Disneys Spielzeugkiste

Jack Sparrow am Steuerrad

Disney Infinity

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Disney Infinity ist grob betrachtet eine Mischung aus "Skylanders" und "Minecraft" oder "Little Big Planet": Echte Figuren werden durch das Aufsetzen auf eine Plattform auf dem Bildschirm lebendig. Außerdem dürfen Spieler ihre eigenen Welten erstellen und mit anderen teilen.

Die Figuren von Jack Sparrow, Mr. Incredible und Sulley stehen im Starter-Set von "Disney Infinity", das für die PS3, Xbox 360, Wii-U, Wii, 3DS und den PC erhältlich ist. Dazu gehören neben dem Videospiel ein mysteriöser, transparenter Würfel mit drei Symbolen und eine Basisplatte zur Grundausstattung. Letztere ist wie das Portal aus Activisions "Skylander"-Games die Verbindung zwischen realer und virtueller Welt. Steht Jack Sparrow auf der Platte, erscheint der Pirat aus "Fluch der Karibik" auf dem Fernseher.

Die realen Figuren vor ihrem Eintauchen in die virtuelle Welt

Der transparente Würfel führt die Figuren des Startersets in ihre jeweilige Spielwelt, also im Basispack in "Fluch der Karibik", "Die Monster Uni", und "Die Unglaublichen". Dort wartet jeweils ein eigenes Szenario, das mit den entsprechenden Filmen nur locker verbunden ist.

Die einzelnen Welten, die Playsets genannt werden, sind als Third-Person-Adventure gestaltet und bieten jeweils eine offene Welt. Hier schimmert "Toy Story 3: Das Videospiel" durch, das wie "Disney Infinity" von der Disney-Interactive-Tochter Avalanche Software entwickelt wurde. Spielerisch sind die Abenteuer der Figuren unterschiedlicher zueinander als in Disney Universe, das den Spieler ebenfalls in verschiedene Franchises führte.

Beispielsweise ist Sulleys Spezialität die Kombination aus Schleichen und Erschrecken. Er muss unbemerkt auf die Dächer von SchreckTech klettern und dort die Monter-Uni-Fahne hissen, oder er schleicht sich an konkurrierenden Studenten und jagt ihnen mit seinem Gebrüll einen Schrecken ein. Jack Sparrow kämpft mit Säbel und Pistole gegen Feinde und Geister. Außerdem befehligt er sein Schiff und dessen Kanonen in Gefechten auf hoher See in einer ähnlichen, wenngleich simpleren, Art wie bei Assassin’s Creed 3. Auch hat seine Welt ein paar einfachere Puzzles. Mr. Incredible zeigt vor allem seine Kampfkraft gegen Schurken, deren Helfer und unzählige Omnidroiden.

Alle Szenarien haben ein Rollenspiel-ähnliches Quest-System mit zahlreichen Auftraggebern. Der Spieler darf mehrere Quests parallel erledigen und so beispielsweise das Retten von Passanten mit dem Besiegen von Schurken kombinieren. Außerdem bauen einige Quests aufeinander auf, sodass der Spieler mit der Zeit stets neue freischaltet. Der erfolgreiche Abschluss einer Aufgabe bringt Spielgeld und Funken, dem Infinity- Pendant zu Erfahrungspunkten, deren Hauptnutzen erst in der Toybox zum Tragen kommt.

Das verdiente Geld hilft beim Erweitern der jeweiligen Welt. Der Spielzeugladen bietet unterschiedliche Arten von Waren: Gebäude sind oft Voraussetzung für bestimmte Aufgaben. So benötigt Mr. Incredible in der Welt der "Unglaublichen" das Gefängnis, um Schurken einzusperren. Jack Sparrow darf sein Schiff mit neuen Kanonen aufrüsten oder dessen Segel verbessern. Einige Gegenstände benutzen die Helden direkt wie das Fahrrad, mit dem Sulley schneller vorwärts kommt und Tricks ausführt oder das Hover-Board für Mr. Incredible. Zu guter Letzt gibt es noch zahlreiche schmückende Items, die keinen spielerischen Nutzen haben.

Sulley vollführt Tricks auf dem Fahrrad

Das "Infinity" aus dem Titel zeigt sich erst außerhalb der einzelnen Szenarien in der sogenannten Toybox. Sie ist zwar nicht unendlich, geht aber weit über das hinaus, was in "Toy Story 3: Das Videospiel" denselben Namen trug. Der Spieler startet - je nach Einstellungen wörtlich - auf der grünen Wiese und bastelt sich seine eigene Welt nach seinem Geschmack. Dazu baut er die Landschaft auf, setzt Figuren ins Geschehen und verwendet wie in Little Big Planet interaktive Elemente zum Bau eigener Herausforderungen. Hier darf er sämtliche Welten bunt mischen und so Jack Sparrow auf die Monster Uni schicken, die von einer "Cars"-Rennstrecke umgeben ist, die wiederum Häuser aus dem "Lone Ranger" flankieren.

Wer zu früh mit der Toybox startet, wird allerdings enttäuscht, weil er schlicht zu wenige brauchbare Objekte findet. Jeder Gegenstand muss zunächst freigespielt werden. Das geschieht durch das Sammeln von Spielzeugkapseln und dem Einkauf im Shop der einzelnen Playsets. Alles, was dort freigeschaltet ist, existiert auch in der Toybox. Viele wichtige Items muss der Gamer allerdings erst mit einem Glücksspiel zwischen Bingo und Roulette gewinnen.

In der Toybox treffen die verschiedenen Filmwelten aufeinander

In der virtuellen Spielzeugkiste gibt es - anders als bei den Playsets - reichlich Inhalte aus diversen älteren Zeichentrickfilmen. Anfangs ist es nicht so einfach zu erkennen, welche Items wirklich hilfreich für interessante eigene Levels sind. So gehen die ersten Münzen vielleicht für niedlichen Zierrat drauf, aber nützliche Gegenstände fehlen - beispielsweise ein Schalter, der beim Drücken ein anderes Objekt bewegt oder beim Darüberfahren einen Zähler erhöht.

Das Herumspielen mit der Toybox macht mit ein wenig Übung richtig Spaß und zeigt sich als Herzstück von "Infinity". Wer die als Herausforderung gestalteten Tutorials durchspielt, kann nette, eigene Welten bauen. Daraus aber wirklich interessante Spiele zu machen, wie es sie in "Little Big Planet" reichlich gibt, ist schwieriger - schon wegen der mangelnden Grundausstattung an interaktiven Elementen. Als virtuelle Spielzeugpackung ohne feste Regeln ist "Infinity" jedoch großartig - vor allem in Kombination mit den echten Figuren. Es ist ein wenig wie früher, wenn die Indianer beim Angriff aufs Spielzeugfort von einem Astronauten und einem Löwen unterstützt wurden und anschließend mit einem Matchbox-Auto um die Wette ritten: Die eigene Fantasie bestimmt, was möglich ist. Jack Sparrow klettert die Treppe zu Cinderellas Schloss hoch, und am Himmel fliegt Sulley auf Dumbo.

Ein spielerisches Manko von "Infinitiy" ist der zu geringe Schwierigkeitsgrad der Aufgaben in den Playsets. Lego zeigt immer wieder, dass Videogames gleichzeitig kindlich gestaltet und spielerisch fordernd sein können. Disney hält dagegen Kämpfe, Kletterpassagen und Rätsel auf durchweg sehr leichtem Niveau. Auch kommt das Gefühl auf, dass "Disney Infinity" fast ausschließlich auf Jungs zielt: Bei den Szenarien werden Erwachsene Mickey, Donald, Balu und Co vermissen; für Mädchen mangelt es an den sonst von Disney gerne vermarkteten Prinzessinnen. Die Playsets bauen ausschließlich auf Schauspielerfilme und die animierten Pixar-Movies. Neben dem Basisset gibt es "Cars" und "Lone Ranger". "Toy Story" ist für November angekündigt.

Tonto und der Ranger John im wilden Galopp

Ein Manko gegenüber "Skylanders" ist, dass die Figuren recht eingeschränkt sind. Sie lernen keine neuen Fähigkeiten und das Aufleveln bringt nur Münzen für die Toybox. In den Playsets bleiben sie zudem auf ihr Szenario beschränkt: Wer mit Sulley in die Karibik will, wird enttäuscht. Auch das kooperative Spiel an einer Konsole mit zwei Figuren ist innerhalb der Playsets nur mit passenden Figuren möglich: Mr. Incredible darf Jack Sparrow nicht im Kampf gegen Davy Jones unterstützen, der als separate Figur erhältliche Davy Jones selbst dagegen schon.

Mit dem Basisset bietet "Infinity" im Vergleich zu anderen Spielen eine gute Gegenleistung für den Preis: Es kostet inklusive der drei Figuren, dem Würfel und der Platte das Gleiche wie andere Videogames. Die drei Playsets schlagen mit jeweils etwa fünf Stunden fürs reine Durchspielen und mehr Zeit für die Suche nach verstecken Spielzeugkapseln und zusätzlichen Herausforderungen zu Buche. Wer einmal Spaß an der Toybox gefunden hat, kann unzählige Stunden damit verbringen, sich eigene Welten zu basteln und mit immer neuen Gegenständen zu füllen. Meist wird es auf Dauer nicht beim Basispaket bleiben. Weitere Playsets mit je einer eigenen Welt und zwei Figuren kosten knappe 30,- Euro, Einzelfiguren knappe 10,- Euro. Ein Doppelpack Bonusmünzen, die zufällig spielerische Boni oder zusätzliche Inhalte für die Toybox bringen, haben einen Preis von rund 4,- Euro. Eltern sollten sich wie bei "Skylanders" im Klaren sein, dass die erste Anschaffung viele weitere nach sich zieht.

In der Toybox finden sich auch Schätze aus Disneys Zeichentrickära

"Disney Infinity" ist vor allem für die Fans der jüngeren Disney- beziehungsweise Pixar-Filme geeignet. Der entscheidende Vorteil gegenüber Skylanders ist die Bekanntheit der Figuren und Settings. Der Nachteil ist weniger Flexibilität im Spiel: Activisions Game lebt vom schnellen Austausch der Figuren, wenn beispielsweise ein Skylander bessere Fernangriffe ausführt, ein anderer dagegen im Nahkampf stärker ist. Als kindlich anmutendes Open-World-Game kann "Infinity" mit seinen zu einfachen Missionen nicht mit den teils großartigen Lego-Games wie Lego City Undercover mithalten. Am meisten glänzt "Disney Infinity" als virtuelle Spielkiste. Wer seiner Fantasie freien Lauf lassen und seine (Disney)-Lieblingswelten kombinieren will, kommt voll auf seine Kosten und kann Stunden damit verbringen sein eigenes Reich zu erweitern. Das Erstellen eigener Spiele mit festen Regeln und Kombinationen, erfordert allerdings deutlich mehr Zeit zum Einarbeiten und Erwerb der nötigen Teile als bei "Little Big Planet".

Retro-Disney von Sega und Capcom

Für Fans der älteren Disney-Figuren und Retro-Games gibt es zwei HD-Neuaflagen: Segas Castle of Illusion Starring Mickey Mouse kam ursprünglich 1990 für Segas Mega Drive und im Folgejahr für den Handheld GameGear heraus. Die HD-Version ist grafisch beeindruckend, sodass Kenner des Originals es kaum wiedererkennen. Das liegt freilich auch daran, dass die Levels nicht einfach übernommen wurden, sondern zum Teil bei der Anpassung an die dreidimensionale Grafik auch mit parallelen Gängen und einigen 3D-Passagen versehen wurden.

Castle of Illusion Starring Mickey Mouse

Zudem ist das zentrale Schloss jetzt ähnlich begehbar wie das von "Super Mario 64". Die Steuerung ist allerdings deutlich weniger präzise als aktuelle 2D-Plattformer wie Rayman Legends oder New Super Mario Bros. U. Die Neuauflage kostet als Download für Playstation 3, Xbox 360 und PC via Steam gute 10,- Euro.

DuckTales Remastered

Capcoms DuckTales Remastered bleibt im Vergleich näher am Original, das in Europa ebenfalls 1990 für NES und den Game Boy erschien. Das Remake setzt auf herkömmliche 2D-Level in pseudo-3D-Darstellung. Geblieben ist der recht hohe Schwierigkeitsgrad im Vergleich zu aktuellen Spielen, was viele Retro-Gamer freuen, neuere aber abschrecken könnte - und zeigt, dass kindliches Setting sich sehr wohl mit spielerisch hoher Anforderung verträgt. Wer entweder das Original gerne gespielt hat oder seinerzeit Fan der DuckTales-Serie war, bekommt jedenfalls mit einem Preis von ebenfalls gut 10,- Euro für Wii-U, Playstation 3, Xbox 360 und PC via Steam einen anspruchsvollen, schönen 2D-Plattformer.

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