Die Stadt und ihre Gebäude sollen zum Panopticon werden
Pentagon treibt die Entwicklung von Techniken voran, mit denen Gebäude in Echtzeit durchleuchtet werden können
Mittlerweile ist der öffentliche Raum in Städten mit unterschiedlichen Kameras und anderen Sensoren am Boden oder in der Luft, beispielsweise in Drohnen, Flugzeugen, Satelliten oder Luftschiffen, weitgehend transparent für eine permanente und flächendeckende Überwachung geworden. Probleme macht der umbaute Raum, denn hier können bislang nur in einzelnen Objekten durch die Anbringung von Kameras, einen heimlich ausgeführten Lauschangriff, Millimeterwellen-, Terahertz- bzw. Ultra-Breitband-Radarsystemen (UWB) oder Backscatter-Röntgentechnik die Innenräume durch die Mauern hindurch erfasst und Menschen und Dinge in ihnen ausgemacht und lokalisiert werden.
Die Wünsche im Bereich Militär und Sicherheit gehen natürlich weiter. Hier würde man mit ausgefeilten STTW-Techniken (sense or see through the wall) gerne das Innere von Gebäuden ebenso transparent machen wie den öffentlichen, nicht umbauten Raum. Im Pentagon heißt es, dass solche Techniken, durch die Wände und Dächer von Gebäuden schauen zu können, von großem Interesse seien. Die Marine hat letztes Jahr ein Forschungsprogramm mit dem Namen "Transparente Urbane Strukturen" gestartet. Gewünscht werden Techniken, um Bedrohungen in und unter Gebäuden zu erkennen. Damit sollen "von Menschen gemachte urbane Strukturen transparent gemacht werden, wodurch der sichere Hafen, den Gebäude für feindliche Kräfte und ihre bösartigen Aktivitäten bilden, eliminiert wird". Diese urbanen Räume seien zur überlegenen Position "high ground" in der Kriegsführung der vierten Generation geworden.
Die Marine will aber nicht nur in 3D und Echtzeit erkennen, was sich in Gebäuden und hinter den Mauern abspielt, sondern gleich auch noch Systeme, die Freund von Feind unterscheiden und erkennen, wie das Gebäude genutzt wird und welche Aktivitäten die Menschen in ihm ausführen. Natürlich sollen die Systeme zum Durchleuchten von Gebäuden von den Gegnern nicht entdeckt werden und aus möglichst großer Distanz funktionieren.
Ein Bericht der Forschungsabteilung der US-Armee (ARL) hält fest, dass es zwar bei Ultra-Breitband-Systemen noch Probleme beim Ausgleich zwischen guter Durchdringung und hoher Auflösung gebe, aber dass die Entwicklungen vorangehen und die Technik große Potenziale habe, "um Ziele hinter Mauern zu entdecken und Gebäude bildlich darzustellen".
Die britische Firma ThruVision hat in Kooperation mit der Europäischen Weltraumbehörde ESA mit der T5000 Kamera ein Gerät zum Durchleuchten von Kleidung und Mauern aus einer größeren Entfernung entwickelt. Die mit Terahertz-Strahlung arbeitende Kamera funktioniert ähnlich wie die Ganzkörper-Scanner, die bereits an einigen Flughäfen eingesetzt werden. Durch die Analyse der unterschiedlichen Reflexions- und Absorptionseigenschaften von Kleidung, Gegenständen und menschlichem Gewebe können Bilder erzeugt werden, die den nackten Körper eines Menschen darstellen. Auch wenn die Bilder relativ unscharf sind, so haben diese Scanner, mit denen die Menschen virtuell für das Bedienungspersonal ausgezogen werden, doch Unmut hervorgerufen. In diesem Fall müssen die Menschen jedoch direkt am Scanner stehen, mit der Kamera soll man nach Angaben der Firma bis zu einer Entfernung von 25 Metern unter die Kleidung auch von Menschen, die sich bewegen, sehen und so versteckte Gegenstände und Waffen aus Materialien aller Art sehen zu können. Geworben wird, dass mit der Kamera die Sicherheit für alle möglichen Gebäude, Plätze und Ereignisse erhöht werden und auch sich bewegende Menschenmassen durchleuchtet werden können.
Seit Jahren fördert auch die Darpa, die Forschungsabteilung des Pentagon, mit dem Programm VisiBuilding die Entwicklung von Techniken, um in Gebäude sehen zu können. Das sei für den urbanen Kampf entscheidend. Soldaten würden immer mehr in urbanen Regionen eingesetzt, wo die Überlegenheit der Luftüberwachung und –erkennung aber durch die Gebäude eingeschränkt ist. Einen Schritt weiter in diese Richtung geht das am 10. Oktober ausgeschriebene Forschungsprojekt Harnessing Infrastructure for Building Reconnaissance (HIBR). Damit sollen Techniken entwickelt werden, um "tief" in Gebäude hineinzublicken, auch Keller und Untergeschoße sollen transparent werden Die Einsätze, so heißt es wieder zu Begründung, würden immer mehr in Städten stattfinden, wo die Gegner "asymmetrische" Vorteile nutzen würden, indem sie sich in zivilen Gebäuden verstecken und von dort aus agieren.
Die Darpa erfordert, dass die Sensoren Echtzeitinformationen über das Innere von Gebäuden liefern. Am Ende des Forschungsprojekts soll eine Technik stehen, mit der sich ein zehngeschossiges Gebäude mit zwei Kellergeschossen und acht Wänden aus unterschiedlichen Materialien in einer dichten urbanen Umgebung mit einer Genauigkeit von einem Meter und den Bewegungen, die im Inneren stattfinden, abbilden lässt. Während es hier nur um die Durchleuchtung eines Hauses geht, strebt man aber an, dass Systeme zur Einsicht in Gebäude auch in Landfahrzeugen, Flugzeugen oder Drohnen mitgeführt werden können, um eine mobile oder großflächige Beobachtung zu ermöglichen.
Nach Medienberichten könnten Drohnen bereits mit Systemen ausgestattet sein, die Menschen dort verfolgen und lokalisieren können, wo sie von den Kameras nicht erfasst werden. Die Meldung könnte aber auch nur dazu dienen, Aufständischen in Afghanistan, Pakistan oder im Irak Angst einzuflößen. So sagte ein Militär, der das System angeblich kennt, dass nun die Aufständischen permanent unter der Gewissheit leben müssten, im Ziel zu stehen. Da die Predatordrohnen so leise fliegen, müssten die Gegner stets damit rechnen, dass eine Hellfire-Rakete durch ihr Fenster dringt.