EEG-Novelle: Branche verunsichert
Seite 2: Jobkiller EEG-Reform
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Wenden wir uns einem anderen Thema zu. Hierzulande wird die energiepolitische Debatte von den Plänen der Bundesregierung beherrscht, dem sogenannten Eckpunktepapier. Das Erneuerbare-Energiengesetz soll, wie berichtet, umgeschrieben und der künftige Ausbau dadurch verlangsamt werden.
Der Fachinformationsdienst IWR macht in diesem Zusammenhang die Bundesregierung für den Arbeitsplatzabbau in den grünen Branchen mitverantwortlich. Bei Areva Wind in Bremen, Bremerhaven und Stade sollen 160 Festangestellte und weitere 250 Leiharbeiter ihren Hut nehmen. Das Unternehmen hat sich auf Offshore-Anlagen spezialisiert.
Auch die Hersteller von Biogasanlage haben erheblich Probleme. Hier wollen der neue Energie- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und sein grüner Staatssekretär Rainer Baake den jährlichen Ausbau auf winzige 100 Megawatt pro Jahr begrenzen. Auf die Branche kommen also harte Zeiten zu, wobei sich schon jetzt die Zahl der Insolvenzen und der Entlassungen häuft. 2011 gab es noch etwa 63.000 Beschäftigte in diesem Sektor, 2012 45.500 und 2013 vermutlich weniger als 40.000.
Beim Fachverband Biogas fürchtet man, dass ein ganzer Industriezweig abgewickelt werden soll. Dabei habe man sich schon in den letzten Jahren versucht, auf die in dem vom Bundeskabinett letzte Woche verabschiedeten Eckpunktepapier geforderte Gülle- und Reststoffverwertung konzentriert. "Wenn nun aber die Innovationskraft der Branche durch ein buchstäbliches Abschalten von Biogas vollständig ausgebremst werden soll, führt dies zu gestrandeten Investitionen und Know-how Verlust", meint Verbandspräsident Horst Seide. "Was das mit Kosteneffizienz zu tun haben soll, ist mir unklar."
Der Verband kritisiert unter anderem auch, dass der Bonus für Gasaufbereitung gestrichen werden soll. Um ins Erdgasnetz eingespeist werden zu können, muss Biogas gereinigt und komprimiert werden. Das ist zwar mit Energieverlusten verbunden, macht seinen Einsatz aber flexibler. Unter anderem könnte es dann auch in den Städten für die besonders effiziente Kraftwärmekoppelung in kleinen Blockheizkraftwerken und im Verbund mit Wärmespeichern ideal zur Stabilisierung des Netzes eingesetzt werden.
"Diese Systemrelevanz ist weder bei der Kostenbewertung noch in den EEG-Eckpunkten berücksichtigt worden", so Seide. "Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren effiziente Biogasaufbereitungstechnologien entwickelt und die Kosten gesenkt. Bereits in den nächsten Jahren wäre mit dieser Zukunftstechnologie die kostengünstige Nutzung des Langzeitspeichers Erdgasnetz für Erneuerbare Energie möglich gewesen."
Know-how-Killer
Biogasanlagen sind ja bei vielen Menschen, vor allem auf den Dörfern, nicht besonders beliebt. Gründe der Ablehnung sind zum einen, dass sie mitunter mit extremer Massentierhaltung verbunden sind, zum anderen stößt manchem die Ausweitung des Maisanbaus auf, der die Böden stark beansprucht und in einigen Gegenden die Ausbreitung der Wildschweine erheblich fördert. Vor allem gegen letzteres gebe es ein Mittel, dass aber nun ebenfalls in Gefahr gerät: der Anbau von energiereichen Blütenpflanzen, der auch sonst von mancherlei Nutzen für die Kulturlandschaft wäre.
Der Fachverband sieht allerdings die Einführung neuer, ökologisch vorteilhafter Energiepflanzen vor dem Aus. "Ohne eine EEG-Vergütung für alternative Pflanzen stellen die Saatgutfirmen ihre Bemühungen ein, Alternativen zum Mais in den Markt zu bringen. Die Chance auf mehr Artenvielfalt im Feld ist damit vertan", stellt Verbandsvizepräsident Hendrik Becker fest. Becker fordert, dass "auch künftig noch Biogaskonzepte mit über 50 Prozent Gülle und Restoffen sowie einem Anteil ökologisch wertvoller Pflanzen möglich bleiben müssen."
Aber wer hätte das gedacht, Rettung naht von einem ungewöhnlichen Bündnis. Wie es aussieht bringt uns der Vorstoß gegen die Energiewende Schwarz-Grün ein wenig näher. Horst Seehofer, als CSU-Chef eigentlich Koalitionspartner in Berlin, will sich mit dem Grünen Landeschef von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, zusammentun, um Änderungen am EEG-Umbau durchzusetzen. Das Springerblatt "Die Welt" berichtet von einem "Geheimtreffen" der beiden.
Dabei hätten Kretschmann und Seehofer am Donnerstag vergangener Woche verabredet, gemeinsam die Biogasbranche zu verteidigen. Stutzig macht allerdings die Auskunft, dass sie auch für "staatliche Subventionierung von Reservekapazitäten" einsetzen wollen. Sollte der Pragmatismus der Südwestgrünen jetzt schon so weit gehen, dass sie Geld für neue Kohlekraftwerke fordern? Oder wollen sie sich auf Gaskraftwerke beschränken?
Zeitplan
Man wird sehen. Die Länder werden auf jeden Fall ein erhebliches Mitspracherecht bei der EEG-Novelle haben. Daher bereitet auch ein buntes Bündnis aus Umweltverbänden und lokalen Bürgerinitiativen für den 22. März simultane Demonstrationen in verschiedenen Landeshauptstädten vor. Bisher sind Düsseldorf, Kiel, Hannover, Mainz, Wiesbaden, München und Potsdam als Kundgebungsorte vorgesehen. Am 10. Mai sollen dann aus dem ganzen Bundesgebiet nach Berlin gefahren werden, um gegen die Pläne der Bundesregierung zu protestieren.
Das passt zu dem engen Zeitplan, den die Bundesregierung letzte Woche mit den Eckpunkten beschlossen hat. Am 9. April soll bereits das Bundeskabinett über einen Gesetzesentwurf abstimmen, der derzeit auf der Grundlage der beschlossenen Position erarbeitet wird. Im Mai und Juni soll schon der Bundestag über den Entwurf beraten, und am 23. Mai würde der Bundesrat ihn diskutieren, wenn alles nach Plan läuft.
Wie schon seinerzeit bei der Verlängerung der AKW-Laufzeiten im Herbst 2010 macht die hektische Eile mal wieder deutlich, dass den Regierenden nicht an einer breiten gesellschaftlichen Debatte gelegen ist, die bei derlei grundsätzlichen Fragen doch eigentlich angesagt sein sollte.
Wie dem auch sei, der ganze Gesetzgebungsprozess soll noch bis zur Sommerpause über die Bühne gebracht werden. Wenn die Bundesregierung sich in Parlament und Bundesrat durchsetzen kann, woran angesichts der Mehrheitsverhältnisse wenig Zweifel besteht, dann wird der Bundestag am 26. oder 27. Juni über die Novelle abstimmen und die Länderkammer am 11. Juli. Das neue EEG könnte dann schon am 1. August in Kraft treten.