EU-Finanzminister wollen faule Kredite mit neuen Bad Banks kaschieren

Seite 2: Wer wird Mario Draghis Nachfolger?

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Mindestens ebenso wichtig wie die Entscheidungen der EU-Finanzminister sind für die Bank- und Staatsschulden die des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB). Dessen Neuwahl hat zwar theoretisch bis zum Ablauf der Amtszeit des ehemaligen Goldman-Sachs-Bankers Mario Draghi am 31. Oktober 2019 Zeit, aber der "Vorwahlkampf" hat bereits begonnen: Dass italienische Medien dafür den deutschen Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann ins Spiel bringen, soll den Kandidaten, der sich in der Vergangenheit mehrfach gegen die Geldschwemme- und Negativzinspolitik Draghis einsetzte, möglicherweise "beschädigen", wie Rainer Hank in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) meint.

Das von Hank vermutete Motiv dafür wäre, dass im Falle einer ausreichenden Beschädigung Weidmanns der französische Notenbankpräsident François Villeroy de Galhau EZB-Präsident wird. Der würde seinen bisherigen Verlautbarungen nach eher als Weidmann Mario Draghis Geldpolitik fortführen. Diese Politik schadet Sparern, kommt aber der aktuellen italienischen Regierung nicht nur durch die niedrigen Zinsen, sondern auch durch das insgesamt 1.700 Milliarden Euro schwere EZB-Ankaufprogramm von Staats- und Unternehmensanleihen sehr entgegen.

Wahlen könnten grundlegende Änderungen bringen

Weidmann, dessen Amtszeit bei der Bundesbank noch bis April 2019 läuft, gibt zu einer möglichen Kandidatur offiziell keine Kommentare ab, äußert sich in letzter Zeit aber weniger streng über Draghis Quasi-Lire-Politik. Damit macht er sich entweder für Gegner aus Südeuropa potenziell wählbarer - oder er hat tatsächlich seine Position geändert. Beantworten lässt sich diese Frage genau so wenig wie die, ob Donald Trumps Tomahawk-Schlag in Syrien ein vor allem innenpolitisch motivierter taktischer Befreiungsschlag oder der Anfang einer Politik war, wie sie seine Wähler eher von Hillary Clinton erwartet hätten.

Schwer vorhersagbar ist die künftige Geldpolitik der EZB aber auch deshalb, weil der Präsidentenposten in Hinterzimmern ausgeklüngelt wird - von Staats- und Regierungschefs, die bald ganz andere sein könnten als die amtierenden: In Frankreich reicht das Spektrum der möglichen neuen Staatspräsidenten vom Ex-Banker, Soros-Schützling und Merkel-Fan Emmanuel Macron über den Thatcheristen François Fillon bis hin zur Front-National-Kandidatin Marine Le Pen, die aus dem Euro aussteigen und zum Franc zurückkehren möchte. In Italien führt derzeit Beppe Grillos M5S die Umfragen an - eine Bewegung, die das Volk direkt über die Währung entscheiden lassen will. Und in Deutschland könnte im September der ehemalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz mit einer rot-rot-grünen Parlamentsmehrheit an die Macht kommen.

Inwieweit sich Schulz' währungs- und personalpolitische Vorlieben von denen der amtierenden Kanzlerin Angela Merkel unterscheiden, ist allerdings insofern offen, als Mario Draghi 2011 angeblich nur deshalb EZB-Präsident werden konnte, weil die CDU-Politikerin damals Bundesbankchef Axel Weber, der zusammen mit dem Portugiesen Vítor Constâncio ein Team bilden sollte, die nötige Unterstützung versagte - worauf hin Weber lieber eine Professur in Chicago annahm.

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