Die Roten Khmer und der Westen

Seite 4: Nach dem Ende der Roten Khmer: Das Tribunal

Nachdem die Roten Khmer 1979 durch eine vietnamesische Invasionsarmee von der Macht in Kambodscha vertrieben wurden, stellte sich für den Westen die Frage, wie die Verbrechen der Roten Khmer geahndet werden könnten.

Das Rote-Khmer-Tribunal, das von der kambodschanischen Regierung gemeinsam mit den Vereinten Nationen eingesetzt wurde, nahm 2006 seine Arbeit auf. Die "Extraordinary Chambers in the Courts of Cambodia", die aus kambodschanischen und internationalen Richtern bestanden, befassten sich nur mit fünf hochrangigen Roten Khmer.

Die Prozesse haben deutlich mehr als 300 Millionen Dollar gekostet. 83 Prozent der im Jahre 2010 Befragten vertrat die Ansicht, dass man mit diesem Geld Besseres hätte erreichen können. Die Verfahren wurden wohl nur zugelassen, um nicht auf die wirtschaftliche Hilfe westlicher Geberstaaten verzichten zu müssen. Um die westlichen Geldgeber zufriedenzustellen, hat man am Ex-Staatschef Khieu Samphan gewissermaßen ein Exempel statuiert und hart durchgegriffen.

In der Bevölkerung hält sich hartnäckig die Ansicht, dass das Risiko viel zu groß sei, wenn man die Geister der damaligen Zeiten durch Gerichtsprozesse reize und man sich besser auf die Entwicklung des Landes konzentrieren solle.

Vonseiten der kambodschanischen Regierung wurde entschieden, dass man keine weiteren Täter aus den Jahren 1975-1979 verfolgen wolle, damit sich die ehemaligen Mitglieder der Roten Khmer leichter in die aktuelle Gesellschaft integrieren könnten.

Einer der ehemaligen Roten Khmer, der von dieser Entscheidung unmittelbar profitierte, ist der heutige Premierminister des Landes, Hun Sen. Weitere Ermittlungen und Prozesse würden seiner Meinung nach nur in einen Bürgerkrieg münden. Offensichtlich fürchtete die aktuelle Regierung, ihre eigenen Führungskräfte auf der Anklagebank wiederzufinden.

Rückblickend zeigte sich, dass der Westen bis zuletzt die Schuld an der Entwicklung in Kambodscha nur bei den Kambodschanern gesehen hat, das eigene Versagen jedoch elegant ausblendet. Verschärft wird diese Taktik durch die kulturellen Unterschiede: Das Schuld-Prinzip hat in der Form wie im Westen in Südostasien kaum Bedeutung.