Dschihadisten zum Krieg im Libanon

Die israelische Offensive beschäftigt auch die islamistischen Gotteskrieger

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Etwa 80 Prozent der Postings auf Dschihadi-Webseiten in der vergangenen Woche sollen sich nach Informationen des SITE-Instituts mit der Frage befasst haben, ob man die Hisbollah unterstützen soll.

Die Welt der islamischen Militanten im Web sei nebulös, konstatiert Edward Wong in der New York Times am Freitag, das Spektrum derjenigen, die ihre Meinungen auf den verschiedenen Message Boards kundtun, rangiere von alten Veteranen des afghanischen Widerstands gegen den Einmarsch der Sowjetarmee Anfang der 80er Jahre bis hin zu „Teenagern, die dafür bezahlt werden, Straßenbomben im Irak zu legen.“

Entsprechend vage sind auch die ersten Ermittlungen im Dschihadisten-Milieu, was die Reaktionen auf den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah betrifft. Am vergangenen Mittwoch präsentierte der amerikanische Fachmann für arabische Öffentlichkeiten, Marc Lynch, eine erste Impression von seinem Streifzug durch „Dschihadi-Foren“ und berichtete von einer regen „Chat-Aktivität“ in den Foren zu diesem Thema. Die augenfälligsten Diskusionslinien, die er „ohne Anspruch auf eine systematische Analyse“ herausgelesen hatte, betrafen die saudische Position zum Konflikt, die der Hisbollah politisches Abenteurertum unterstellt und ihr die Schuld am Konflikt gibt. Von den Dschihadisten-Kommentatoren soll dies als Bestätigung dafür genommen worden sein, dass die bösen Dinge, welche schon zuvor über die Familie der Sauds gesagt worden waren, wohl stimmen. Der Herrscherfamilie wird Opportunismus und eine zu große Nähe zu den USA vorgeworfen.

Den zweiten „Diskussionsstrang“, den Lynch beobachtet, sind die geteilten Meinungen über die Hisbollah bzw. deren Führer Nasrallah. Dass sich der Durchschnitt der Gotteskrieger nicht unisono auf die Seite der schiitischen Organisation stellt, die gegen den „zionistischen Aggressor und ihre amerikanischen Schoßhunde“ kämpfen, fiel am Ende der Woche auch dem New York Times-Autor Edward Wong auf, der einige exemplarische Postings zitiert:

...die Partei von Hassan Nasrallah ist für uns eine Partei, die eine schiitische Ideologie hat, damit gilt er als unser Feind, wie die anderen Feinde auch: die Juden und die Christen.

„Was sollen wir jetzt tun?“, wird ein etwas verwirrter sunnitischer Dschihadist namens Saif-ad-Din al-Kanani zitiert: „Welcher Seite sollen wir uns anschließen? Wen unterstützen?“ Ein militanter irakischer Schiit hält wiederum den Palästinesern vor, dass sie anti-schiitisch seien und empfiehlt, die Anstrengungen eher auf die Unterstützung der Schiiten zu konzentrieren als auf die Sunniten.

Eine Summe von Einzelstimmen also, die hier angeführt werden; Nachdruck erhalten die individuellen Meinungen durch Aussagen von Prominenten, wie dem saudischen Scheich Abdullah bin Dschabrin, der die Unterstützung der Hisbullah öffentlich verboten haben soll. Für den New York Times-Autor Edward Wong Belege genug, dass die Kluft zwischen Schiiten und Salafisten, worunter er die Qaida-Führung zählt, zu groß ist, als dass die Hisbollah mit der Unterstützung der Dschihadis rechnen könnte. Einige Ausnahmen, wie gelegentliche „Kooperationen“ zwischen der Hisbollah und der Hamas sowie mit der nicht-salafistischen Gruppe „Palästinensischer Islamischer Dschihad“ und die Solidaritätserklärung einer irakischen sunnitischen Widerstandsgruppe mit der Hisbollah, ändern seiner Meinung nicht viel an diesem Gesamtbild, das durch einen kaum überbrückbaren Graben gekennzeichnet ist.

Authentische Kommentare von bekannten al-Qaida-Führern stehen noch aus, ein diesbezüglicher Forums-Threat, der danach fragt, warum Bin Laden oder Zawahiri bislang noch nichts zum Krieg zwischen der Hisbollah und Israel gesagt haben, bleibt noch offen für Spekulationen.