Die Umverteilung von Arm nach Reich durch Zinsen

Seite 2: Die Umverteilung von Arm nach Reich durch Profite

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Die große Umverteilung von Arm nach Reich findet vor allem durch Konsum statt. Die reichsten Menschen der Welt sind keine Kreditgeber, sondern Händler und Industrielle. Nach der Devise "If you want to join the classes, you have to sell to the masses" (Wenn Du zur Oberschicht gehören willst, musst Du an die Massen verkaufen) sind es gigantische Mengen jeweils kleiner Umsätze, mit denen Milliarden von Konsumenten die Vermögen der Milliardäre mehren.

Jeff Bezos wurde der reichste Mensch der Welt, weil 310 Millionen Kunden bei Amazon kaufen. Wer Microsoft-Produkte kauft, lässt Profite an Bill Gates fließen. Mit jeder Flasche Coca Cola und jedem iPhone, das Sie kaufen, machen Sie Warren Buffett reicher. Jede Facebook-Werbung macht Mark Zuckerberg reicher. Mit jedem Klick auf eine Google-Werbung lassen Sie Geld an Larry Page und Sergej Brin fließen. Jeder Kauf von Textilien aus Lycra mehrt das Milliardenvermögen der Koch-Brüder, die die US-Republikaner massiv finanzieren. Jeder Kauf bei Lidl macht Herrn Schwarz reicher, jeder Kauf bei Aldi die Albrecht-Erben (eine Erbin ließ sich kürzlich mal eben 100 Mio. Euro aus dem Stiftungsvermögen auszahlen). Bei stabilen BMW-Umsätzen werden die Kinder von Herbert Quandt erneut 1 Milliarde Euro aus den BMW-Profiten erhalten, und so weiter.

Die permanente Umverteilung von unten nach oben ist im Kapitalismus systemimmanent: Alle großen Vermögen stammen aus Profiten am Massenmarkt und sind weiterhin dort investiert. Die Devise des Kapitalismus ist buchstäblich: "Wer hat, dem wird gegeben." Die Schere zwischen Arm und Reich muss also systembedingt zwangsläufig immer weiter auseinanderreißen - es sei denn, man würde große Vermögen extrem besteuern.

Zwei Gruppen von Menschen

In Hinsicht auf Zinsen gibt es zwei Gruppen von Menschen. Zur ersten Gruppe gehören diejenigen, die weniger Zinsen einnehmen, als sie zahlen. Ihr geringes Vermögen (Immobilien, Lebensversicherungen, Unternehmensbeteiligungen) bringt weniger Zinsen als sie im Laufe ihres Lebens insgesamt zahlen. Zu dieser Kategorie gehören in Deutschland schätzungsweise 95 Prozent aller Menschen. Weltweit dürften 98-99 Prozent aller Menschen mehr Zinsen zahlen, als sie erhalten.

Der 2017 verstorbene Helmut Creutz berechnete für Deutschland bereits in den 1990er-Jahren einen Anteil von 90 Prozent der Bürger, die mehr Zinsen zahlen, als sie einnehmen (siehe Präsentation ganz unten auf dieser Seite, Folie 25). Durch den oben beschriebenen Mechanismus der Umverteilung von unten nach oben steigt der Prozentsatz der Zins-Verlierer immer weiter. Zu dieser Gruppe gehören auch Lebensversicherungssparer und Kleinaktionäre, weil ihre Zinseinkünfte unter dem Zinsanteil ihrer Ausgaben für Konsum, Miete und Kreditzinsen liegen.

Die zweite Gruppe sind Eigentümer großer Vermögen, die in ihrem Leben mehr Zinsen einnehmen, als sie ausgeben. Das ist eine Minderheit von geschätzt 5 Prozent der Haushalte in Deutschland und 1-2 Prozent weltweit. Dazu gehören vor allem Großaktionäre und sonstige Eigentümer von Unternehmensbeteiligungen, Immobilienvermieter und erfolgreiche Großspekulanten.

Da es, wie gesagt, seit der Abschaffung der Vermögensteuer keine belastbaren Daten hierzu gibt, möchte ich alle interessierten Leser einladen, im Kommentarbereich dieses Artikels selbst zu schätzen: Wie viel Prozent der Haushalte in Deutschland besitzen Ihrer Meinung nach so hohe Vermögen, dass sie im Laufe ihres Lebens mehr Zinsen erhalten, als sie zahlen?

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