Droht den USA ein Bürgerkrieg?

Mutmaßliche Putschisten mit Tränengaswolke vor US-Kapitol in Washington am 6. Januar 2021. Bild: Tyler Merbler, CC BY 2.0

Die nächsten US-Präsidentschaftswahlen USA könnten dem politisch gespaltenen Land gefährlich werden. Militärs warnen vor bürgerkriegsähnlichen Zuständen

In den USA wird derzeit nicht nur Sturm auf das Kapitol politisch und juristisch aufgearbeitet, bei dem Trump und Co. vermutlich darauf setzten, sich an die Macht putschen zu können. Jetzt haben sich drei ehemalige US-Generäle in einem Kommentar in der Washington Post zu Wort gemeldet.

Darin warnen sie davor, dass es bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 2024, bei denen Trump wieder antreten dürfte, zu einem Aufstand oder gar einem Bürgerkrieg kommen könnte. Von einer solchen Entwicklung würden die Feinde der USA profitieren.

Nach dem Sturm auf das Kapitol hatte der Verteidigungsminister der Biden-Regierung, Lloyd Austin, angeordnet, die Neigung zum Extremismus bei den Soldaten und Offizieren zu untersuchen und die Extremismus-Definition zu klären.

Es wurde dafür eine sogenannte Countering Extremism Working Group eingerichtet, die ihren Bericht zwar fertiggestellt, aber noch nicht veröffentlicht hat. Offenbar sind die Inhalte heikel. Nach einem Gesetz aus diesem Jahr, dem National Defense Authorization Act, müssen Vorfälle, die mit Extremismus verbunden sind, gemeldet werden.

Das alles zeigt an, dass zunehmend das Militär als Brutstätte extremistischer bzw. rechtsradikaler Positionen und als Gefahr für die Demokratie angesehen wird.

Die US-Generäle a.D. Paul D. Eaton, Antonio M. Taguba und Steven M. Anderson fordern das Militär nun auf, sich darauf auch mit Übungen, sogenannten Wargames, vorzubereiten, um Schwachstellen zu entdecken. Besorgt sind sie, weil es offenbar im Militär brodelt. Es gebe ein "tödliches Chaos" im Militär, das alle US-Amerikaner gefährden könne.

Es ist ungewöhnlich, dass ehemalige Offiziere, die weiterhin ein Ohr in die Truppen haben dürften, vor dem Militär warnen. Nach den Wahlen könne es einen Zusammenbruch der Kommandokette geben, weil die Soldaten ebenso politisch gespalten sind wie die Gesellschaft. Es gebe das Risiko einer "Schattenregierung", angeführt vom Wahlverlierer.

Stellen Sie sich konkurrierende Oberbefehlshaber vor - ein frisch wiedergewählter Biden, der Befehle erteilt, und Trump (oder eine andere Trumpsche Figur), der als Chef einer Schattenregierung Befehle erteilt. Schlimmer noch: Stellen Sie sich vor, Politiker auf Landes- und Bundesebene würden einen unterlegenen Kandidaten illegal zum Präsidenten ernennen.

Aus dem Beitrag der drei Generäle a.D. in der Washington Post

Immer mit dem Blick auf den Sturm auf das Kapitol sagen sie, dass keiner der Inspiratoren des versuchten Putsches zur Verantwortung gezogen worden sei, alle voran natürlich Donald Trump, der aber nicht explizit genannt wird. Das müsse sich ändern, so die Ex-Generäle.

Putschpläne Anfang Januar 2021

Beunruhigend ist für sie vor allem das Militär selbst. Das war schon die Sorge der früheren Verteidigungsminister, die am 3. Januar dieses Jahres auch in der Washington Post einen Brief veröffentlichten, in dem sie Trump und die Soldaten davor warnten, das Militär in die Lösung der Wahlstreitigkeiten hineinzuziehen. Das könne gefährlich werden.

Ein Grund für diese Warnung war auch, dass Trump noch im November 2020 Mark Esper als Verteidigungsminister feuerte und ins Pentagon loyale Leute holte. Trump hatte danach angekündigt, dass es am 6. Januar "wild" werden könnte.

Es gab offenbar einen von einem auf PsyOps spezialisierten Ex-Militär ausgearbeiteten Plan, um einen nationalen Notstand ausrufen und Militär zum Kapitol schicken zu können. Dazu wollte man auch eine angebliche ausländische Intervention in die Wahlen bemühen.

Kurz vor diesem Tag ging unter Trump-Gegnern, die viel protestierten und sich mit rechten Gruppen wie den Proud Boys auseinandersetzten, die Losung um, am 6. Januar zu Hause zu bleiben. Manche witterten eine Falle oder wussten vielleicht davon. Der Hashtag #DontTakeTheBait trendete.

Die Putschisten hatten offensichtlich darauf gehofft, dass Truppen zum Kongress geschickt würden, die dann die Putschisten unterstützt hätten. Die Nationalgarde war einsatzbereit und das Pentagon zögerte stundenlang, sie nach Bitten der Polizei gegen die Trump-Anhänger einzusetzen.

Man hatte darauf gesetzt, dass die Bedrohung von der von Trump dämonisierten Antifa ausgehen sollte oder man dies so erscheinen lassen könnte. Aber es gab an diesem Tag keine Anti-Trump-Proteste. Und auch Vizepräsident Mike Pence spielte nicht mit.

Immerhin sind zehn Prozent der wegen des Angriffs auf das Kapitol Beschuldigten Soldaten gewesen. Und nach einem gerade veröffentlichten Bericht des National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism an der University of Maryland wurden seit 1990 458 Ex-Militärs nach dem Begehen von Straftaten verhaftet, angeklagt oder verurteilt, die durch extremistische Ideologie motiviert waren.

Auch wenn man die am Sturm auf das Kapitol Beteiligten herauslässt, ist die Zahl derjenigen mit militärischem Hintergrund, die solche Straftaten begingen, von 6.9 auf 17.7 jährlich angestiegen.

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