"Drohnenkrieg hat tausende zivile Opfer gefordert"
- "Drohnenkrieg hat tausende zivile Opfer gefordert"
- Keine hinreichende Überwachung autonomer Drohnenangriffe
- Drohenbewaffnung: der Bundestag entscheidet
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Jakob Foerster und Christian Schröder de Witt über autonome Waffensysteme, atomare Drohnenschwärme und die FDP
Sie haben die möglichen künftigen Koalitionsparteien – SPD, Grüne und FDP – diese Woche in einem offenen Brief aufgefordert, von einem bewaffneten Drohnenprogramm Abstand zu nehmen. Wollen Sie deutschen Soldaten zusätzlichen Schutz verwehren?
Jakob Foerster: Der Schutz der Soldaten ist ein vorgeschobenes Argument. Bewaffnete Drohnen sind der nächste Schritt zur technologischen Hochrüstung mit zunehmend autonomen Waffen, verbunden mit Konsequenzen und Gefahren, die gegenüber der Öffentlichkeit verschwiegen und verharmlost werden.
Wir weisen in unserem Brief darauf hin: Die Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant, in Libyen gab es, so vermutet die UN, den ersten vollautonomen Angriff auf einen Menschen durch eine bewaffnete Drohne.
Diese Entwicklung kann nur gestoppt werden, wenn die Verbreitung von bewaffneten Drohnen, von der Hardware gestoppt wird, und zwar so schnell wie möglich. Denn grundsätzlich kann jede dieser Waffen künftig durch ein einfaches Software-Update in eine vollautonome Waffe umgewandelt werden.
Die noch im Amt befindliche Bundesregierung behauptet, sie sei gegen solche autonomen Waffen, real treibt sie ihre Entwicklung voran. Das "Future Combat Air System" wird schon jetzt zusammen mit Frankreich und Spanien entwickelt, dieses Waffensystem soll auf Künstlicher Intelligenz basieren, auf bewaffneten, weitgehend autonomen Drohnenschwärmen und ist als atomar bewaffnungsfähig geplant.
Christian Schröder de Witt: Gewalt ruft immer auch Gegengewalt hervor. Gerade der US-Drohnenkrieg in Afghanistan zeigt diese Spirale der Gewalt auf erschreckende Weise. Der angebliche Schutz der Soldaten wird oft ins Feld geführt, um diese Entwicklung öffentlich zu rechtfertigen. So einfach ist es aber nicht.
Weshalb tragen bewaffnete Drohnen Ihrer Ansicht nach nicht zum Schutz von Menschen bei?
Christian Schröder de Witt: Wir warnen als Wissenschaftler davor, technologischen Fortschritt bei offensiven Waffen wie Drohnen mit einer Humanisierung der Kriegsführung und dem Schutz von Menschen zu verwechseln.
Der Afghanistankrieg hat dies gerade auf tragische Weise belegt: Gerade der Drohnenkrieg hat tausende zivile Opfer gefordert. Nicht nur die Stimmen aus der Künstlichen Intelligenz, sondern auch die Stimmen von Menschen aus der Region, von Whistleblowern aus dem Drohnenprogramm und Journalisten vor Ort werden nach unserer Beobachtung zu wenig gehört.
Als Forscher der KI sehen wir zudem aufgrund unserer wissenschaftlichen Expertise, dass bewaffnete Drohnen aufgrund der technologischen Entwicklung der Autonomie der Kriegsführung immer näherkommen werden - dies liegt in der Logik des Rüstungswettlaufs und in mangelnden Möglichkeiten internationaler Kontrolle begründet. Ob eine Drohne bewaffnet ist oder nicht, lässt sich einfach feststellen.
Wie viele dieser Waffen schon heute mit teilautonomen Fähigkeiten ausgestattet sind, weiß vermutlich niemand – wie kann man da kontrollieren, welche Algorithmen bei einem Angriff eingesetzt worden sind?
Jakob Foerster: Wir haben in unserem Brief darauf hingewiesen: Solche Waffen würden die Möglichkeit globaler Überwachung und Tötungen als potenzielle Gefahr definierter Menschen in ungekanntem Ausmaß verstärken und die Kontrolle über die Elimination dieser Menschen zunehmend menschlichem Einfluss entziehen. Die zunehmende Automatisierung von bewaffneten Drohnen verschärft gleichzeitig die Gefahr einer militärischen Konfrontation zwischen Staaten, die mit solchen Waffen ausgerüstet sind.
Die Mittel, um Menschen zu schützen, liegen dagegen auf der Hand: Schon ein Bruchteil der Mittel, die in die Entwicklung immer gefährlicherer Waffen fließt, würde reichen, um den wachsenden Hunger auf dieser Welt zu beenden.