EU-Kommission will Amalgam verbieten: Konsequenzen für Patienten und Zahnmedizin

(Bild: Patrick Köhler, Pixabay)

EU-Kommission plant, das bestehende Quecksilberverbot auf Zahnfüllungen auszuweiten. Kritik kommt aus Deutschland. Warum man die zahnmedizinische Versorgung gefährdet sieht.

Jeder dritte Deutsche hat mindestens eine Zahnfüllung aus Amalgam. Amalgam besteht zu 50 Prozent aus Quecksilber, das in einer Legierung mit Silber, Kupfer, Zink und Zinn gebunden ist.

Im Seitenzahnbereich übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen aufgrund des sogenannten Wirtschaftlichkeitsgebots in der Regel nur die Kosten für Amalgamfüllungen. Amalgam enthält jedoch giftiges Quecksilber.

Befindet sich die Füllung im Zahn, darf die Quecksilberbelastung die Belastung durch den Verzehr bestimmter Fische nicht überschreiten. Beim Ein- und Ausbau von Amalgamfüllungen sind jedoch strenge Vorsichtsmaßnahmen zu beachten, die unter anderem sicherstellen, dass der Patient keine Amalgamstücke verschluckt.

Quecksilberdämpfe entstehen eine Stunde nach dem Legen einer Füllung bis zu deren Aushärtung und nochmals beim Entfernen der Füllung durch die Reibungswärme des Bohrers. Bei Schwangeren und Stillenden sind Arbeiten an Amalgamfüllungen seit fünf Jahren nicht mehr indiziert.

Selten thematisiert wird das Problem, dass alte Amalgamfüllungen unter bestimmten Umständen Risse in der darunter liegenden Zahnsubstanz verursachen können. Diese Risse entstehen durch das Ausdehnungsverhalten der Füllungen. So schont eine Amalgamfüllung zwar zunächst das Budget der Krankenkassen, verursacht aber langfristig erhebliche Folgekosten für den Patienten.

In der Vergangenheit kam es nicht selten zu sogenannten elektrochemischen Wechselwirkungen zwischen den Füllungen, die zu einem unangenehmen Stromfluss im Mund führen konnten. Durch den vermehrten Einsatz von Keramik und Kunststoff ist dies seltener geworden.

Als Alternativen zu Amalgamfüllungen werden heute unter UV-Licht aushärtende Kunststoffe, nichtmetallische Keramiklegierungen oder Metalllegierungen aus Edelmetallen wie Gold verwendet. Zu den möglichen Risiken von Zahnersatzmaterialien ohne Amalgam liegen jedoch noch keine Ergebnisse aus Langzeitstudien vor. Daher können Risiken für diese Zahnfüllungen nicht sicher ausgeschlossen werden.

Keine Belege, dass kleinste Mengen von Quecksilber Krankheiten auslösen können

Das Robert Koch-Institut (RKI) sieht keine Belege dafür, dass geringste Mengen Quecksilber die Entstehung von Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson, ALS, Autismus, Multiple Sklerose oder Hormonstörungen begünstigen. Ein Restrisiko sieht das RKI allerdings darin, dass schlicht die Daten fehlen, um das Risiko objektiv beurteilen zu können.

Von der RKI-Kommission "Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin" wurde bereits 2007 folgende Mitteilung veröffentlicht:

Aus Amalgamfüllungen wird Quecksilber in geringen Mengen freigesetzt. Dentalamalgam ist neben dem Fischverzehr die Hauptquelle für die Quecksilberaufnahme beim Menschen. Von der zahnmedizinischen Anwendung von Amalgam gehen gesundheitliche Risiken aus, die wie bei jedem Medizinprodukt gegen den Nutzen abgewogen werden müssen.

Während die mit Amalgam verbundenen gesundheitlichen Risiken von den meisten Experten als gering und von der Nutzen-Risiko-Abschätzung her eher als vernachlässigbar eingeschätzt werden, gibt es auch abweichende Auffassungen. Hiernach bestehen schon bei den sehr niedrigen amalgambedingten Quecksilberexpositionen nicht tolerierbare Gesundheitsgefährdungen.

[…] Außerdem wird im Rahmen internationaler Bemühungen auch eine Reduktion der Quecksilberbelastungen der Umwelt und in diesem Zusammenhang auch eine Minimierung der durch die zahnmedizinische Verwendung von Amalgam bedingten Quecksilbereinträge angestrebt.

Ein weiterer Bereich neben der Zahnmedizin, in dem Quecksilber eingesetzt wird, ist die gerade in Deutschland weit verbreitete Homöopathie. Hier befürchten die Hersteller homöopathischer Arzneimittel, dass bei einem weitreichenden Quecksilberverbot viele entsprechende Medikamente vom Markt genommen werden müssten.

EU will Quecksilberverbot ausdehnen

Quecksilber ist ein giftiges Schwermetall, das sowohl natürlich vorkommt und etwa in Stauseen aus dem Untergrund ausgewaschen wird, als auch durch die Verbrennung von Kohle oder Heizöl in die Umwelt gelangt.

Am 14. Juli 2023 hat die EU-Kommission einen Verordnungsentwurf veröffentlicht, der ein Verbot von Dentalamalgam vorsieht, für das in der EU derzeit jährlich 40 Tonnen Quecksilber verbraucht werden. Wird die Verordnung verabschiedet, gilt das Verbot ab dem 1. Januar 2025.

In Brüssel sieht man nicht nur die punktuelle Belastung durch den Kontakt mit Quecksilber, sondern auch das Problem der Anreicherung. Wenn Quecksilber in die Umwelt gelangt, gelangt es unweigerlich in die Nahrungskette, wo es sich anreichert. Eine hohe Quecksilberbelastung kann das Gehirn, die Lunge, die Nieren und das Immunsystem des Menschen schädigen.

Nach dem in der EU geltenden Vorsorgeprinzip müssen Stoffe, die eine Gefahr für Leben und Umwelt darstellen, aus dem Verkehr gezogen werden. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) sehen jedoch im Falle eines EU-Dentalamalgamverbots die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland gefährdet.

"Derzeit steht kein plastisches Füllungsmaterial zur Verfügung, das den Einsatz von Amalgam in allen Indikationsbereichen überflüssig machen würde", heißt es etwa bei der KZBV. Zudem könnte sich nach einem Verbot die Zahnbehandlung zu einem sozialen Problem entwickeln. Denn Kassenpatienten sind nur dann von der Zuzahlung befreit, wenn ein erprobtes Alternativmaterial zur Verfügung stehe. Die EU-Kommission erkläre zwar pauschal, es gebe quecksilberfreie Alternativen, aber in Wirklichkeit seien nicht ausreichend Daten verfügbar.

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