Die Symbolische Kommunikation der Bienen
Seite 2: Richtungsinformation im Dunkeln
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Für die Übergabe der Richtungsinformation an die Folgebienen sind verschiedene Theorien vorgeschlagen worden. Die vielleicht gängigste ist, dass die Nachfolgerinnen durch ihre Antennen die Lage des Körpers der Tänzerin ermitteln und so den Winkel in Bezug zur Vertikalen ablesen.5
Es ist bekannt, dass Bienen am Hals sensorische Haare tragen, mit denen sie die Gravitationsrichtung ermitteln können. Durch die Antennen könnten sie dann die von der Biene angesteuerte Tanzrichtung "messen". Mit Hilfe von Hochgeschwindigkeits-Videokameras ist statistisch bewertet worden, wohin sich die Nachfolgerinnen in Bezug auf die tanzende Biene stellen. Sie konkurrieren darum, so nah wie möglich an die Tänzerin zu kommen und ihr über mehrere Runden des Schwänzellaufs zu folgen.
Die Bewegung der tanzenden Biene, auf einer "Acht"-Schleife, macht es auch möglich, dass sich die Nachfolgerinnen eventuell fast direkt hinter die Tänzerinnen stellen (wie in Abb. 1 gezeigt). Die Nachfolgerinnen pflegen intensiven Antennenkontakt mit der tanzenden Biene (fast über 60% eines Schwänzellaufs), wie in Abb. 4 illustriert wird. Drei Nachfolgerinnen, die an verschiedenen Stellen relativ zur Tänzerin stehen, haben die Antennenkontakte die links im Laufe der Zeit dargestellt werden (ein schwarzer Balken bedeutet Antennenkontakt). Wie man sieht, können innerhalb einer Sekunde viele Berührungen erfolgen.
Wie akkurat kann aber eine solche "taktile" Informationsübergabe sein? Da wir nicht in den Kopf der Folgebienen schauen können, können wir lediglich ihr Flugverhalten beobachten, um herauszufinden wo sie landen. Bei manchen Versuchen werden Futterfallen im Kreis aufgestellt und es wird notiert, wie weit entfernt von der tatsächlichen Futterstelle die Bienen ankommen. Diese Experimente haben aber den Nachteil, dass hier alle Fehlerquellen aufaddiert vorkommen: der Fehler der Signaldarstellung bei der tanzenden Biene, der Fehler des Signalempfangs und der anschließende Navigationsfehler bis zur Futterstelle.
Dazu kommt, dass die Bienen beim Schwänzellauf eigentlich in zwei Richtungen tanzen, wie in Abb. 5 dargestellt. Sie schwänzeln einmal links von der angestrebten Richtung, das andere mal (nach dem Zurücklaufen) rechts davon, usw. Die Mitteilung beider Richtungen ist die eigentliche Richtung zur Futterstelle. Die Punkte in dem zirkulären Histogramm in Abb. 5 zeigen die mit Videokameras erfassten Tanzrichtungen beim wiederholten "Linkslauf" (helle Kreise) und "Rechtslauf" (dunkle Kreise). Der Winkel dazwischen ist die Divergenz des Laufes. Wie man sieht, ist die Streuung beträchtlich.
Die Hypothese, bereits seit den Arbeiten von von Frisch aufgestellt, ist dass die Ungenauigkeit des Tanzes die Bienen "optimal" im Gelände streut.6 D.h. es ist günstiger für die Kolonie, wenn die Bienen nicht punktgenau zur Futterstelle abkommandiert werden, da sie damit im Nahgebiet zur bekannten Futterquelle andere, neue Futterstellen finden könnten.
Wenn aber die Futterstelle sehr weit entfernt liegt, wird die Richtung mit niedrigeren Fehlern angezeigt, so dass das abzusuchende Gelände nicht sehr großflächig wird. Um die Genauigkeit des Tanzes zu erhöhen wird dann die Divergenz zwischen Links- und Rechtslauf herabgesetzt (Abb. 6).
Man kann aus Abb. 6 allerdings nicht wirklich wissen, was die Bienen anschließend mit der Information tun. Es handelt sich um einen Richtungsvektor und deswegen können sowohl die Länge als auch der Winkel Fehler enthalten. Gurevitz, De Marco und Menzel haben deswegen die Richtungsinformationen beim Schwänzeltanz gefilmt und anschließend selbst dekodiert.7 Mit der "Vogelperspektive" der Videokamera (und der menschlichen Intelligenz) sollte es möglich sein, direkt zu ermitteln, wo die Futterquelle auf einer Karte liegen soll.
Das Ergebnis dieser Übung wird in Abb. 7 dargestellt. Obwohl dies ein einziger Feldversuch ist, ist die Art der Darstellung für Menschen sehr intuitiv. Würde ein Mensch sich mit den Daten aus der Videokamera auf die Suche nach der Futterstelle F im Gelände machen, würde er vor allem im roten Bereich suchen. Das ist immerhin ein Gebiet mit fast 50m lateraler Streuung. Wie kann es also sein, dass die Bienen es "besser" können, oder zumindest, dass sie die angezeigten Futterquellen erreichen können.
Eine Möglichkeit wäre, dass zusätzliche für uns nicht mit der Videokamera erfassbare Signale den Richtungsvektor etwas verfeinern. Axel Michelsen, z.B., hält die Verwirbelungen, die von den Flügeln der Biene beim Tanzen erzeugt werden, für entscheidend.8 Diese könnten auch im Bienenstock mit den Antennen erfasst werden. Wenn sie echte ausgerichtete "jet-streams" wären, könnte dies die Genauigkeit der Dekodierung steigern lassen.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass durch das Flattern der Flügel, die statisch geladen sind, elektromagnetische Signale erzeugt werden könnten, die wiederum mit den Antennen detektiert werden. Die Forschung in diese Richtung befindet sich allerdings in einem sehr frühen Stadium. Nach den Experimenten von Townes 1985 ist auch keine großangelegte Studie mehr gestartet worden, um wirklich alle Fehlerquellen beim Schwänzeltanz zu bestimmen, zu isolieren und zu messen, sowohl einzeln als in Kombination.9
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