EEG-Umlage wird langfristig sinken

DAPL (Dakota Access Pipeline): Bild: Tony Webster/CC BY-SA 2.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Gesetzesneuerungen 2017, umweltschädliche Subventionen und Ölpipelines im US-Wahlkampf

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Über die Erhöhung der EEG-Umlage von 6,354 Cent pro Kilowattstunde auf 6,88 Cent zum 1. Januar 2017 ist bereits berichtet worden (Strompreis: "Verlogene Kostendebatte"), ebenso über Vorschläge des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, diese Kosten künftig anders zu verteilen.

Folgt man nun einer Bewertung der Agora Energiewende, wird die EEG-Umlage ohnehin in einigen Jahren ihren Höhepunkt erreichen und danach wieder fallen: "Analog zur Entwicklung der Finanzierungskosten steigt die EEG-Umlage bis Anfang der 2020er-Jahre auf circa 7,7 Cent pro Kilowattstunde an. Infolge der sinkenden Vergütungszahlungen und der auslaufenden Förderung von Altanlagen sinkt die EEG-Umlage langfristig jedoch wieder deutlich ab und erreicht bis 2035 ein Niveau von rund 4,5 Cent pro Kilowattstunde."

Derzeit entfallen die höchsten Vergütungssätze auf die Offshore-Windenergie - von Geothermie und Biomasse abgesehen, die aber beim Zubau kaum eine Rolle spielen. Die Vergütungssätze für Onshore-Windenergie und Photovoltaik nehmen hingegen stetig ab. Die Agora Energiewende prognostiziert, dass die Kosten für Onshore von 9 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2015 auf 5,4 Cent im Jahr 2035 fallen werden, die Photovoltaik von 11,2 auf 8,5 Cent. Aber auch bei der zur Zeit noch teuren Offshore-Technik ist ein starker Rückgang von 19,7 auf 11,1 Cent zu erwarten.

Diese Zahlen sind Teil einer Gesamteinordnung der Gesetzesänderungen im Energiesektor, die wichtigsten davon das EEG 2017 und das Strommarktgesetz. Beim EEG 2017 findet in allen wichtigen Technologiebereichen ein Wechsel zu Ausschreibungen statt. Dabei wurden besondere Konditionen für Bürgerenergieprojekte beschlossen, die aber noch zeigen müssen, ob sie praxistauglich sind und Bürgerenergiegesellschaften auch weiterhin den Zugang zum Markt ermöglichen.

Interessant für die zukünftige Gestaltung des Energiesystems ist vor allem das Strommarktgesetz. Neu ist hier, dass das Netz nicht mehr bis zur möglichen Erzeugungsspitze ausgelegt werden muss, sondern die Kappung von Einspeisespitzen in Höhe von drei Prozent möglich ist. Erstmals gibt es auch regionale Einschränkungen beim Zubau von Onshore-Windkraftanlagen, wenn eine besondere Belastung der Übertragungsnetze vorliegt. Bis März 2017 muss die Bundesregierung die entsprechenden Gebiete festlegen. Zudem soll es möglich sein, überschüssigen Strom aus Erneuerbaren als Power-to-Heat in Kraftwärmekopplungsanlagen zu nutzen.

Für Teile der Stromwirtschaft habe sich die Hoffnung auf einen Kapazitätsmarkt zerschlagen. Stattdessen sollen am Strommarkt hohe Knappheitspreise ermöglicht werden, damit sich auch Investitionen in Anlagen lohnen, die nur wenige Stunden im Jahr laufen. Die Agora Energiewende rechnet in der Folge mit einer Marktkonsolidierung im Bereich konventioneller Kraftwerke, da es sich nicht lohnt, alle Überkapazitäten aufrecht zu erhalten. Ob die in Sicherheitsbereitschaft gehenden Braunkohlekraftwerke mit einer Kapazität von 2,7 Gigawatt jemals anspringen müssten, werde übrigens von Fachleuten bezweifelt. Die Reserve sei daher eher als eine klimapolitisch motivierte Stilllegungsprämie anzusehen.

Seine Klimaziele wird Deutschland bekanntermaßen wohl trotz dieses Instruments verfehlen, und zwar nicht nur im Jahr 2020, sondern auch darüber hinaus. Um bis zum Jahr 2050 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen von 80 bis 95 Prozent zu erreichen, müssten die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr viel stärker zusammen gedacht und außerdem nahezu vollständig dekarbonisiert werden, da die Emissionen in den Bereichen Landwirtschaft und Industrie noch schwieriger zu reduzieren seien. Auf die kommende Legislaturperiode würden daher wichtige energiepolitische Weichenstellungen entfallen.

Umweltschädliche Subventionen für Diesel

Im Verkehrsbereich ist der Bundesrat dabei weiter als die Bundesregierung: In einem Bundesratsbeschluss vom 23. September war davon die Rede europaweit ab 2030 nur noch emissionsfreie Pkw zuzulassen. Einem Bericht der taz zufolge kann jedoch von einem Verbot von Benzin- und Dieselfahrzeugen keine Rede sein, es geht hier lediglich um eine einheitliche EU-Steuerpolitik. Trotzdem war der Aufschrei auf verschiedenen Seiten groß.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt bezeichnete ein Aus für Verbrennungsmotoren bis 2030 als komplett unrealistisch. Und auch der baden-württembergische Landeschef Winfried Kretschmann sprach sich gegen ein konkretes Ausstiegsdatum aus der Verbrennungstechnologie aus. Damit stellt er sich auch gegen den Bundesvorstand seiner Partei, der auf dem Parteitag im November beschließen will, auf ein Verbot von Verbrennungsmotoren bis zum Jahr 2030 hinzuarbeiten.

Immerhin vom Umweltbundesamt gibt es positive Signale. UBA-Präsidentin Maria Krautzberger forderte vergangene Woche das Ende umweltschädlicher Emissionen im Verkehrsbereich bis zum Jahr 2025: "Der Staat fördert jedes Jahr mit 50 Milliarden Euro Maßnahmen, die der Umwelt zum Teil in erheblichem Maße schaden. Den größten Anteil haben seit Jahren die umweltschädlichen Subventionen im Verkehrssektor. Im Jahr 2012 betrugen sie 28 Milliarden Euro. Das behindert Investitionen in saubere Technik."

Zu den Subventionen zählen die Steuervergünstigung für Dieselkraftstoff, das Dienstwagenprivileg, die Steuerbefreiung für Kerosin und die Entfernungspauschale. Allein die Steuervergünstigungen für Diesel beliefen sich auf 7,8 Milliarden Euro pro Jahr. Für die Förderung der Elektromobilität gebe der Staat hingegen nur eine Milliarde Euro aus und das gerechnet auf mehrere Jahre bis 2020.

Bundesverkehrsminister Dobrindt versprach am Dienstag eine erste Maßnahme für mehr umweltfreundliche Mobilität: Er wolle ein Förderprogramm mit einem voraussichtlichen Volumen von 25 Millionen Euro für Radschnellwege auflegen.

Gesetz für einen Entsorgungsfonds

Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, soll sich die Bundesregierung auf einen Entsorgungspakt mit den vier Atomkraftwerksbetreibern für die Kosten des Atomausstiegs geeinigt haben. Der entsprechende Gesetzesentwurf soll am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden.

Die vier Kraftwerksbetreiber EON, RWE, Vattenfall und ENBW sollen demnach 23,55 Milliarden Euro in einen staatlichen Fonds einzahlen und würden danach nicht mehr für die Lagerung der radioaktiven Abfälle verantwortlich sein. Die Summe setzt sich zusammen aus einem Grundbetrag von 17,389 Milliarden Euro und einem Risikoaufschlag von 6,167 Milliarden Euro. Die Beiträge können in Raten bis Ende 2016 in den Fonds eingezahlt werden. Unklar ist, ob sich genau diese Zahlen in der endgültigen Version des Gesetzes wiederfinden werden. Im bisherigen Referentenentwurf stehen sie in eckigen Klammern.

Derweil versucht Vattenfall derzeit vor dem internationalen Schiedsgericht ICSID von Deutschland einen Schadensersatz in Höhe von fünf Milliarden Euro für den Atomausstieg im Jahr 2011 zu erstreiten. Die mündliche Anhörung läuft bis Ende der Woche, mit einem Urteil wird aber nicht vor dem kommenden Jahr gerechnet. Immerhin hat das ICSID gerade gezeigt, dass es auch zu Ungunsten der klagenden Unternehmen entscheiden kann. Soeben hat das Schiedsgericht eine Klage des Bergbauunternehmens Oceana Gold gegen El Salvador abgewiesen. Dem Vorgängerunternehmen Pacific Rim hatte die Regierung die Abbaulizenz verweigert, weil es Umweltauflagen missachtet hatte.

USA: Berichte über Pipeline-Proteste unerwünscht

Im US-Bundesstaat North Dakota gewinnt man derzeit den Eindruck, dass unliebsame Ereignisse totgeschwiegen werden sollen. Seit Monaten protestieren Indigene der Standing Rock Sioux sowie hunderte von Unterstützern gegen den Bau der North Dakota Access Pipeline auf dem angestammten Territorium der Indigenen. Immer wieder kommt es zu Repression und Festnahmen der Protestierenden.

Eine breitere Öffentlichkeit erfuhren die Proteste erstmals durch die Journalistin Amy Goodman von Democracy Now. Sie filmte unter anderem, wie Sicherheitspersonal Tränengas einsetzte und Hunde auf die Protestierenden hetzte. Die Berichterstattung zog eine strafrechtliche Verfolgung der Journalistin nach sich. Ursprünglich wurde der Journalistin widerrechtliches Betreten des Grundstücks vorgeworfen, erst im Nachhinein änderte Staatsanwalt Ladd Erickson die Anklage auf Landfriedensbruch.

Im Zeitungsinterview erklärte Erickson, er würde Goodman nicht als Journalistin, sondern als Protestiererin ansehen, die nur aus der Perspektive der Protestierenden berichten würde. Gestern hat das Gericht von Morton County den Strafantrag jedoch aus Mangel an Beweisen abgewiesen.

Mit schwerwiegenderen Anschuldigungen als Goodman sieht sich die Dokumentarfilmerin Deia Schlosberg konfrontiert, die ebenfalls bei Pipeline-Protesten in North Dakota drehte. Ihr wird kriminelle Verschwörung in drei Fällen vorgeworfen. Schlosberg war zugegen, als Gegner die Pipeline beschädigten, nun wird sie der Mittäterschaft beschuldigt. Ihr droht im schlimmsten Fall eine Haftstrafe von 45 Jahren.

Die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, hält sich bislang bedeckt, was den Bau umstrittener Pipelines wie Keystone XL und der North Dakota Access Pipeline angeht. Bernie Sanders hatte sich gegen letztere stark gemacht, Barack Obama hatte vor einem Jahr den Bau der Keystone XL abgelehnt, mit der Öl aus Teersanden von Kanada durch die USA transportiert werden sollte.

Clinton hat das Thema in ihrem Wahlkampf lange Zeit vermieden, bis sie im September erklärte, gegen die Verlängerung von Keystone XL zu sein. Neue Veröffentlichungen von Wikileaks lassen allerdings an der Glaubwürdigkeit dieser Äußerung zweifeln. Eine geleakte Email von Clintons Wahlkampfleiter John Podesta enthüllt, dass sich Clinton auf einem Treffen mit Gewerkschaftern im September 2015 abfällig gegenüber Umweltschützern geäußert hat, die sich gegen Fracking und den Bau von Pipelines einsetzen.