Die kontrollierte Abwicklung der Sowjetunion

Seite 3: Der Schläfer im Weißen Haus

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Bleibt eine andere Frage: hat Ronald Reagan überhaupt regiert?

Ronald Reagan war von Beruf Schauspieler, hat aber James Dean oder Humphrey Bogart niemals Konkurrenz machen können. Vielmehr vertrieb er mit zweitklassigen Filmchen, so genannten B-Movies, den Zuschauern die Zeit, bis dann wieder ein unabdingbarer Werbespot für die Firma Produkte anpries, die Reagans Filme finanzierte. Meistens war das General Electric. Als Vorsitzender einer Schauspielergewerkschaft war Reagan in die Politik gerutscht. Er entschied sich für die Republikaner und unterstützte 1964 Präsident Johnsons Herausforderer Barry Goldwater.

Der kantige Senator aus Arizona diente als Vorhut der marktradikalen Konterrevolution. Seine Sprüche vom schlanken Staat verfingen damals noch nicht so recht beim Wählervolk. Goldwater musste gegen Johnson eine schwere Niederlage einstecken. Reagan war damals in vollem Saft und beeindruckte durch seine perfekte Bühnenshow und seine einfachen und eingängigen Sprüche viel mehr als Goldwater.

So wurde Reagan 1968 Gouverneur von Kalifornien. Er begann den Krieg gegen die Hippie-Metropole San Francisco und die Universitätsstadt Berkeley. Schwerste Artillerie der Nationalgarde ließ Reagan gegen die gänzlich unbewaffnete Zivilbevölkerung auffahren. Tote und Verletzte bei diesen Schlachtfesten konnten allerdings nicht verhindern, dass er auch noch eine zweite Amtszeit hinlegen durfte. Bei den Vorwahlen 1976 trat er sogar als Kandidat gegen den amtierenden Präsidenten Ford an, der sich jedoch durchsetzen konnte.

Aber bei den Primaries 1980 avancierte Reagan unangefochten zum Favoriten und wurde, wir wissen nun wie, zum 40. Präsidenten der USA. Allerdings war er schon ziemlich betagt als er endlich als Präsident loslegen durfte. Er weilte bereits sechs Jahre auf der Welt, als der 35. Präsident der USA, John F. Kennedy, geboren wurde. Schwarz gefärbte Haare und ein bübisches Rouge auf den Wangen; das ließ so manchen Betrachter über die müden Greisenaugen hinwegsehen.

Und so ergab es sich, dass Ronald Reagan bei den komplizierten Diskussionen im Nationalen Sicherheitsrat oder im Kabinett immer wieder spontan einschlief. Man hatte es sich schon abgeschminkt, dass der Präsident die für ihn erarbeiteten Dossiers und Denkpapiere der Geheimdienste irgendwann mal lesen würde. Das strengte doch furchtbar an.

Reagan war eben nicht zufällig Schauspieler. Er diente eigentlich eher als Regierungssprecher. Der große Kommunikator, wie man ihn nun einmal nannte. Er konnte den Leuten mit der wunderbarsten Überzeugungskraft der Welt das Credo der Marktradikalen und auch das Credo der Rüstungslobby verkaufen. Er hätte auch Eskimos Kühlschränke verkaufen können. Nur - wehe, wenn einmal der Teleprompter ausfiel. Also jener Bildschirm, der dem Präsidenten den aufzusagenden Text vorspulte zum Ablesen. Wenn der Prompter stockte, dann hörte auch der große Kommunikator auf zu kommunizieren. Er schwieg.

Ronald Reagan spielte den Präsidenten der USA - unter der Regie seines Vizepräsidenten George Herbert Walker Bush.