EU-Außenminister verhängen nun auch Sanktionen gegen China

Ürümqi, die Hauptstadt der autonomen Region Xinjiang. Foto: Alexander Flühmann. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Peking reagiert umgehend mit Gegensanktionen

Die EU hat nach Russland nun auch China in die Reihe der Länder aufgenommen, für die Sanktionsvorschriften gelten. Die gestern bei einer Konferenz der Außenminister der 27 Mitgliedsstaaten beschlossenen Maßnahmen beinhalten Einreise- und Geschäftsverbote gegen vier chinesische Politiker: gegen Zhu Hailun, den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden des Volkskongresses von Xinjiang, gegen Chen Mingguo, den Polizeichef dieser autonomen Region, gegen Mingshan Wang, ein Mitglied des Xinjiang-Ausschusses der chinesischen KP, und gegen Junzheng Wang, den obersten Politkommissar des "Xinjiang Produktions- und Aufbau-Korps". Außerdem gelten die Sanktionen auch für das "Sicherheitsbüro" dieses von Mao zur Entwicklung und Sicherung der Grenzregion gegründeten Korps.

Erwartet

Peking reagierte auf diese Sanktionen gestern umgehend mit Gegensanktionen. Die hatte man in Erwartung der EU-Sanktionen anscheinend schon vorbereitet. Zhang Ming, Chinas Botschafter bei der EU, hatte vorher gewarnt, man werde reagieren, wenn Brüssel die Konfrontation suche. Nun stehen fünf EU-Abgeordnete auf einer chinesischen Sanktionsliste: Der ehemalige französische Saakaschwili-Berater Raphaël Glucksmann, der bulgarische Türkenparteivertreter Ilchan Kjutschjuk, die slowakische Christdemokratin Miriam Lexmann, der deutsche Christdemokrat Michael Gahler, und der deutsche Grüne Reinhard Bütikofer.

Darüber hinaus gelten Einreise- und Geschäftsbeschränkungen für Adrian Zenz, Björn Jedsen und drei weitere Personen, die sich mit Vorwürfen zur Politik in Xinjiang exponiert hatten. An Organisationen setzte man unter anderem das Berliner Mercator Institute for China Studies (Merics), den Menschenrechtsausschuss des EU-Parlaments und den Sicherheitspolitischen Ausschuss der EU auf die Liste. Zur Begründung hieß es, die Personen und Einrichtungen würden "in böser Absicht Fake News verbreiten" und damit chinesischen Interessen zu schaden.

Stein des Anstoßes

Die EU-Außenminister begründen ihre Sanktionen mit dem Vorwurf, Uiguren in Xinjiang würden menschenrechtswidrig überwacht und in großer Zahl längere Zeit in Lagern festgehalten. Von chinesischer Seite heißt es, die Überwachung sei zum Schutz von Terroranschlägen nötig, und bei den als Lager kritisierten Einrichtungen handle es sich um Aufklärungs- und Ausbildungszentren, in denen man der Gefahr des Dschihadismus durch Bildung und wirtschaftliche Chancen begegne.

Die Uighuren sind ein moslemisches Turkvolk von etwa neun Millionen Menschen, das fast ausschließlich in der extrem trockenen und dünn besiedelten autonomen Region Xinjiang lebt. Dort stellen sie knapp die Hälfte der Bevölkerung, wobei ihr Siedlungsschwerpunkt im Südwesten liegt. Obwohl sie ihre Zahl in den letzten 50 Jahren nahezu verdoppeln konnten, ihre Sprache in den Schulen gelehrt wird, und es uighurische Zeitungen, Bücher und Rundfunksender gibt, wurden sie in die Gruppe der "bedrohten Völker" aufgenommen. Als Begründung dafür wird die chinesische Zuwanderung in die autonome Region angeführt, die sich auf den Osten und die großen Städte konzentriert.

Nachdem die international zusammengesetzten und finanzierten "Mudschaheddin" in Afghanistan die Russen vertrieben und die Regierung gestürzt hatten, begannen sie teilweise uighurische Separatisten im nahe gelegenen Xinjiang zu unterstützen. Seitdem gibt es dort Terroranschläge. Bevorzugte Opfer waren Uighuren in hohen Verwaltungspositionen und Imame, die man beschuldigte, mit Peking zusammenzuarbeiten. Aber auch ganze Busse wurden in die Luft gesprengt (vgl .Chinas Terrorproblem).

Mit USA abgesprochen

Das Vorgehen der EU-Länder gegen China dürfte mit den USA abgesprochen sein, die ebenfalls Sanktionen verhängten. Ihr Außenminister Antony Blinken reiste gestern nach Brüssel, wo er heute und morgen am Treffen der Nato-Außenminister teilnimmt. Außer um China und um Russland wird es dabei vor allem um den Afghanistaneinsatz gehen, den der neue US-Präsident Joseph Biden verlängern könnte (vgl. Lawrow: Afghanen müssen selbst für Frieden sorgen). Seinen Verteidigungsminister Lloyd Austin ließ Biden am Sonntag nach Kabul fliegen.

Neben den fünf Chinesen setzten die EU-Außenpolitiker auch elf Politiker aus Myanmar auf ihre Sanktionsliste. Hier hatte das Militär, das das Land bereits von 1988 bis 2010 regierte, dem Parlament im Februar die Macht entzogen (vgl. Partei Aung San Suu Kyis gewinnt Parlamentswahl in Birma). Seitdem kommt es zu Demonstrationen, bei denen zahlreiche Menschen ums Leben gekommen sein sollen.

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