Droht den Deutschen mit dem Heizungstausch ein Kostentsunami?
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Milliarden über Milliarden Euro jährliche Kosten kommen auf deutsche Hausbesitzer zu. Die Wärmewende sei teuer und überfordere viele, heißt es. Tatsächlich gehört klimaneutralem Heizen auch aus wirtschaftlichen Gründen die Zukunft.
In den Medien wird vor den hohen Kosten angesichts der von der Bundesregierung geplanten Wärmewende gewarnt. So titelte etwa die Welt: "Rund 12 Milliarden pro Jahr für Wärmepumpen? Die wahren Kosten dürften viel höher sein".
Der Artikel wie viele andere bezieht sich auf den geleakten Entwurf für ein neues Gebäudeenergiegesetz (GEG) des Bundeswirtschaftsministeriums. Darin wird auch eine erste Kostenabschätzung für die Wärmewende vorgelegt.
Danach rechnet man mit neun Milliarden Euro (nicht zwölf, wie die Welt meint) an Ausgaben pro Jahr bis 2028, um auf klimaneutrale Heizversorgung wie Wärmepumpen, Solarthermie usw. umzusteigen. Ab 2029 belaufe sich die Summe dann auf rund fünf Milliarden Euro.
Wie sollen das die Bürger:innen bezahlen, wird jetzt von Politiker:innen, Journalisten und in Social-Media-Debatten immer wieder gefragt? Die Frage ist an sich berechtigt, aber führt in die Irre und verunsichert unnötigerweise, wenn die Zahlen nicht eingeordnet werden.
Zuerst einmal geht es nur um Heizungen, die nicht mehr reparabel sind bzw. über 30 Jahre alt sind und ohnehin ersetzt werden müssen – was nichts mit der Wärmewende zu tun hat. Funktionierende und zu reparierende Heizungen sind nicht vom Austausch betroffen.
Für den Austausch fallen zudem in jedem Fall Kosten an, die abgezogen werden müssen. Für ein Einfamilienhaus mit 150 Quadratmeter liegen die Aufwendungen für den Wechsel zu einer neuen Gasheizung bei rund 10.000 Euro. Eine Wärmepumpe kostet demgegenüber rund 20.000 bis 25.000 Euro.
Das wären 10.000 bis 15.000 Euro an Mehrkosten. Doch Wärmepumpen werden staatlich gefördert, mit rund 40 Prozent. Die Firma Jänichen, die Wärmepumpen einbaut, sagte gegenüber Die Zeit, dass bei einer Wärmepumpe für ein durchschnittliches Einfamilienhaus am Ende mit Zusatzkosten in Höhe von circa 7.000 Euro zu rechnen sei.
Das hört sich schon anders an: neun Milliarden vs. 7.000 Euro Zusatzkosten für einen anstehenden Heizungstausch bei einem Einfamilienhaus.
Aber das sind nur die Investitionskosten. Dem müssen natürlich die Betriebskosten gegenübergestellt werden. Nun zeigen uns Berechnungen, dass die Betriebskosten von Wärmepumpen niedriger liegen als die von Gas- und Ölheizungen – ganz abgesehen von der Volatilität fossiler Energiekosten in der Zukunft.
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) stellt im Gesetzesentwurf daher den Investitionskosten einer Luft-Wasser-Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus in Höhe von 19.115 Euro Einsparungen im Vergleich zu einem Gasbrennwertkessel bei den Betriebskosten über 18 Jahre von 21.996 Euro gegenüber. Der Umstieg lohnt sich also am Ende, auch wenn erst mal investiert werden muss.
Die Wirtschaftlichkeit nimmt außerdem zu. Da mit deutlichen Kostenreduktionen für Wärmepumpen in den nächsten Jahren zu rechnen ist – aufgrund der üblichen technologischen Dynamiken und Massenphänomenen –, reduzieren sich die Investitionen ab dem Jahr 2029 um rund 30 Prozent. Damit steigen die Einsparungen auf 23.436 Euro für einen Hausbesitzer an, so das BMWK.
Im Gesetzentwurf stehen daher den neun Milliarden Euro an Investitionskosten bis 2028 insgesamt auch elf Milliarden an jährlichen Einsparungen bei einer Betriebsdauer von 18 Jahren gegenüber.
Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie kommt in einer Untersuchung im Jahr 2022 ebenfalls zu dem Fazit, dass sich die Wende rechnet. Dafür hat man ein Sechs-Punkte-Förderprogramm für ein zukunftsfähiges, klimaneutrales Wärmenetz von 2022 bis 2035 erstellt, also ein deutlich ambitionierteres Ziel als die Bundesregierung.
In diesem Szenario müssen Gebäudeeigentümer:innen und Wärmeversorger pro Jahr annähernd hundert Milliarden Euro investieren, um Deutschlands Gebäude bis 2035 treibhausgasneutral zu versorgen. Diese Berechnung ist inklusive Sanierungen und Wärmedämmungen.
Davon sind aber nur etwa die Hälfte, nämlich rund 50 Milliarden Euro pro Jahr, durch die Energiewende und den Klimaschutz im Gebäudesektor bedingt, also zusätzlich zur normalen Instandhaltung bzw. zu neuen Gas-Brennwertkesseln. Der Rest müsste zwangsläufig aufgewendet werden.
Fast die Hälfte von den verbleibenden 50 Milliarden an zusätzlichen Kosten, nämlich 22 Milliarden, wird zudem durch diverse staatliche Förderungen bei der Sanierung abgedeckt, diese Gelder müssen nicht von den Haus- und Gebäudeeigentümer:innen aufgebracht werden. Innovationen und Nachfragebündelungen könnten diese Mittel aber noch weiter reduzieren, so die Studie.
Dazu kommen positive Effekte im Betriebsverlauf. Je nach Sanierungstiefe und -tempo seien ab dem Jahr 2035 bis zum Ende der Nutzungsdauer der jeweiligen Anlagen und Gebäudeteile Energiekosteneinsparungen für die Energieverbraucher:innen (einschließlich Unternehmen und öffentlicher Einrichtungen) von insgesamt 31 bis 36 Milliarden Euro pro Jahr zu erwarten.
Abzüglich der sogenannten Annuitäten (also Tilgungen und Zinsen für die Zusatzkosten der Wärmewende) blieben netto insgesamt 11,5 bis 17,5 Milliarden Euro an eingesparten Kosten übrig.
Alle Arten von Investitionen, die durch das Sechs-Punkte-Sofortprogramm angestoßen werden, sind im Durchschnitt für die Energieverbraucher:innen wirtschaftlich. Hinzu kommen weitere positive Effekte (Besserer Komfort – keine kalten Wände, keine Zugluft; Schutz gegen steigende Energiepreise; weniger Schimmel, bessere Luft bei Komfortlüftung).
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