Die lästige teure Endlagerfrage

Seite 3: Finnisches Endlager Onkalo

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Finnland prescht derweil vor und beginnt Fakten zu schaffen. So hat die Regierung in Helsinki im vergangenen Dezember Onkalo genehmigt. Das bedeutet "Höhle" oder "Versteck". Und in einem 450 Meter tiefen Loch will die Regierung, die wie Frankreich ebenso weiterhin auf Atomenergie setzt, ihren Atommüll im Granitgestein unter der Ostsee verstecken. Der finnische Wirtschaftsminister Oli Rehn hob stolz hervor, dass es sich um das erste Endlager weltweit handele.

Das soll in der Nähe eines geplanten neuen Atomkraftwerks in Olkiluoto im Südwesten Finnlands entstehen. Auf der Halbinsel werden schon zwei Atommeiler betrieben und an einem dritten neuen wird seit 2005 gebaut. So bietet es sich scheinbar an, das ganz in der Nähe zu haben, in dem Platz für bis 6.500 Tonnen Atommüll geschaffen werden soll. Rückholbar soll der Müll in Containern für 100.000 Jahre bleiben. Denn ausschließen will auch die Betreiberfirma Posiva in diesem Zeitraum keine Eiszeit, in der dann auch ihrer Ansicht nach eine Umlagerung nötig werden könnte.

Wissenschaftler halten das Konzept für gefährlich. "Olkiluoto, die finnische Halbinsel, auf der das Endlager gebaut werden soll, wird innerhalb der kommenden 100.000 Jahre eine Eiszeit erleben und dann werden dicke Eismassen die betreffenden Gesteinsschichten 800 Meter tiefer in die Erde drücken", erklärt Matti Saarnisto. Der ehemalige Generalsekretär der Finnischen Akademie der Wissenschaften und Geologie-Professor hat diese Endlager-Pläne immer wieder kritisiert. "Wenn sich der Granit nach der Eiszeit wieder ausdehnt, wird es zu Auffaltungen und zu Erdbeben kommen. Das konnte an vielen Stellen in Finnland nachgewiesen werden. Dieses geologische Wissen wird von der Regierung komplett ignoriert", erklärte der inzwischen pensionierte Wissenschaftler.

Andere Wissenschaftler kritisieren auch, dass die Kupferbehälter, in die der Atommüll eingelagert werden soll, viel schneller als bisher angenommen korrodieren. "Unsere Versuche haben gezeigt, dass Kupfer sogar in sehr reinem Wasser korrodiert. Im Granitfelsen wird diese Zersetzung noch viel schneller gehen, da das Grundwasser auch Schwefel und Chlor enthält", sagte der schwedische Korrosionsforscher Peter Szakálos. Aus Sicht seines Teams sei Kupfer "sehr schlecht für die Endlagerung geeignet". Die Untersuchungen des Teams wurden inzwischen auch von Forschergruppen in China und den USA bestätigt. Das schwedische Team geht davon aus, dass die Behälter schon nach 1000 Jahren undicht werden dürften.

Die Ergebnisse stören die finnischen Planer allerdings nicht. Bis 2023 soll nun die Umweltverträglichkeit auf der Halbinsel geprüft werden und dann soll für erstaunlich niedrige 3,5 Milliarden Euro das Endlager gebaut werden. Wirtschaftsminister Rehn glaubt sogar, aus den dabei gewonnenen Erfahrungen könne ein Exportschlager werden.

Glauben muss man aber weder den Kosten- noch den Zeitplanungen. Dafür reicht schon ein Blick auf die nahegelegene Atomkraft-Baustelle. Dort wird seit elf Jahren am "European Pressurized Reactor" (EPR) gebastelt, der schon seit 2009 Strom liefern sollte. Derzeit wäre man in Helsinki angesichts der Probleme und Verzögerungen beim Bau wohl froh, wenn er 2019 ans Netz gehen würde. Froh wäre man wohl auch, wenn es bei den derzeitigen Schätzungen bliebe und der Meiler nur 8,5 Milliarden Euro kosten würde. Dann hätten sich die Kosten nur fast verdreifacht.