Die kontrollierte Abwicklung der Sowjetunion
Seite 5: Die Iran-Contra-Affäre
Um es klar zu sagen: Bush betrieb ein Weißes Haus innerhalb des Weißen Hauses.
John Loftus und Mark Aarons
Trotz allem gelingt es der sandinistischen Befreiungsbewegung in Nicaragua 1979, den bisherigen Diktator Somoza zu vertreiben und sodann eine demokratische Koalitionsregierung zusammenzustellen. Die Regierung Reagan-Bush hält es nicht für ratsam, in Nicaragua mit eigenen Truppen einzumarschieren. Sie gründen eine faschistische Terrormiliz, der sie den Namen "Contras" verleihen, weil ihr einziger Programmpunkt darin besteht, mit aller Gewalt die Sandinisten auszulöschen.
In einem unbeschreiblich brutalen Abnutzungskrieg wird die junge Demokratie in Nicaragua zermürbt: Vergewaltigungen, Ausstechen von Augen, Abschlagen von Gliedern, Brandschatzung - alles ist drin. Der US-Kongress bewilligt im Dezember 1981 Steuergelder in Höhe von 19 Millionen Dollar für die vom CIA gelenkte Aktion. Doch weitere Gelder soll es nicht geben. Das Boland-Amendment verbietet die Finanzierung von Terrortruppen in anderen Ländern. Doch schon im Jahre 1983 werden die Hilfsgelder wieder bewilligt, jetzt deklariert als "Hilfe gegen Armut" in Nicaragua.
1986 hat sogar mal der Internationale Gerichtshof in Den Haag den Mut, die USA für ihren völkerrechtswidrigen Stellvertreterkrieg in Nicaragua zu verurteilen und an das kleine Land einen Schadensersatz von 17 Milliarden Dollar zu zahlen. Die Vollstreckung des Urteils kann nur durch die UNO erwirkt werden. Dort bremsen die USA mit ihrem Veto die Durchsetzung des Urteils aus. Und in einer Trotzreaktion bewilligt der Kongress genau zu dieser Zeit weitere 100 Millionen Dollar für die Contras.
Doch jetzt wird auf einmal durch ein unerwartetes Ereignis deutlich, dass der Terror gegen Nicaragua noch ganz andere Dimensionen einer globalisierten Kriminalität beinhaltet. Am 5. Oktober 1986 schießen die Sandinisten ein Flugzeug der Contras ab. Der einzige Überlebende mit dem schönen Namen Eugen Hasenfus sagt aus, dass die USA die Terroristen mit Waffen versorgt haben. Und es geht weiter.
Am 5. November 1986 berichtet eine libanesische Zeitschrift, dass in einem Dreiecksgeschäft die CIA ausgerechnet der iranischen Regierung eine beträchtliche Anzahl von Panzerabwehrlenkwaffen sowie mobile Flugabwehrsysteme verkauft hatte. Im Gegenzug wollten die Iraner bei der Befreiung von amerikanischen Geiseln aus der Gefangenschaft bei islamistischen Terrorgruppen im Libanon behilflich sein. Aus dem Erlös dieses anscheinend recht profitablen Geschäfts wurden wiederum Waffen für die Contras gekauft. Offenkundig waren die vom Kongress bewilligten Geldspritzen noch nicht ausreichend gewesen. Zwei Wochen später tauchen Dokumente auf, die genau diese Machenschaften schwarz auf weiß beweisen.
Doch auch die Contras waren kreativ: sie verschacherten mehrere Tonnen Kokain mit Hilfe der CIA in den Ballungszentren der Vereinigten Staaten. Durch die Umwandlung von Kokain in die extrem süchtig machende und persönlichkeitsverändernde Giftdroge Crack entstand in den Ghettos mit afroamerikanischen Bewohnern ein massives Problem. Die sowieso schon benachteiligten Black Communities hatten mit ganz neuen Phänomenen des sozialen Zerfalls und grassierender Gewalt zu kämpfen.
An solidarische Aktionen war von jetzt ab nicht mehr zu denken. Der Journalist Gary Webb hat das verhängnisvolle Zusammenwirken von Contras, CIA und Polizei 1996 akribisch dokumentiert. Im Jahre 2004 wurde Webb in seiner Wohnung erschossen aufgefunden. Dennoch beschäftigten sich mit dieser Komplizenschaft von Teilen des US-Staatsapparates, der verselbständigten CIA, den Contras und den Kokainkartellen von Medellin in Kolumbien Kongressausschüsse. Die CIA musste ihre Mittäterschaft schließlich zugeben.
Der seit Jahrzehnten aktive investigative Journalist Seymour Hersh hat herausgefunden, dass die Idee zum Iran-Contra-Deal ursprünglich vom persönlichen Geheimdienst des Vizepräsidenten George Bush, der Special Situation Group, ersonnen wurde. Reagans Stellvertreter hatte tatsächlich an den Geheimdiensten und dem Nationalen Sicherheitsrat vorbei ein extrem geheimes Netzwerk aufgemacht, das immerhin 35 Aktionen im Ausland durchgeführt hatte.
Viele Militärs machten hier mit, weil sie frustriert waren über die extreme Dummheit und Faulheit des Präsidenten und seines über die Unberechenbarkeit des CIA-Chefs William Casey, den sie für zu geschwätzig hielten. Die extremen Heimlichtuer von Bushs Special Situation Group wollten auf eigene Faust der wahrgenommenen Expansion des sowjetischen Einflusses in der Dritten Welt begegnen.
Doch als sie vor Ort den sowjetischen Dämonen persönlich begegnen, können sie kaum glauben, was sie sehen. Denn sie konnten die sowjetischen Berater vor Ort leicht ausboten, wie ein ehemaliger SSG-Agent Seymour Hersh verriet:
Die Russen wurden dort einfach nicht geschätzt. Sie waren Bauerntölpel mit schäbigen Klamotten und Schuhen aus Pappe. Ihre Waffen waren nicht funktionstüchtig … Wir begriffen immer mehr, dass die amerikanische Geheimdienstszene die Bedrohung aus Russland brauchte, um an Geld ranzukommen.
Aus: Seymour Hersh, The Vice President’s Men
Die SSG-Leute hatten selber die Iran-Contra-Geschichte an die libanesische Zeitung Ash-Shiraa geleakt, weil ihr Verbindungsmann Oliver North vollkommen tollpatschig die falschen Leute für eine Kooperation in der Iran-Contra-Geschichte kontaktierte, und so über kurz oder lang die Verschwörung auffliegen würde und George Bush seine Ambitionen auf eine eigene Präsidentschaft hätte aufgeben müssen.
Die SSG wurde jetzt in aller Stille wieder aufgelöst. Die öffentliche Aufmerksamkeit konzentrierte sich jetzt auf Reagan und Oliver North. Bevor CIA-Chef William Casey vor dem Kongress aussagen konnte, stellte sein Militärarzt bei ihm einen Hirntumor fest. Bei der Operation am nächsten Tag beschädigte der Chirurg Caseys Sprachzentrum, so dass Casey nichts mehr zur Aufklärung der Iran-Contra-Affäre beitragen konnte. Vizeadmiral Moreau, der Chef von George Bushs Geheimtruppe SSG, wurde nach Übersee versetzt, raus aus dem Washingtoner Trubel, und starb im Dezember 1986, gerade 54-jährig, an einem Herzinfarkt.
Ein wichtiges Instrument für die finanziellen Transaktionen all dieser Dirty Jobs der offiziellen und inoffiziellen Geheimdienste war die erste Globalbank aus der Dritten Welt, die 1972 in Pakistan gegründete Bank of Credit and Commerce International. Dass dieses Geldinstitut in der Peripherie der damaligen Finanzwelt kurzfristig zum Global Player aufsteigen konnte, verdankte sie nicht zuletzt den neuen finanziellen Schnellstraßen des Clearing-Systems.
Ihr Gründer Agha Hasan Abedi hatte durchaus ehrenwerte Motive: er wollte armen Ländern in der Dritten Welt Kredite ermöglichen, die die arroganten westlichen Bankhäuser niemals gewähren würden. Leider geriet die Bank sehr schnell auf die schiefe Bahn. Denn Abedi und seine Mitarbeiter spekulierten mit dem angelegten Geld der Kunden und verloren dabei immens viel Geld. Sie benutzten frisch angelegtes Geld, um die alten Löcher zu stopfen und operierten nach Art der Kettenbriefe.
Die CIA bekam Wind von der Schieflage und benutzte das Bankhaus, um schmutzige Transaktionen außerhalb der Kontrolle des Washingtoner Kongresses durchführen zu können. 1991 flog der faule Zauber auf und die BCCI wurde liquidiert. Der demokratische Senator John Kerry leitete einen Untersuchungsausschuss, der die Machenschaften der BCCI unter die Lupe nahm.
Eine heuchlerische Empörung brach aus über das Ausmaß an Geldwäsche, Waffenschmuggel, Steuerhinterziehung, Beeinflussung von Politikern, die sich in diesem pakistanischen Bankhaus zusammenballten; am Ende waren zudem 13 Milliarden Dollar einfach verdampft! Dass ein erklecklicher Teil der Transaktionen der CIA zuzuordnen waren, interessierte hier weniger. Wie gut, dass man die eigenen schmutzigen Finanzen in die Dritte Welt ausgegliedert hatte!
Das war der Zustand der USA, die sich jetzt anschickte, die kommunistische Weltordnung auszuradieren.