Die Superreichen profitieren von Sozialdemokraten
In Großbritannien hat sich das Vermögen der reichsten Briten seit Beginn der Labour-Regierung und ihrem "Dritten Weg" vervierfacht
Unabhängig davon, ob Sozialdemokraten bzw. Sozialisten oder Konservative am Ruder sind, vertieft sich die Kluft zwischen Armen und Reichen nicht mehr nur zwischen Ländern, sondern auch in ihnen Das Versprechen einer wachsenden Teilhabe am Wohlstand, Köder der Vertreter von Liberalisierung und Kapitalismus, schwindet derzeit für die Mehrheit der Bevölkerung. Das ist in Deutschland so unter Rot-Grün und jetzt Schwarz-Rot, aber auch das Ergebnis der Labour-Regierung.
Nach der von der britischen Times veröffentlichten Reichenliste hat sich das Vermögen der tausend reichsten Menschen in Großbritannien seit 1997 fast vervierfacht. Es umfasst nun 500 Milliarden Euro, 1997 waren es noch 125 Milliarden. Allein im letzten Jahr ist das Vermögen der Superreichen trotz Finanzkrise um weitere 15 Prozent oder 67 Milliarden Euro gestiegen.
Die 11 Jahre der Labour-Regierung waren für die Superreichen absolut fantastisch", meint Philip Beresford, der die Liste aufgestellt hat. Er vermutet denselben Effekt, durch den wahrscheinlich auch in Deutschland unter Rot-Grün die Umverteilung des Reichtums nach oben ohne große Widerstände durchgesetzt werden konnte, freilich um den Preis des Erstarkens der Linken, was in Großbritannien mangels Alternative nicht stattgefunden hat. "Eine freundliche Labour-Regierung zu haben, war fast besser als eine Tory-Regierung zu haben", sagt Beresford. "Das hat die Politiker auf der Linken neutralisiert."
Überdies müsste man wohl hinzufügen, hat es den einmal von Schröder und Blair ausgerufenen "Dritten Weg" (Der Neuen Mitte fehlt es an Neuem) zur Besetzung der "Neuen Mitte" mitsamt den sozialdemokratischen oder sozialistischen Parteien unterminiert, die sich als unfähig gezeigt haben, in Zeiten der Globalisierung eine eigenständige Politik für ihre Wähler zu praktizieren und zu formulieren (Der "Dritte Weg" in den dynamischen Kapitalismus). Hingegen scheinen die Globalisierungsprofiteure nicht wirklich gemerkt zu haben, wer ihnen besser dient, gerade auch im Hinblick auf die Abmilderung möglicher sozialer Konflikte.
Einen großen Unterschied zwischen Deutschland und Großbritannien gibt es jedoch. Die meisten Superreichen sind dort gar nicht geboren. Auch der reichste Mann, der aus Indien stammende Stahlmagnat Lakshmi Mittal mit einem Vermögen von 35 Milliarden Euro (2007: 25 Milliarden), macht dies ebenso deutlich wie der zweireichste Mann: der Russe Roman Abramovich, dem der Fußballclub Chelsea gehört und der sein Vermögen seit letztes Jahr um 1,2 Milliarden auf jetzt 15 Milliarden steigern konnte. Nur 6 der 20 Reichsten sind in Großbritannien geboren, und sie seien, so Beresford, härter von der Finanzkrise betroffen worden. Ein Beispiel ist Virgin-Chef Richard Branson, dessen Vermögen um 500 Millionen auf 3,4 Milliarden Euro gesunken ist. London sei eine der global cities für die mobile Klasse der Superreichen geworden. Ein Teil des Vermögenszuwachses der Superreichen verdankt sich daher auch dem weiteren Zuzug von ausländischen Reichen.
Um in die Liste zu gelangen, muss man ein Vermögen von 100 Millionen Euro besitzen, 2007 waren dazu "nur" 89 Millionen notwendig. Dass dennoch zumindest in den letzten Jahren unter den Superreichen Dynamik herrscht, scheint der Umstand zu belegen, dass über 70 Prozent der 1000 Reichsten ihr Vermögen nicht geerbt haben, sondern "selfmade men" sind.
Um dem Kult der Reichen etwas entgegen zu setzen, hat der Independent eine reichlich willkürliche Liste von 100 Personen veröffentlicht, die Großbritannien zu einem besseren Land gemacht haben, in dem man glücklicher leben kann. Zum Sammelsurium der "Guten" gehören nach dem Independent etwa auch Potter-Autorin JK Rowling, weil sie viel Geld in Stiftungen steckt, Neil Papworth, der SMS erfunden haben soll, Robert Page, von dem das Sexualaufklärungsvideo "The Lover's Guide" stammt, Glücklichkeitsforscher Richard Layard, Alec Jeffries, Erfinder von Gentests, der Maler David Hockney oder Tim Berners-Lee, Erfinder des WWW.