Droht den Deutschen mit dem Heizungstausch ein Kostentsunami?

Seite 2: Warum können es Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland?

Natürlich kann man auch darauf verweisen, dass gleichzeitig die enormen jährlichen Subventionen in Höhe von rund 50 Milliarden Euro, die von uns Steuerzahler:innen jährlich für fossile Energien gezahlt werden müssen, im Zuge der Wärmewende automatisch abnehmen (siehe unter anderem die steuerfinanzierte Gaspreisbremse), da immer weniger davon gebraucht wird, während Klimaschutz auch Hausbesitzer:innen zugutekommt. Denn sie sind von den Klimafolgen in Form von Stürmen oder Überschwemmungen besonders betroffen. Allein für Deutschland rechnet man bis 2050 mit 900 Milliarden Euro an Klimaschäden.

Allerdings gibt es auch das "Vermietende-Mietende Dilemma", stellt das Wuppertal Institut fest. Denn für Vermieter würden trotz Förderung die Zusatzkosten meist nicht ganz abgedeckt, auch wenn der Wert der Gebäude steige und die Modernisierungsumlage genutzt werde. Dafür brauche es neue Mechanismen, Anreize und soziale Abfederungen.

Letzteres fordert auch der Paritätische Wohlfahrtsverband gemeinsam mit dem Umweltverband BUND. Rund neun Millionen Eigenheimbesitzer:innen hätten 34.000 Euro oder weniger Finanzvermögen, ein Teil von ihnen gar keins.

Insbesondere für aufwändigere Dämmmaßnahmen oder Sanierungen brauche es daher eine soziale Unterstützung, jedoch nicht für jene, die über große Vermögen verfügten. So besitzen die reichsten zehn Prozent der Hausbesitzer:innen mehr als 156.000 Euro – Vermögensbestände, die steil nach oben gehen, je höher man die Leiter aufsteigt. Es dürfe daher nicht mit der Gießkanne gefördert werden, sondern gezielt für jene, die nicht über die notwendigen Mittel verfügen.

Aber auch hier ist darauf hinzuweisen, dass nicht die Wärmewende und die Pflicht, Öl- und Gasheizungen Schritt für Schritt aus dem Verkehr zu ziehen, Millionen Hausbesitzer:innen finanziell überfordert, wie die Taz schreibt. Sie sind ja bereits belastet durch die starken Anstiege, insbesondere bei den Gaskosten.

Zudem geht es, wie schon gesagt, bei der Wärmewende um den Austausch von alten ausgedienten Thermen, die notwendigerweise erneuert werden müssen. Die Zusatzkosten einer Wärmepumpe kommen sicherlich obendrauf, aber es handelt sich nicht um "einige Zehntausende Euro" (wie der Paritätische Wohlfahrsverband und anschließend daran die Taz behaupten), die dafür anfallen.

Grünen-Chefin Ricarda Lang hat zudem angekündigt, dass man sich in der Regierung einig sei, dass es einen sozialen Ausgleich geben werde, sodass Menschen mit geringem Einkommen nicht mehr für Wärmepumpen zahlen müssten, als heute eine Gasheizung kostet. Auch ist eine Abwrackprämie im Gespräch.

Das Wuppertal Institut betont, dass eine schnelle Wärmewende bis 2035 eine halbe Million Arbeitsplätze in Deutschland schaffe und sichere. Und es würden insgesamt am Ende 170 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart, womit Deutschland einen wichtigen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen und zur Stabilisierung des Klimas beitrage.

Wir können dabei von skandinavischen Ländern lernen. In Norwegen, einem Gasförderland, haben mittlerweile 60 Prozent der Heizungen eine Wärmepumpe – in Deutschland liegen wir bei marginalen drei Prozent. Seit 2013 dürfen in dänischen Neubauten keine Gas- und Ölheizungen mehr installiert werden, ab 2016 mussten die Dänen auch bei Sanierungen im Bestand auf alternative Heizungstechnologien umsteigen.

Ein Fünftel der Haushalte heizt dort individuell mit Wärmepumpen und Biomasse. 65 Prozent sind ans Fernwärmenetz angeschlossen, die zu mehr als 70 Prozent aus erneuerbarer Energie gespeist wird. In Finnland wurden etwa 70, in Norwegen 62, in Schweden rund 40 Wärmepumpen pro 1.000 Haushalte letztes Jahr installiert. In Deutschland waren es nicht mal 6.

Ein Vorschlag: Beginnen wir in Deutschland, endlich, nach Jahrzehnten des Verdrängens und Aufschiebens, die Wärmewende anzupacken und sie sozial gerecht auszugestalten, statt sie über Wochen weiter kaputt zureden.

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