"Drohnenkrieg hat tausende zivile Opfer gefordert"
Seite 3: Drohenbewaffnung: der Bundestag entscheidet
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- Keine hinreichende Überwachung autonomer Drohnenangriffe
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Inwieweit ist diese Frage überhaupt eine deutsche Frage – oder, anders formuliert: Wird dies Entscheidung über Kampfdrohnen nicht auf europäischer Ebene getroffen?
Christian Schröder de Witt: Über die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr entscheidet letztlich der Deutsche Bundestag, nicht die EU – es wäre auch, vorsichtig gesagt, befremdlich, könnte die EU den einzelnen Staaten die Hochrüstung mit bewaffneten Drohnen unter Umgehung der nationalen Parlamente vorschreiben.
Deshalb ist es übrigens so problematisch, dass auf europäischer Ebene mit der Euro-Drohne und dem Future-Combat-Air-System (FCAS) Projekte vorangetrieben werden, die bewaffnete, auf Künstlicher Intelligenz basierende und weitgehend autonome Drohnen vorsehen - ohne, dass eine Entscheidung über die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr gefallen wäre.
Diese Projekte müssen unseres Erachtens sofort gestoppt werden, sie gefährden die internationale Stabilität und den Weltfrieden. Wir sprechen uns daher für die Ächtung von autonomen Waffen unter Einbeziehung bewaffneter Drohnen aus und fordern die Bundesregierung auf, endlich Initiative in diese Richtung zu ergreifen. Noch kann Deutschland hier seiner internationalen Verantwortung als Vorreiter gerecht werden.
Wer würde diese neuen Waffen ächten und welche juristischen Auswirkungen hätte so ein Schritt?
Christian Schröder de Witt: Das Paradebeispiel für erfolgreiche Ächtung und Regulierung sind Landminen und chemische Waffen. Im Endeffekt geht es immer um Konsensus und Normenfindung in der internationalen Staatengemeinschaft. Allerdings brauchen wir Länder, die diesen Prozess vorantreiben, anstatt das Wettrüsten weiter anzufachen.
Unterzeichnet wurde Ihr Appell von Forscherinnen und Forschern deutscher und österreichischer Universitäten sowie der Universität Oxford und des University College London. Wie verläuft die Debatte in der Wissenschaft?
Christian Schröder de Witt: Leider verläuft die Debatte bei Weitem nicht so aktiv, wie sie sein könnte. Noch immer halten viele Wissenschaftler es nicht für notwendig, sich mit den direkten und indirekten Folgen ihrer Arbeit auseinanderzusetzen.
Immerhin gibt es auf internationaler Ebene es schon seit längerer Zeit eine Debatte bzgl. dem Bann von autonomen Waffen. Die enge Verknüpfung dieser Debatte an die Bewaffnung von ferngesteuerten Drohnen ist erst in dem letzten Jahr geschehen.
Inwieweit ist die Finanzierung der KI-Forschung durch Staat und Rüstungsunternehmen ein Problem für die freie Entscheidungsfindung?
Jakob Foerster: Die Tatsache, dass wir in kurzer Zeit relativ viele Unterzeichner aus dem Gebiet der KI gefunden haben, ist sehr ermutigend. Natürlich ist es unmöglich zu wissen, wie viele gerne unterzeichnet hätten, aber sich aufgrund von finanziellen Abhängigkeiten dagegen entschieden haben. Die Frage, wie man Forschung von militärischen Interessen schützen kann, geht weit über das Gebiet der KI hinaus, aber wird hier sehr gut veranschaulicht.
Eine Besonderheit der KI ist es, dass hier die großen Technologiekonzerne fast komplette Kontrolle über die Forschung ausüben.
Welche Reaktionen haben Sie auf Ihren Brief erhalten?
Jakob Foerster: Wir haben sehr viele positive Reaktionen aus der Forschungsgemeinschaft erhalten. Viele unserer Kolleginnen und Kollegen halten den Brief für eine wichtige Initiative, und unterstützen den Appell an die Vertreterinnen und Vertreter der Parteien im Bundestag, die Bewaffnung von Drohnen zu stoppen.
Dr. Jakob Foerster ist designierter Assistant Professor der University Oxford, und Experte für Computer Science, maschinelles Lernen sowie Lernen in Multi-Agenten-Systemen. Foerster hat den hier dokumentierten Appell zuvor als offenen Brief an die SPD lanciert. Der Verfasser ist erreichbar unter: jakob.foerster@eng.ox.ac.uk.
Christian Schröder de Witt ist Technical and Outreach Officer bei der Oxford Drone Society. Er ist zudem angehender Postdoctoral Researcher bei Jakob Foerster. Seine Doktorarbeit an der Universität Oxford befasste sich zum Teil mit Dezentraler Steuerung mittels Deep Multi-Agent Reinforcement Learning und wurde u. a. vom UAS Drone Center der SDU (Odense, Dänemark) gefördert.