Die Parade der Lügenbarone

Unter Bankstern - Teil 11

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Fiese Gebührenabzocke

Wenn es um das Geld ihrer Kunden geht, vor allem dieses durch Gebühren zu schmälern, sind Banken in ihrem Erfindungsreichtum kaum zu überbieten. Unnötige Gebühren, unsinnige Kosten und unverhältnismäßige Entgelte wurden von Gerichten mittlerweile als unzulässig erklärt. Trotzdem kassieren viele Geldinstitute munter weiter, da sich viele Kunden nicht gegen die Abzocke zur Wehr setzen. Eine besondere Form, den Kunden zur Kasse zu bitten, sind Lastschriftrückgaben. Von vielen Banken wird dann eine Gebühr bis zu sieben Euro erhoben. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom Oktober 1997 dürfen Banken für nicht ausgeführte Bankaufträge kein Geld kassieren. Es wurde festgestellt, dass die Prüfung der Kontodeckung durch eine Bank in deren eigenem Interesse erfolgt. Deshalb musste ein neuartiger Schadenersatz in Form von Telefonkosten erfunden werden. Auch diese Machenschaft wurde indes vom Bundesgerichtshof im März 2005 untersagt.

Eine weitere beliebte Abkassiermethode der Banken ist es, Gebühren für die Übertragung eines Wertpapierdepots von einer Bank zu einer anderen zu erheben. Auch diese sind ebenso wenig zulässig wie die Gebühren für Freistellungsaufträge bei Kapitalerträgen beim Finanzamt. Weiterhin ist nicht zulässig, Gebühren für die Einzahlung und Abhebung von Bargeld zu erheben, auch Nachforschungsaufträge bei Überweisungen dürfen für den Kunden zu keinen zusätzlichen Gebühren führen. Eine besonders beliebte Methode, bereits bezahlte Gebühren einzubehalten, fallen bei EC- und Kreditkarten an. Viele Institute erstatten die anteilig bezahlten Jahresgebühren bei einer vorzeitigen Vertragskündigung nicht ordnungsgemäß zurück. Es lohnt sich für viele Kunden, die Gebühren von Banken durchzuforsten, da bei unrechtmäßig erhobenen Gebühren eine Verjährungsfrist von drei Jahren gilt.

Setzen Sie deshalb Ihrer Bank eine Frist, zu Unrecht erhobene Gebühren beziehungsweise Entgelte zurückzuerstatten. Sollte die Bank stur bleiben, bietet der Bankenverband ein Schlichtungsverfahren an. Kommt es auch dann noch zu keiner Einigung, wird vom Bankenverband ein unabhängiger Ombudsmann hinzugezogen, der eine Schlichtung herbeiführt. Sollte es immer noch zu keiner Einigung kommen, bleibt dem Bankkunden unter Berufung auf die eindeutige Rechtslage der Weg zu einem ordentlichen Gericht.

Teure Produkte von der Stange

Angesichts der Beratungsdefizite im Hinblick auf die aktuelle Kreditkrise kann konstatiert werden, dass sich die Kundenzufriedenheit von Bankkunden deutlich verschlechtert hat. Viele Banken wollen die schlechte Geschäftsentwicklung auf ihre Kunden abwälzen. Die Masche, den Kunden zu schröpfen, zeigt sich auch in der individuellen Anlagenberatung. Oftmals gibt es dort nur Produkte von der Stange. Immer öfter drängen Bankberater ihre Kunden, ihr Wertpapierdepot managen zu lassen, was jedoch im Rahmen eines standardisierten Massengeschäftes vor allem zu hohen Transaktionskosten und damit höheren Einnahmen für die Bank führt. Die Rendite der Anleger wird zur Nebensache. Hauptsache, das Depot wird öfters umgeschichtet, so dass die Bank an der Managementgebühr und den Transaktionen profitieren kann.

Nur in der gehobenen Variante des Private Banking werden die Gelder wohlhabender Kunden individuell nach deren Wünschen und Bedürfnissen angelegt. Die anderen zahlen ausufernde Spesen. So zahlen Kunden bei einer standardisierten Vermögensverwaltung 1,5 bis zwei Prozent Provision. Legen die Banken dann die Gelder in Fondsanteilen an, so kommt eine Managementgebühr von 1,5 Prozent pro Jahr sowie Ausgabe- und Rückgabekommissionen hinzu. So kommt es vor, dass ein Kunde beim Kauf eines Fonds bereits drei bis vier Prozent verliert, ohne dass die Bank irgendein Risiko eingehen muss. Außerdem liegt ein eindeutiger Interessenkonflikt vor, wenn eine Bank eigene Fonds herausgibt, da gerade diese häufig den Kunden empfohlen werden. So legt insbesondere die Deutsche Bank Kundengelder oft in Fondsanteile der eigenen Tochtergesellschaft DWS an, wodurch deren Portfoliomanager eine zusätzliche Provision (Kick-Back-Rückvergütung) erhalten.

Eine besonders beliebte Methode Kunden über den Tisch zu ziehen ist es, Produkte zu verkaufen, die der Kunde gar nicht benötigt: Die Kopplung von Ratenkrediten mit Restschuldversicherungen. So wird bei Gewährung von Krediten von den Banken der Abschluss einer Versicherungspolice gefordert, die bei Finanzproblemen oder Tod des Kunden die Rückzahlung des Kredits absichert. Diese Extrapolicen erhöhen den Effektivzins eines Darlehens beträchtlich, ohne dass dieser dem Kunden mitgeteilt wird. Dies ist jedoch nichts anderes als Kreditwucher. Verbraucherschützer warnen, dass so ein Ratenkredit durch die Zusatzversicherung bis zum Fünffachen teurer werden kann als es notwendig wäre. Wenn der Kunde ohne Versicherung keinen Kredit erhält, müssten die Banken die Zusatzkosten im Effektivzins laut Gesetz angeben. Da der Verbraucher jedoch dann die Wucherzinsen von über 25 % erkennen würde, wird von den Banken bewusst falsch informiert. Die Argumentation der Geldverleiher, dass die Zusatzpolicen freiwillig abgeschlossen würden hinkt natürlich, da sonst der Kunde keinen Kredit bekäme.

Auferstehung der Kunden

Wenn die Macht künftig von den Kunden ausgehen soll, wird diesen nichts anderes übrig bleiben, als sich gegenüber den Bankstern zu erheben. Die heutige Form der ökonomischen Käfighaltung durch die Banken kann durchbrochen werden, wenn viele Kunden ihre Konten kündigen und sich neuen interaktiven Finanzintermediären zuwenden. Das Internet wird ohne Zweifel das gesamte Bankwesen revolutionieren und neue Formen des Anlegens und des Werterhaltes generieren. Ein neues Finanzwesen wird sich von Großbanken verabschieden und auf die intelligente Vernetzung der Akteure setzen. Hierbei wird sich die Bedeutung von Zwischenhändlern zunehmen, da Kunden immer weniger hohe Transaktionskosten akzeptieren werden.

Kunden wollen nicht mehr von Banken manipuliert werden, sondern erwarten Win-Win-Situationen. Bankmanager versuchen die Menschen gleichzuschalten und in finanzielle Abhängigkeit zu bringen. Lasst uns deshalb durch Räumung unserer Konten so viele Grossbanken wie möglich ausschalten, bevor sie die Kunden durch Kündigung ihrer Kredite ausschalten. Nur durch eine Rückzahlung der Kredite und einen Kapitalentzug ist es möglich, die Ökonomie wieder zu demokratisieren und für eine Umverteilung der Mittel zu sorgen. Zukünftig sollte die Hauptaufgabe von Banken, die unser Geld verwalten, nicht mehr die Spekulation auf hohe Renditen, sondern die Finanzierung von Innovationen sein.

Zu viele Banken, zu wenige Kunden

Betrachtet man die Bilanzsummen der Banken, so beträgt der Anteil der öffentlich-rechtlichen Institute wie Sparkassen und Landesbanken 46 Prozent, der Anteil der privaten Geschäftsbanken wie der Deutschen Bank 39 Prozent und der Anteil der übrigen Genossenschaftsbanken 15 Prozent. Es wird deshalb unausweichlich sein, dass es vor allem bei den öffentlichen Instituten und bei den Privatbanken in den nächsten Jahren zu weiteren Fusionen kommen wird. Bereits seit Jahren schrumpft sich in Deutschland die Bankenbranche gesund und versucht vor allem durch Fusionen, den Weg zu mehr Effizienz und Kostensenkung zu finden.

Im Jahr 2005 schluckte die italienischen Bankengruppe Unicredit die HypoVereinsbank, damals gemessen an der Bilanzsumme das sechstgrößte deutsche Institut. Im Jahr 2008 kaufte die französische Genossenschaftsbank Crédit Mutuel die Deutschland-Tochter der Citibank. Mit durchschnittlich rund 40.000 Kunden je Kreditinstitut gegenüber 54.000 im europäischen Durchschnitt haben viele deutsche Banken keine kritische Größe, um Wettbewerbsvorteile zu generieren. Trotz vieler kleinerer Fusionen sind die Kosten für einzelne Geldhäuser zu hoch, was mit ein Grund für die überhöhten Gebühren sind, die deutsche Kunden bezahlen müssen. Die Fusion der Commerzbank mit der Dresdner Bank sowie der Deutschen Bank mit der Postbank sind ein erster Anfang, die Wettbewerbsfähigkeit der großen Banken zu verbessern.

Vollzog sich das Gros der Fusionen bisher auf kommunaler und regionaler Ebene, so sind deutsche Banken im internationalen Vergleich eher klein und können ohne Fusionen bald zu Übernahmezielen aus dem Ausland werden. Die Deutsche Bank zeigte mit der Postbank-Übernahme, dass sie in Phasen, wo das Investmentbanking in der Krise liegt, wieder die Privatkunden entdeckt, um mit dem Kreditgeschäft die Krise zu überbrücken. Nur wenn es den Banken gelingt, in einem schwierigen Umfeld Skaleneffekte zu erzielen, wird der Fixkostenanteil der Kostenstruktur deutlich zurückgehen und es ihnen gelingen, ihre Kostenstrukturen deutlich zu verbessern.

Freikaufen wie im Mittelalter

Als der Mannesmann-Prozess mit einem Freispruch für die Angeklagten endete, obwohl Managern Prämien und Abfindungen in Millionenhöhe zugeschoben wurden, war klar, dass dieses Urteil mehr Fragen aufwarf, als es Antworten gab. Wer soll eigentlich Aufsichtsräte und Vorstände kontrollieren, wenn moralisches Fehlverhalten vorliegt? Können Gerichte, die sich mit Management und Unternehmensführung nicht auskennen, in diese Rolle schlüpfen? Wenn ja, sind dann Landgerichte die richtige Instanz für diese Kategorie von Rechtsfällen? Welche neuen Spielregeln zur Begrenzung der Macht von Verwaltungsräten und Managern sind notwendig?

Es ist doch so: Durch die zunehmende Bedeutung von Managern ist die Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht in den letzten Jahrzehnten weiter vorangeschritten. Wenn Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann glaubt, dass es sich um einen Wertzuwachs für Unternehmen handelt, wenn im Rahmen von Verfügungsmacht riesige Abfindungssummen bezahlt werden, beweist dies nur, dass er von Unternehmensführung wenig Ahnung hat. Unternehmer unterliegen im Gegensatz zu Managern nicht dem Fusions- und Mergerwahn. Vielleicht hat dies damit zu tun, dass sie nicht auf große Fusionsprämien spekulieren, sondern das Wohl und das Überleben des Unternehmens im Auge haben. Es ist eine Tatsache, dass die Entnahme von Millionen aus der Unternehmenskasse den inneren Wert eines Unternehmens reduziert. Sogar im Hinblick auf das kurzfristige Shareholder-Value-Denken ist ein derartiges Verhalten schädlich, da es die Gewinnausschüttung für die Aktionäre schmälert.

Von Blendern und Geblendeten

Ene weit verbreitete Spezies unter den Bankmanagern sind die Blender, die meist von anderen Blendern eingestellt werden. Nur wirklich gute Führungskräfte stellen Leute ein, die besser sind als sie selbst. Häufig werden im Gleichschaltungswahn der Unternehmen nur diejenigen eingestellt, die sich unterordnen oder möglichst wenig auffallen. Von besonderer Bedeutung ist, dass Blenden und Lügen eine schädliche Symbiose eingegangen sind. Wir müssen uns der Frage annehmen, warum Zentralbanker und Banker permanent lügen. Alfred Herrhausen etwa hatte es nicht nötig, zu lügen, da er kein Blender war. Wenn jedoch das Rückgrat fehlt und die Ausnahmetalente rar werden, hilft nur noch der schöne Schein, der sich durch intensives Blenden kombiniert mit vielen Lügen am besten aufrecht erhalten lässt.

Doch was ist eigentlich eine Lüge? Als Lüge wird gemeinhin eine Aussage bezeichnet, die nicht der Wahrheit entspricht, weil diese eine falsche Behauptung enthält. Hierbei lassen sich bewusste Lügen durch Vortäuschen falscher Tatsachen, unbewusste Lügen durch Selbsttäuschung sowie Notlügen unterscheiden. Heute spielen uns die Bankmanager eine heile Wirtschaftswelt vor, obwohl die Preise raketenartig steigen und eine Bank nach der anderen in immer größere Schwierigkeiten gerät. Doch welche Lügen von Bankern wir auch betrachten, das besondere Phänomen ist, dass sie umso nachhaltiger wirken, je größer die Lügen sind. Im entscheidenden Augenblick, wenn es um den großen Vorteil für das eigene Fortkommen der Bankmanager geht, darf man mit allem rechnen, nur nicht mit der Wahrheit. Nur wer als Bank-Vorstand oder Zentralbankchef mit angeblich gutem Gewissen lügt, lügt gut. Auf der anderen Seite gibt es noch die Extremform des Nicht-Lügens, die der englische Schriftsteller Graham Greene beschrieb:

Es ist manchmal gar nicht ungefährlich, offen und ehrlich zu sein.

Diese Form von Ehrlichkeit sollte uns bei Managern jedoch nicht so sehr interessieren, als vielmehr diejenige, die mit der Entlohnung von Leistungen zu tun hat. Kaum ein Bankmanager macht sich bewusst, dass ausufernde Gehälter oder Abfindungen das Eigenkapital der Banken verwässern. Diese weit verbreitete Form der Unehrlichkeit hat auch sehr viel mit dem Begriff der Untreue zu tun. Die Anti-Maxime zu Kant heißt bei vielen Managern, denen die Macht zu Kopfe gestiegen ist: Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich dem Prinzip deiner Gehaltsmaximierung dienen kann.

Die Bankkunden als Melkkühe

Banken, die ihren Kunden eine märchenhafte Geldvermehrung versprochen haben, gibt es wie Sand am Meer. Doch die große Geldvermehrung stellte sich für die meisten Kunden als Alptraum heraus, den viele mit dem Totalverlust ihrer Investments bezahlen mussten. Kein Wunder, dass Bankberater die Wut des Volkes zu spüren bekommen. Bankmanager haben das erträgliche Maß an Inkompetenz und Gier derart überschritten, dass es jetzt auf die Gerichte ankommt, die Betrüger hinter Gitter zu bringen. Hier kann es keine Milde geben, da sie rücksichtslos Menschen um Hab und Gut gebracht haben, die dringend auf das Geld angewiesen waren. Das eigentlich Skandalöse am Lehman-Debakel ist jedoch, dass viele Bankberater offenen Auges sehen mussten, dass Lehman Pleite gehen würde.

Der Wahnsinn, die Kunden als Milchkühe zu sehen und mit ihnen immer höhere Renditen zu erzielen, offenbart ein korruptes Finanzsystem, bei dem es nicht um die Performance-Steigerung der Kunden geht, sondern ausschließlich darum, die Renditeziele der Banken zu erreichen - koste es, was es wolle. Viele Berater wurden von den Vorgesetzten dabei massiv unter Druck gesetzt, auch konservativen Kunden Pleite-Zertifikate zu verkaufen. Natürlich gehört bei einem solchen Kauf immer ein Kunde dazu, der ebenfalls basierend auf dem Gier-Prinzip höhere Renditen will, jedoch wird das Ganze da kriminell, wo über die Risiken schlicht und einfach nicht aufgeklärt wurde. Hier tragen die Bankberater die volle Verantwortung und deshalb müssen sie die Schieflagen, die den Kunden entstanden sind, erstatten.

Der Penthouse-Sozialismus der BAWAG AG

Der Bankenskandal bei der BAWAG brachte den Österreichern zu Bewusstsein, dass in der Karibik Milliarden nicht nur durch Stürme, sondern auch durch das Missmangement von Bankern vernichtet werden können. Im März 2006 musste die BAWAG, die österreichische Bank für Arbeit und Wirtschaft AG, (BAWAG), erhebliche Verluste einräumen. Rote Vetternwirtschaft zwischen dem österreichischen Gewerkschaftsbund und der SPÖ hätten fast zum Bankrott von Österreichs viertgrößter Bank, die im Eigentum des ÖGB stand, geführt. Während es sich die roten Bosse in Penthäusern gut gehen ließen, verzockten die Banker in der Karibik Milliarden. Bei ihren riskanten Geschäften, vor allem in Form von Zins- und Währungs-Spekulationen in beträchtlicher Volumenshöhe, verlochte die Bank sehr viel Geld, welche durch Briefkastenfirmen in der Karibik verschleiert werden sollte.

Gemäss einem Bericht des österreichische Nachrichtenmagazin News in der Ausgabe vom 22. Juni 2006 wurde der Verlust der hieraus entstanden sein soll auf 1,9 Milliarden Euro beziffert. In den Jahren von 1995 bis 2001 ist dieser Bertrag an den erfahrenen Portfoliomanager Wolfgang Flöttl in Teilbeträgen zur Veranlagung übermittelt worden, der das ihm anvertraute Geld angeblich in den Totalverlust führte. Von 1998 bis zum Sommer 2005 wurden die Milliardenverluste nicht in den Geschäftsberichten der BAWAG ausgewiesen, sondern, weltweit verstreut, in Briefkastenfirmen und Stiftungen versteckt. Bislang ist trotz aller Recherchen der Verbleib dieser BAWAG-Gelder ungeklärt, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese an Dritte geflossen sind. In bester amerikanischer Hypothekenmanier wurden die Verluste der BAWAG als Schuldverschreibungen an Gesellschaften verkauft, die im Umfeld von BAWAG und ÖGB eigens dafür gegründet wurden. Damit die Gesellschaften diese von der BAWAG kaufen konnten erhielten diese von der BAWAG Kredite, womit es gelang, die Verluste als werthaltige Forderungen in der Bilanz der BAWAG zu tarnen.

Zur Verschleierung der Herkunft der Geldflüsse wurden bei Überweisungen immer wieder Stiftungen zwischengeschaltet. Hierbei wurde das Risk-Management der BAWAG vom Vorstand systematisch umgangen. Der ehemalige Generaldirektor Helmut Elsner rief in der Vorstandsetage zum allgemeinen Stillschweigen nach allen Seiten auf, ausdrücklich auch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Aktionären. Die BAWAG-Affäre führte letztendlich zum Rücktritt von ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch und dem BAWAG-Aufsichtsrats-vorsitzenden Günter Weninger. Die neue Gewerkschaftsspitze entschied sich die BAWAG für etwa 3 Milliarden Euro an die Cerberus Capital Management zu verkaufen. Hierbei trat die grosteke Konstellation ein, dass die Bank ausgerechnet an eine von der ÖGB und der SPÖ als Heuschrecke stigmatisierte Privat Equity Firma verkauft wurde. Am 25. Oktober 2006 reichte die Staatsanwaltschaft die BAWAG-Anklage bei Gericht ein, wobei den ehemaligen BAWAG-Topmanagern Untreue, schweren Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen wurde. Am Freitag dem 4. Juli 2008 wurden alle neun Angeklagten schuldig gesprochen. Der ehemalige Generaldirektor Helmut Elsner wurde zu 9,5 Jahren Haft und einer Geldstrafe von 6 Mio. EURO Schadenersatz verurteilt. Der Investmentbanker Wolfgang Flöttl kam mit 2,5 Jahre Haft vergleichsweise glimpflich davon.

Die Psychologie der Krise

Anstatt Porsche werden jetzt einige Bankmanager auf Smart umsatteln und anstatt Luxuscallgirl sich jetzt von einem Therapeuten behandeln lassen. Die Omnipotenz ist schlagartig in das Gefühl, ein Versager zu sein, umgeschlagen. Die Oberschichten-Snobs mit ihren Nadelstreifenanzügen, die sich in Luxus-Clubs oder auf Koks-Partys amüsierten, haben die Leere in ihrem Leben mit der Tötung der Vermögen ihre Kunden kompensiert. Im Rahmen der Verbriefung von allem, was sich verbriefen lässt, kam es zu einem Kredit-Rausch, wobei viele Bankmanager nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden konnten. Doch die Wallstreetparty endete in einem Crash. Denn dort ereignete sich im Oktober 2008 der "Amerikanische Alptraum". Anstatt reich zu werden und ein sorgenfreies Leben zu führen, endete alles im größten Wochen-Kurssturz aller Zeiten. Der amoralische Materialismus, aus dem die Wallstreet-Banker ihre Kraft gezogen haben, ist wie ein Kartenhaus zusammengebrochen. Die Epoche des Protzens und der Macht zeigt im Crash ihre üble Fratze und treibt Heerscharen von Anlegern in den Ruin.

Die Gier nach Geld, welches nie genug sein kann, hat dazu geführt, dass der Wert des Geldes für viele nur noch im virtuellen und in auf Pump gekauften Statussymbolen liegt. Diese besondere Form von Werteverfall läuft parallel zum Werteverfall, der sich nur noch in der Höhe des Kontostands ausdrückt. Jetzt, da es keine Gewinne mehr gibt, sind viele Bankmanager in ein tiefes Loch gestürzt. Sie haben eine Sinnkrise. Jetzt hilft nur noch beten. Auch der Papst betont, dass Geld keinen Wert hat, sondern dass es auf andere Werte ankommt. Wohl deshalb hat der Vatikan sich kurz vor dem Crash noch eine Tonne Gold gekauft.

Die Lektion von Mary Poppins

Anstatt eines politischen Schocks wirkte der Zusammenbruch des CDS-Marktes als Katalysator für den Crash im Oktober 2008. Es war keine Exo-, sondern eine Endo-Krise, welche die Finanzmärkte mit voller Wucht erfasste. Man fühlt sich an den Musicalfilm "Mary Poppins" von Walt Disney aus dem Jahr 1964 erinnert. Mary, das mit magischen Fähigkeiten ausgestatte Kindermädchen der Familie Banks, mit Julie Andrews in der Hauptrolle, gelingt es, Herrn Banks, einen leitenden Bankangestellten, zu einem Ausflug zu überreden, durch den die Kinder das Arbeitsleben des Vaters kennen lernen sollen. Herr Dawes, der Seniorchef der Bank, empfahl Banks Sohn Michael, sein Taschengeld bei der Bank anzulegen. Doch dieser möchte das Geld lieber einer armen Händlerin geben, was bei den Bankiers auf völliges Unverständnis stößt. Deshalb verlangt Michael sein Geld zurück, worauf er einen Banken-Run auslöst und die Bank alle Auszahlungen stoppt. Herr Banks wird fristlos entlassen. Der Film ist eine Fabel über das internationale Bankensystem, dass nur so lange funktioniert, wie niemand das virtuelle Geld tatsächlich in großem Umfang abheben will.

Doch wenn es geschieht, wird das Finanzsystem völlig in sich zusammenbrechen. Was mit Northern Rock seinen Anfang nahm, bleibt das immanente Risiko eines Systems, welches sich in der Welt der Simulation vor dem ultimativen Zahltag versteckt. Jeder Bankmanager sollte sich den Film anschauen, denn Mary Poppins führt ihnen vor, dass es wichtigere Dinge, als Geld zu verdienen, gibt. Mary zeigt den Kindern, dass Arbeit Spaß machen und die Unterstützung Bedürftiger erfüllend sein kann. Schließlich erkennt Herr Banks, dass das Wichtigste in seinem Leben seine Familie ist. Es gelingt ihm, seinen ehemaligen Bankchef von der Bedeutung von nicht-monetären Werten zu überzeugen.

Letztlich geht es bei Banken um Vertrauen, und wenn schon Kinder kein Vertrauen in Banken haben, dann sollten es Erwachsene schon gleich dreimal nicht. Banken betrügen, Banken lügen und Banken vernichten Werte. Der Film zeigt, dass die große Öffentlichkeit einen tief innewohnenden Argwohn gegen Bankmanager hegt. Jeder Banker sollte sich deshalb diesen Film ansehen und sich vor Augen führen, dass nicht Boni das Wichtigste bei der Arbeit sind, sondern ein verantwortliches Handeln zum Wohle der Kunden. Die Moral der Geschichte ist, dass, wer schon kleinen Kindern ihr Taschengeld raubt, kein Vertrauen verdient und langfristig schlechte Geschäfte machen wird, da er die Kunden der Zukunft vergrault. Auch Pippi Langstrumpf traute keinem Banker und legte ihr Geld in Form von Goldmünzen lieber in einen großen Koffer als auf die Bank. Kinder haben einen siebten Sinn dafür, dass alles, was schief gehen kann, auch schief gehen wird, was Erwachsene, je älter sie werden, oftmals ausblenden.

Dipl.-Ing. Artur P. Schmidt studierte Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin. Für die Promotion entwickelte er ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bücher wie "Endo-Management" und "Der Wissensnavigator" sowie Wirtschaftsbücher wie "Wohlstand_fuer_alle.com" oder "Crashonomics" hervorgingen. Heute entwickelt der Wirtschaftskybernetiker Lenkungs-Cockpits und ist Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie von Finanzportalen wie www.bankingcockpit.com und www.wallstreetcockpit.com.

Literatur