Die böse Welt von Microsoft & Co.
"Startup": ein Film verfehlt sein Thema und hält sein Publikum für dumm
Der Plot bedient gleich alle Horrorszenarien eines Machtmonopols, die derzeit im Umlauf sind. Sei es nun die Medienherschaft eines Rupert Murdochs oder Silvio Berlusconis oder das Technikmonopols eines Bill Gates, Startup, dem neue Film von Peter Howitt, gelingt es sogar, sie alle in James-Bond-Marnier in einer Person zu verbinden.
SYNAPSE ist das Stichwort, ein satellitengestütztes globales Kommunikationssystem, das ähnlich wie Unified Messaging Informationen von einer Zentrale an alle Empfangsmedien, ob PC, Fernsehen oder Mobiltelefon, abgeben kann. Der Mann dahinter ist Gary Winston (gespielt von Tim Robbins), Besitzer einer riesengroßen High-Tech-Firma namens N.U.R.V. (Never Underestimate Radical Visions), der sich mittels der Technik nicht nur das Informationsmonopol sichern möchte. Die globale Macht, darum geht es. Auch wenn das nicht explizit gemacht wird, lässt der Film diesbezüglich viel Raum für Phantasie. Derart gibt er sich den Anschein, mittels eines Thrillers Zeitkritik zu üben.
"Antitrust" heißt der Film im Original, dass der deutsche Verleih daraus "startup" gemacht hat, ist dem Film nicht besonders dienlich. Denn der Hype, auf den der Verleih mit diesem Titel aufspringen will, ist auch hierzulande schon am Ende. Zudem hat die Geschichte des Films damit nichts am Hut: vom deutschen Titel ausgehend, hat der Film sein Thema verfehlt, aber das ist nicht sein einziger Schwachpunkt.
Milo Hoffmann (Ryan Philipp), ein angehendes Computergenie, lässt die Gründung eines Start-Ups mit seinem Freund Teddy für eine Karriere bei N.U.R.V. sausen. Dort soll er das Herzstück von SYNAPSE fertigstellen, wobei ihm regelmäßig Software aus unbekannter Quelle zur Hilfe kommt. Der Zuschauer ahnt es längst schon, Milos Chef, Gary Winston, tötet unabhängige Computerfreaks, um an ihr Werk zu kommen. Auch Milos muß es begreifen, als Teddy, ehemaliger Kollege aus Garagenzeiten, brutal ermordet wird. Allmählich enthüllt er die Schattenseiten seines Arbeitgebers, dessen Firma sich als private Variante des ostdeutschen Spitzeldienstes entpuppt, als Stasi auf Silicon Valley-Niveau.
Das Freund-Feind-Schema, das die Geschichte bedient, intoniert der Film selbst andauernd. Es ist der binäre Code, auf den die Welt des Digitalen basiert: Eins oder Null. Entweder du gewinnst oder du stirbst, wie es Winston als Mantra seiner Firma ständig von sich gibt. Und wie Milo und Gary sich im finalen Kampf gegenüber stehen, so repräsentieren sie beide symbolisch das Gute und das Böse unseres Medien- und Technologiezeitalters: Gary die böse Industrie, die mit allen legalen und illegalen Mitteln um ihre Macht kämpfen, Milo das freie Freaktum aller Computergenies in Mutters Garagen, dessen Waffe und Weltrettung Open Source ist. Das Wissen der Welt gehört der Welt und nur mit Open Source läßt sich die dräuende Weltherrschaft verhindern. Das technische Szenario, das "startup" entwirft, ist weitgehend hanebüchen. Der Film aber muß wohl die Welt der Informationstechnologie auf ein derart simples Niveau herunterbringen, um überhaupt seine Geschichte erzählen zu können.
Die läuft dann strikt konventionell ab, mit den absehbaren Ingredienzien des Thriller-Genres, selten überrascht der Film, nie überzeugt er. Vor allem ästhetisch nicht. Zwar wird vor allem bei der Darstellung von N.U.R.V., der Firma von Gary Winston, die Bilderwelten der coolen Computerfirmen geplündert, doch der Film macht sich keine Mühe, eine eigene Bildsprache für die Technik, um die er sich dreht, zu finden. Da helfen auch nicht die Spielereien mit HTML-Code, mit denen An- und Abspann aufgemöbelt werden.
Ohne große Probleme ließe sich die Geschichte in ein anderes Milieu verfrachten. Allein die schauspielerische Leistung von Tim Robbins ist sehenswert, er spielt seinen Gary Weber mit einer schlüssigen Mischung aus Charme, Charisma und Machtbewußtsein. Aber ein Mann allein rettet keinen Film. Vielleicht hätten die Macher ihr Publikum für schlauer halten sollen.