Die Probleme der Ukraine mit der atomaren Sicherheit
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Es fehlt an Geld für den Bau der Tschernobyl-Schutzhülle. Der Staat schränkt die Arbeit der Atomaufsicht ein. Nationalisten wollen Atombombe
Am Sonntag trat in der Ukraine ein Gesetz in Kraft, welches die unabhängige Kontrolle der Atomwirtschaft in der Ukraine erschwert. Das neue Gesetz über die "Lizenzierung von einigen ökonomischen Aktivitäten" verletze die Unabhängigkeit der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde und schränke die Aufsichtsbeamten "bei der Durchführung von Inspektionen ein", zitiert die ARD Sergej Boshko , den Leiter der ukrainischen Atomaufsicht.
Nach einem Alarmbrief der atompolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, zeigten sich auch Außenminister Franz-Walter Steinmeier und Umweltministerin Barbara Hendricks besorgt. In einem Brief vom 3. Juni, aus dem die ARD zitierte, äußern die beiden Minister ihre Sorge um die Unabhängigkeit der ukrainischen Atomaufsicht.
Um das größte Risiko für die atomare Sicherheit in der Ukraine macht die Bundesregierung jedoch nach wie vor einen Bogen. Es werden nicht alle Hebel eingesetzt, damit die Ukraine die "antiterroristische Operation" gegen die eigene Bevölkerung in der Ostukraine stoppt. Die Ukraine hat vier Atomkraftwerke mit 15 Atomreaktoren. Das Land bezieht über die Hälfte des Stroms aus den AKWs. Weitere Atomkraftwerke sollen gebaut und Laufzeiten verlängert werden.
Tagelanger Waldbrand in der Sicherheitszone von Tschernobyl
Weil der ukrainische Staat kein Geld hat, kann er die Sicherheit der Atomanlagen nur eingeschränkt gewährleisten. Das zeigte sich Ende April 2015, als in der 30-Kilometer-Sicherheitszone um das Atomkraftwerk Tschernobyl tagelang ein Waldbrand wütete. Die unzureichende Finanzierung der Feuerwehr sei eine der Ursachen für den Waldbrand gewesen, erklärte der Leiter der Feuerwehr-Gewerkschaft von Tschernobyl, Nikolai Teterin, auf einer Pressekonferenz. Die Behörden in Kiew hatten die Bevölkerung beruhigt und erklärt, wegen des Brandes sei die Radioaktivität in der Region nicht "über die Norm" gestiegen.
Probleme mit der atomaren Sicherheit gibt es auch durch das Gesetz mit dem "Vertreter der alten Macht" aus staatlichen Institutionen gekündigt werden, genannt auch "Lustration". Im Oktober letzten Jahres wurde auf Grundlage dieses neuen Gesetzes der Leiter der staatlichen Aufsicht für nukleare Sicherheit, Michail Gaschew, entlassen.
Es war wohl kein Zufall, dass es ausgerechnet Gaschew traf. Er hatte die Bestückung ukrainischer Atomkraftwerke mit Brennstäben des amerikanischen Unternehmens Westinghouse in der Ukraine verboten. Vorausgegangen waren Probleme mit Westinghouse-Brennstäben, die im Juni 2012 wegen Konstruktionsfehlern aus zwei Reaktoren des südukrainischen Atomkraftwerkes entnommen werden mussten.
Nach der Entlassung von Gaschew wurde die Zusammenarbeit mit Westinghouse wieder ausgebaut. Nach einem Ende Dezember 2014 geschlossenen Vertrag soll der US-Konzern bis 2020 Brennstäbe für ukrainische Atomkraftwerke liefern. Premierminister Jazenjuk begründet diese Entscheidung damit, dass die Ukraine sich von russischen Brennstäben unabhängiger machen müsse.
Ein weiteres US-Unternehmen, Holtec International, bekam Ende Januar 2015 den Zuschlag für den Bau eines zentralen ukrainischen Lagers für abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken. Der Bau der Anlage soll in diesem Jahr beginnen. Die Brennstäbe sollen "trocken" in doppelwandigen Edelstahlbehältern gelagert werden. Auch dieses Projekt soll der Unabhängigkeit von Russland dienen. Bisher hatte die Ukraine über die Hälfte seiner abgebrannten Brennstäbe zur Wiederaufbereitung nach Russland transportiert.
Es fehlt Geld für die neue Tschernobyl-Schutzhülle
Es werden eifrig neue Partner für einen Ausbau der ukrainischen Atom-Energie gesucht, dabei ist die Atomruine Tschernobyl immer noch nicht gesichert. Es fehlen noch 85 Millionen Euro der westlichen Geberländer für den Bau der fahrbaren Schutzhülle (New Safe Confinement), welche über den löchrigen Tschernobyl-Sarkophag gefahren werden soll. Deshalb wird mit der Fertigstellung de Schutzhülle erst für November 2017 gerechnet. Der Sarkophag war 1986 in aller Eile um den geborstenen Reaktor gebaut worden.
Nach Angaben des Internetportals golos.ua gibt es im Sarkophag bereits Risse mit einer Gesamtfläche von 1.000 Quadratmetern. Sollte der Sarkophag einstürzen, wobei radioaktiver Staub entweichen würde, wären auch andere Staaten betroffen, erklärte Staatssekretär Jochen Flasbarth vom deutschen Bundesumweltministerium.