Ditib: Bei den Ermittlungen wegen Spionage läuft erheblich viel schief

Seite 2: Mehr Religionsbeamte und reaktionäre Fatwas

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In den Schulen wurde islamischer Religionsunterricht eingeführt, dem Gülen-Orden wurde der Einzug in den Staatsapparat gewährt. Mit der AKP als Regierungspartei gab es bei Diyanet einen erneuten Schub. Die Zahl der Religionsbeamten stieg stetig: von ca. 85.000 im Jahr 2007 auf 120.000 im Jahr 2016. Der Jahresetat betrug im Jahr 2016 rund zwei Milliarden Euro - so viel wie der Etat von neun Ministerien.1

Die reaktionär-islamistische Ausrichtung von Diyanet läßt sich an den verschiedenen Fatwas, den religiösen Rechtsvorschriften, aufzeigen: 2015 wurde die Heirat zwischen Sunniten und Aleviten untersagt, weil sich die Aleviten nicht als Muslime bezeichnen.

2016 sollte durch eine Fatwa Verlobten das Händchenhalten in der Öffentlichkeit verboten werden. Auch Verbindungen zu radikalen Islamisten sind bekannt. Im Jahr 2013 ordnete der damalige türkische Innenminister Muammer Güler in einem Schreiben an die Gouverneure der an Syrien angrenzenden Provinzen an, dass die aus verschiedenen Ländern kommenden "Glaubenskrieger", die als Mudschaheddin bezeichneten Anhänger von al-Qaida und der al-Nusra-Front, vor dem Grenzübertritt nach Syrien in den Gästehäusern des Diyanet unterzubringen zu seien.

Schweiz leitet Strafverfahren gegen Tiss und UETD ein

Gegen zwei türkische Organisationen wurde in der Schweiz Mitte März Klage eingereicht. Nach Medienberichten unter Berufung auf die Nachrichtenagentur SDA soll die Türkisch-Islamische Stiftung für die Schweiz (Tiss) und die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) türkische Bürger in der Schweiz ausspioniert haben. Nicht ausgeschlossen wird, dass auch diplomatische türkische Institutionen involviert sein könnten.

Was ist die UETD?

Die AKP-nahe UETD organisierte in den vergangenen Wochen Wahlkampfveranstaltungen für AKP-Minister in verschiedenen europäischen Ländern, die vielerorts verhindert wurden. Regelmäßig sind auch AKP-Politiker auf Einladung der UETD in den Ditib-Moscheen zu Gast.

Die UETD wurde 2004, im zweiten Amtsjahr von Erdogan, gegründet. Erdogan galt als Förderer der ersten Stunde. Zunächst bekam der kleine Verein in Deutschland Räume in den Ditib-Moscheen, bei der radikal-islamistischen Milli Görüs und der nationalistischen ATIB. Die UETD beansprucht für sich, die Vertretungsorganisation der türkischen Vereine in Deutschland zu sein.

Gemeint sein können damit aber nur die nationalistischen und erzkonservativen Vereine. Denn die UETD lädt immer wieder äußerst fragwürdige Redner wie Abdurrahman Dilipak ein: Im Mai 2016 wurde er zu einem Seminar nach Deutschland eingeladen. Dilipak schreibt für regierungsnahe Zeitungen in der Türkei, wie zum Beispiel für die Tageszeitung Yeni Akit, die in Deutschland seit 2005 wegen volksverhetzender Artikel wegen seinem Aufmacher "Hitler hatte Recht" verboten ist.