Die Wiedergeburt der Hamas? Krieg und Frieden um Palästina

Der Kriegsschauplatz hat sich ins Westjordanland verlagert
(Bild: abu adel/Shutterstock.com)
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Eine falsche Leiche und ein andauernder Krieg – der Nahostkonflikt geht trotz Waffenstillstand weiter. Was das für die Region bedeutet. Eine Momentaufnahme.
Vor dem Panorama einer Trümmerwüste steht eine kleine Bühne, umrahmt von maskierten Hamas-Milizionären sind vier Särge aufgebahrt, große weiße Munitionshülsen zieren die Szenerie. Im Hintergrund das überlebensgroße Konterfei von Benjamin Netanjahu als blutsaugender Vampir verfremdet.
Erstmals werden im Rahmen des mehrstufigen Friedensplans auch sterbliche Überreste ausgetauscht, es soll sich um die Leichen der Familie Bibas handeln.
Der Name weckt Emotionen: Die beiden Kinder Kfir (9 Monate alt) und Ariel (4 Jahre jung), dazu Oded Lifschitz (83 Jahre alt) und die deutsch-israelische Mutter der beiden Kinder sind in der israelischen Gesellschaft Symbole für die Brutalität des 7. Oktober.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
Die Hamas arbeitet seit geraumer Zeit mit einer klaren, professionellen und wirkungsvollen Bildsprache: Ihre Botschaft ist unmissverständlich. Die Getöteten, symbolisiert durch Netanjahu, seien durch "friendly fire" der IDF ums Leben gekommen. Beweise hingegen, für oder gegen diese These, gibt es nicht.
Wer geglaubt hatte, der von den USA vermittelte Waffenstillstand zwischen der palästinensischen Hamas und dem israelischen Staat würde Frieden und Ruhe bringen, sieht sich getäuscht.
Auf der einen Seite spricht Benjamin Netanjahu von der Ausweitung der laufenden "Anti-Terror-Operationen" im Nahen Osten, die israelische Chiffre und Carte blanche, für jegliches Vorgehen gegen die arabisch-palästinensische Zivilgesellschaft in den von Israel besetzten Gebieten, auf der anderen Seite inszeniert sich die radikal-islamische Hamas makaber.
Während "Bibi" Netanjahu nach der angeblich durch palästinensischen Terror ausgelösten Explosion in einem Busbahnhof bei Tel Aviv die Flüchtlingslager im Westjordanland ins Visier nimmt, müssen die israelischen Behörden feststellen, dass es sich bei der Frauenleiche nicht um die gesuchte Mutter Shiri Bibas handelt.
Außerdem greifen israelische Bomben den Libanon an, ausgerechnet während der Beerdigung des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah. Kalkulierter Affront oder Versehen mit Folgen?
Keine Leiche, kein Täter?
Wie Reuters berichtet, hat Hamas-Sprecher Basem Naim, Mitglied des Politbüros, einen "Fehler" eingeräumt.
Er stellte unmissverständlich klar, dass die führende Widerstandsorganisation in Gaza kein Interesse daran habe, die Leiche zurückzuhalten und sich weiterhin an alle Bestimmungen der Waffenruhe halten werde.
Die Reaktion aus Israel war vorhersehbar: Die Hamas werde einen hohen Preis für ihren Zynismus zahlen, so Netanjahu in einer ersten Stellungnahme. Die falsche Leiche löste in Israel Entsetzen und Wut aus, wirkte als kurzzeitiger Kitt in einem tief gespaltenen Land. In den frühen Morgenstunden des Samstags habe die Hamas die richtige Leiche übergeben, bestätigte der Kibbuz Nir Oz.
Dabei liegt es eigentlich auf der Hand, dass die Hamas kein Interesse an einer solchen Provokation haben kann. Ihre militärischen Kapazitäten sind derart dezimiert, dass sie zwingend auf einen Waffenstillstand angewiesen ist. Einziges Problem: Alle Machtmittel zur Fortsetzung oder Beendigung des Krieges liegen in den Händen des zionistischen Staates.
Was sich die Hamas von einem solchen Betrug versprochen haben mag, der durch eine DNA-Probe sofort auffliegen musste, ist nicht ersichtlich. Möglicherweise gibt es Kräfte innerhalb der Bewegung, die eine Aussöhnung mit Israel, zumal unter der brutalen Diktion Donald Trumps, ablehnen, die den Widerstand als Akt der heroischen Verzweiflung sogar militärisch fortsetzen wollen.
Sabotage in den eigenen Reihen eingeschlossen. Demgegenüber ist es wichtig zu betonen, dass das offizielle Kommunique der Hamas sofort einen Irrtum nicht ausschloss und fast devot um Gnade bat.
Unentschieden ist hingegen die Frage, wie die kleine Familie ums Leben kam: Die Hamas beharrt darauf, die Gefangenen nicht getötet zu haben. Sie seien bei einem israelischen Luftangriff getötet worden, zusammen mit Dutzenden Palästinensern.
Für diese unbewiesene Behauptung spricht, dass Tote Entführte (sie wurden im November 2023 von der Hamas für tot erklärt) keinen politischen Wert haben. Zudem: Sie wären nicht die Einzigen, die durch israelische Bomben getötet worden sind, und es ist ein offenes Geheimnis in der israelischen Gesellschaft, dass es im zerstörten Gazastreifen kaum Schutz gab und auch das Leben von Israelis in Gefahr war.
Ohne Beweise vorzulegen, behauptet der israelische Armeesprecher Daniel Hagari, die Hamas habe die beiden Kinder und die Frau "mit bloßen Händen getötet". Eine fragwürdige These, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten brutalen Geiselbehandlungen in Israel und dem rigorosen Vorgehen der IDF.