmals sei in North-Dakota im September die Fördermenge zurückgegangen und das sei der "allererste Rückgang seit 2004!" Gegen die Behauptung spricht auch, der absolute Höhepunkt der Förderung in North Dakota mit 1,22 Millionen Barrel pro Tag im Dezember 2014 erreicht worden sei: "Gerade in dem Monat begann der Ölpreis (WTI) brutal einzubrechen."

Inzwischen seien in dem Bundesstaat 67% aller Bohrstellen geschlossen. Zwar würden dort weiter Bohrstellen neu erschlossen, die gingen aber nicht mehr in Betrieb. Dafür kann es nach Ansicht von Finanzmarktwelt nur einen Grund geben: "Die Produktionskosten liegen über dem aktuellen Ölpreis für US-Öl (WTI)."

Wenn der Iran den Ölmarkt flutet, werden die Preise weiter fallen

Insgesamt kann vorhergesagt werden, dass der Ölpreis niedrig bleibt oder sogar weiter fällt, auch wenn die Fracking-Überproduktion abgebaut wird. Das hat auch damit zu tun, dass die Wirtschaft in China immer deutlicher lahmt (China weiter im Abwärtstrend) und andere Schwellenländer wie Brasilien immer in die Rezession rutschen, wobei einige Beobachter schon von Depression sprechen.

Dazu kommt vor allem, dass der Iran mit dem erwarteten Wegfall der Sanktionen im nächsten Jahr darauf beharrt, bis zu 1 Million Barrel pro Tag auf den internationalen Markt zu werfen. Auch das Land Iran kritisiert die Förderpolitik einiger OPEC-Staaten. "Es ist bekannt, welche Länder derzeit eine übermäßige Förderung haben", erklärte der iranische Ölminister Bidschan Sanganeh am Sonntag gegenüber der iranische Nachrichtenagentur Schana. Diese Länder seien für die "Konsequenzen verantwortlich", sagte er vor allem mit Blick auf Saudi Arabien.

Die gesamte OPEC-Fördermenge wird sich deutlich ausweiten, wenn der Iran wie geplant den Ölmarkt weiter flutet, um einstige Marktanteile zurückgewinnen. Damit dürfte ein weiterer Preisverfall verbunden sein. Der Iran allein würde die sinkende Fracking-Förderung mehr als kompensieren. Deshalb hatte auch die Weltbank schon davor Link auf http://www.heise.de/tp/artikel/45/45841/3.html, dass der Ölpreis um weitere 10 Dollar absacken werde, wenn die Sanktionen fallen.

Einige Experten schließen sogar einen neuen Ölpreisschock nicht aus, da das darbende Land mit einem Schlag viel Öl auf den Markt spülen könnte, um schnell an viel Geld zu kommen. Durch Lagerhaltung könnte das nicht aufgefangen werden, denn die Lager sind voll. Ihre Füllmenge hat weiter zugenommen, hat auch die OPEC gerade festgestellt.