Donald Trump und die Zeit des Borderliners

Seite 2: Zusammenhänge zwischen Protektionismus und Krisenverschärfung werden von den Rechten in den USA und Europa ausgeblendet

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Deswegen reagierten die kapitalistischen Funktionseliten nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008 gerade nicht protektionistisch. Die Grenzen blieben für Güter, Kapital und Dienstleistungen offen, weil die Folgen der protektionistischen Maßnahmen während der Weltwirtschaftskrise der 1930er noch bekannt sind. Stattdessen ging man zu Währungsabwertungen als einem Mitte der Exportförderung über.

Diese evidenten Zusammenhänge zwischen Protektionismus und Krisenverschärfung werden von einer zunehmend irrational agierenden Rechten - nicht nur in den USA, sondern auch in Europa - schlicht ausgeblendet. Fakten und Zusammenhänge werden von einer ins Extrem getrieben Ideologie ignoriert, die nur noch mittels irrationaler, quasi animalischer Reflexe (Angst, Hass, Ausgrenzung) auf die unbewältigte und unverstandene Krisendynamik reagieren kann.

Diese Irrationalität der Rechten spiegelt nur die manifeste Irrationalität des in einer letalen Krise sich befindenden kapitalistischen Weltsystems. Globalisierung und Neo-Nationalismus bilden keine Gegensätze, sondern nur zwei verschiedene Phasen eines und desselben Krisenprozesses. Die Globalisierung droht angesichts der weltweit rasch anschwellenden Schuldenberge zusammenzubrechen und die kapitalistische Weltwirtschaft in ihre bisher schwerste Krise zu stürzen. Die politische Rechte exekutiert und bejaht nur die Krisendynamik, die mit neo-nationalistischen, rassistischen oder ordinär faschistischen Pathos aufgeladen wird.

Es scheint ein irrationaler, unbewusster, lemminghafter Todestrieb. Man will endlich den Schritt über den Abgrund tun. Trumps Protektionismus kommt - angesichts der erreichten Dichte der Globalisierung - einem sozioökonomischen Suizid gleich. Das heißt aber noch lange nicht, dass der politische Machtapparat in Washington ihn davon abhalten kann, diesen Schritt zu tun. Solange die Krise des kapitalistischen Weltsystems aufgrund der dominanten ideologischen Tabus nicht in den Widersprüchen des Kapitals verortet werden kann, solange werden buchstäblich irrsinnige Ideologien und Populisten ihre Konjunktur erleben (Die Krise kurz erklärt).

Dabei stellt ja der rassistische Egomane Trump - dessen extremistische Wahlversprechen im Rahmen einer bürgerlichen Demokratie nicht durchsetzbar sind - keine Ausnahme dar. Es ist die große Zeit des politischen Borderliners, der pathogenen autoritären Charaktere, die eigentlich nur die zunehmend an die Oberfläche drängende Irrationalität des Systems verkörpern. Sie sind "Populisten" des Irrationalen, indem sie den Obsessionen und Ängsten ihrer Wählerschaft Ausdruck verschaffen. Führerfiguren sollen die angstmachende Krise bewältigen, die nach außen projiziert (China) und irgendwelchen Minderheiten (Latinos) angehängt wird.