Die schlechtesten Filme aller Zeiten

Seite 3: Infantil aber Computer-gestützt

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Und genau da komme ich gerade her. Am Computer habe ich mir jetzt einen Satz Filme angeschaut, die alle mehr oder weniger um die größte Furzbeere rittern. Killing Them Softly klingt wie ein alter Song von Roberta Flack, aber der wird im Film nicht einmal angespielt. Dafür werden die Gangster einer nach dem andern langsam umgelegt, und zuletzt bleibt Brad Pitt übrig und gibt seine gesellschaftspolitischen Ansichten zum Besten, als wäre er jetzt Noam Chomsky. Danach läuft der alte Motown-Hit "Money" am Abspann. Fazit: Die einzige Gestalt im Film, die mir gefallen hat, war die namenlose schwarze Prostituierte, in einer kleinen Nebenrolle.

Es ist ein ausgesprochen gewalttätiger Film, nach einem Roman, der ohne Not aus dem Jahr 1974 ins Jahr 2008 verschoben wurde - also von wegen "zeitkritischer Zeitbezug". Wobei ich im Übrigen keinerlei Vergnügen dabei finde, anderen Menschen zuzusehen, wie sie sich wahrscheinlich in die Hose ejakulieren, während sie einen ihrer Mitmenschen bestialisch niedermetzeln, -schießen oder -treten.

Das erinnert mich daran, wie ich letzthin in einem neuen Riesen-Supermarkt war. Fünfzig Prozent der Leute waren zum ersten Mal dort und hatten Mühe, sich zurechtzufinden. Zwei Brüder, der eine etwa 18, der andere 20, schoben einen Kinderwagen. In dem Kinderwagen befand sich der kleine Sohn des Jüngeren. Der Onkel, mindestens 200 Kilo schwer, beugte sich vor und zog das Baby unter den achtlos in den Kinderwagen geworfenen Einkaufsobjekten hervor. "Setz dich grade hin und sei still, sonst semmelt der Onkel dir noch eine rein!" sagte der Riese - und er meinte es nicht spaßhaft. Der jugendliche Papa tänzelte unterdessen weit vorne im Gang auf der Suche nach einem Power Drink. Wenige Augenblicke später sah ich eine Mutter mit ihrem halbwüchsigen Sohn. Beide gemeinsam schoben einen schweren Einkaufswagen und mimten dabei Kinnhaken, die sie sich gegenseitig in Zeitlupe verabreichten. Sie amüsierten sich miteinander und die Gesten der Gewalt waren spielerischer Natur. Aber es war auffallend, wie sehr die Bildsprache solcher Filme wie "Killing Me Softly" - und sicher auch ihr verf****er Jargong - bereits den Alltag der Menschen in Ländern prägt, die weit, weit weg von den USA leben.

Aber reden wir nicht von der Gegenwart. Die meisten Filme fliehen aus der schrecklichen Welt, in der wir leben, in die noch schrecklichere Zukunft, ins Science-Fiction-Land. Was ich nun wieder ganz vergnüglich fände, wenn die Zukunft nicht von lauter Superhelden der Marken Marvel und DC bewohnt wäre. Als leidenschaftlicher Comicleser habe ich mir noch nie gewünscht, ein Comic solle bitte mal von irgendjemandem verfilmt werden. Als ich mir den Tintin-Film im Wellingtoner Roxy-Kino mit 3D-Brille ansah, wünschte ich mir schon nach der ersten Minute, ich könnte wieder gehen. Die einzige Comic-Verfilmung, die mir durchgängig gut gefallen hat, war Ghost World (2001) von Terry Zwigoff, nach dem gleichnamigen Comic von Daniel Clowes. Man blättert abwechselnd im Buch und sieht sich den Film an und sagt: "Das kann als Film gar nicht besser sein! Das kann als Buch gar nicht besser sein!" Und der Grund dafür ist - sie sind beide gleich gut. Das ist die Marke, die man nicht unterschreiten sollte.

Jetzt die Frage: Würde ich mir freiwillig einen Spiderman-Film anschauen? Ha ha ha, wo ich doch schon fast aus einem Wiener Kino des Saales verwiesen wurde, als ich mir dort einen Batman-Film ansah, in dem Arnold Schwarzenegger ein Eismonster mimte. Wahrscheinlich hatte ihn der Zauber von Oz dorthin verbannt. Ich musste so schrecklich lachen, dass ich praktisch aus meinem Sitz rutschte und die Treppen abwärts glitt. Nachher meinte meine junge Begleiterin, sie würde nie wieder mit mir ins Kino gehen - und sie tat es auch. Nie wieder.

Also Spiderman? Am Computer. Das erste, was mir auffiel, war, das der Held der Geschichte ein High-School-Schüler namens Peter Parker ist, der sich erst allmählich zum Spiderman entwickelt. Hier hätte sich (bei der manifesten amerikanischen Vorliebe für gewalttätige Filme) leicht die Geschichte eines anderen psychisch gestörten Jugendlichen entwickeln lassen, der dann irgendwann mal im Auftrag einer höheren Macht todbringende Gewalt verspritzt. Komischerweise ist es - meines Wissens - einzig Uwe Boll gewesen, ein Deutscher, der diesen Idee zu Ende gedacht und den Film tatsächlich gedreht hat. Die Pointe, den Killer in einem Kino zur Premiere eines Batman-Streifens auftreten zu lassen, hat er wahrscheinlich als "zu schräg" verworfen, aber "fact" ist bekanntlich "stranger than fiction".

So sehen wir nun hier den fast 30jährigen Schauspieler Andrew Garfield allmählich zum Spiderman werden (und zwischendurch immer wieder in seine alte Schule zurückkehren). Das Mädchen an seiner Seite ist die knapp 25jährige Emma Stone, die schon vor zwei Jahren in Easy A ein fälschlicherweise der Promiskuität angeklagtes High School Girl spielte. Diesmal ist sie eine junge Wissenschaftlerin, denn Jugend forscht. Ihr Vater ist der Cop, der den Spiderman erlegen will und schließlich (bis über den Tod hinaus) für die Jungfräulichkeit seiner Tochter Sorge trägt. Also kein Sex - aber wieder Gewalt noch und noch, denn der böse Wissenschaftler in diesem Film verwandelt sich bald in eine Super-Echse (ein Bisschen vom Godzilla schadet nicht). Ach, so viel Super-Technik, für so eine fade Story. Der Spinnen-Mann fliegt durch die Luft, als wäre er Tarzan, als wäre er Tintin, als wäre er ... Catwoman! Das scheint "das Ding" zu sein im Film dieser Tage: Alle fliegen und drehen sich in der Luft. Wenn man da einmal schaut, wie ungeschickt noch bei Hitchcock geprügelt wird. Ein Ziehen und Zerren an der Jacke, ein Schlag auf die Nase, und Cary Grant ist schon im Krankenhaus.

Trotzdem ist Spiderman (betrachtet man die Geschichte einmal nicht als Comic-Verfilmung) eigentlich nicht übel. Als Science Fiction. Oder eher Retro-Sci-Fi. Der Film bewohnt ein ideologisches Territorium der Reagan-Bush-Bush-Ära. Die Flugszenen und manches andere erinnern dagegen an die fliegenden Affen aus dem bisher neuesten Planet-der-Affen-Film, Rise of the Planet of the Apes (2011), der seinerseits über weite Strecken einem Dokumentarfilm über ein wahres Schimpansenschicksal ähnelt. Hier ein ähnlicher Dokumentarfilm. Und natürlich stirbt die Menschheit auf der Erde aus, sonst gäbe es ja keinen Planet für die Affen. Genauso geht es auch in dem anderen, sehr realistischen Virus-Desaster-Film Contagion (2011) zu. Am Schluss hat die Menschheit ausgedient. Aber die Filme enthalten wenigstens ansatzweise ein paar moderne Ideen, es sind ja Filme von heute.

La Revolution ist ... anders als bei Charlton Heston

Total langweilig fand ich (damit verglichen) Total Recall (2012), eine Art Aufwärmung der Matrix und Johnny Mnemonic (bzw. der Mad Max-Filme) mit dem an sich sehr tauglichen Colin Farrell. Erst allmählich kam ich darauf, dass dies eine Neuverfilmung des gleichnamigen Klassikers mit Arnold Schwarzenegger und Sharon Stone aus dem Jahr 1990 ist. Kopfschüttel, Reality Check. Schwarzenegger. Der Mann hat tatsächlich in einer Handvoll klassischer Filme mitgespielt ...!

Nur um das Gefühl der Depression noch ein wenig zu steigern, sah ich mir schließlich einen Film von Ridley Scott an. Scott ist der Mann, der den Film Alien (1979) mit Sigourney Weaver in die Welt setzte. Einen Film mit zwei Höhepunkten. Der eine ist eine Art Piranha-Eidechse, die aus dem Brustkorb eines der Besatzungsmitglieder des Raumschiffs hervordringt. Der andere ist Sigourney Weavers Höschen, als sie sich (nur in eleganter 70er-Jahre-Lingerie gekleidet) in eine Überlebenskapsel einschließt. Als ich den Film Jahre später wiedersah, beeindruckte mich das Monster überhaupt nicht mehr, und auch die Mode hatte sich seitdem ein wenig geändert. In dem neuen Film, Prometheus (2012) beginnt die Geschichte wie in Luc Bessons The Fifth Element (1997) (nebenbei bemerkt, einem der besten Sci-Fi-Filme aller Zeiten, was man schon daran erkennt, das amerikanische Kritiker ihn als "den miesesten Sci-Fi-Film aller Zeiten" apostrophierten). Bei Scott also die gleiche Anfangsszene, verlegt von Ägypten nach "Isle of Skye - Scotland" im Jahr 2089. "Come quick!" ruft eine etwas dicker gewordene Noomi Rapace, "das Mädchen mit dem Drachen-Tattoo auf dem Rücken", aus dem gleichnamigen schwedischen Dreiteiler. Sie hat in der Höhle ein paar uralte Felszeichnungen entdeckt, Menschen, die auf eine ferne Galaxis verweisen. Direkt daneben: Eine Kopie der Chagall-Pferde aus der Höhle von Chauvet in Südfrankreich. In einem Guardian Interview lässt uns der Regisseur glauben, er sei vielleicht wirklich Erich von Dänicken.

Die Horror-Szene in diesem verspäteten Vorspiel oder Prequel zu seinem Film von 1979 kommt nach genau zwei Stunden, wenn Noomi (nun schwanger vom Alien) sich eigenhändig eine Kaiserschnittoperation setzt und das Monster aus ihrem Bauch herausschneidet. Und dann den Rest des Films - immer noch 40 Minuten lang - mit einem zusammengetackerten Unterleib weiterkämpft und gestoßen und geschlagen und herumgeworfen wird, als sei sie immer noch das Opfer des Rechtsanwalts Bjurman.

Am Schluss des Films zeigt Scott noch einmal das Original-Monster aus Alien. Wozu und warum, wurde mir nicht klar - und da ich mir den Film nicht in einem Kino ansah, konnte ich auch niemanden fragen, der neben mir saß. Wie man bei einem vergammelten Ei sagt: Man muss es nicht ganz auslöffeln, um zu merken, dass es stinkt. Nur als Rezensent muss man sich so ein Ding in voller Länge geben.

Und der mieseste Schauspieler aller Zeiten ist...

Meine Razzie-Nominierung hat der Film auf alle Fälle schon mal weg - selbst wenn die Razzies ja eigentlich auch nur Hilfestellungen für die Filmindustrie bieten. Kompromissloser waren da doch einst die "Golden Turkey Awards" in den Siebzigerjahren, und das wunderschöne Buch dazu ("The Worst Achievements in Hollywood History") von Harry und Michael Medved aus dem Jahr 1980 (Neuauflage 1981) kann ich jedem Filmfreund nur wärmstens empfehlen.

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