EU-Parlament: Mehrheit genehmigt von der Leyen

Ursula von der Leyen im EU-Parlament. Bild: © Europäische Union - Referat Audiovisuelle Medien

Mit 383 Stimmen erhielt die Deutsche 39 weniger als Jean-Claude Juncker 2014

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Heute am frühen Abend genehmigte im Europaparlament eine Mehrheit von 383 Stimmen die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als neue Präsidentin der EU-Kommission. Da die Abstimmung geheim war, ist nicht ganz klar, aus welchen Fraktionen sich diese Mehrheit zusammensetzt. Die 182 Christdemokraten hatten sich aber bereits im Vorfeld offen hinter sie gestellt. Bei den Liberalmacronisten hatte sie bei einer Probeabstimmung 104 von 108 Stimmen bekommen - darunter die der FDP, aber nicht die der Freien Wähler.

Von den restlichen 93 Stimmen dürfte der Löwenanteil aus der 153-köpfigen sozialdemokratischen S&D-Fraktion gekommen sein, die kurz vor der Abstimmung ebenfalls ihre mehrheitliche Unterstützung für von der Leyen bekannt gegeben hatte. Die 16 deutschen und die fünf österreichischen Sozialdemokraten wollten aber gegen die Frau mit der auffälligen Frisur stimmen.

Ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass das heutige Abstimmungsergebnis für die vom steuerfinanzierten Auslandssender Deutsche Welle sehr offen unterstützte Deutsche keine sehr große Überraschung mehr war, ist ihr "unabhängig vom Ausgang der Abstimmung" angekündeter Rücktritt als Bundesverteidigungsministerin, der Morgen von Statten gehen soll. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nach dieser Ankündigung gemeint, das freue sie und so kenne sie von der Leyen auch:

Als Frau, die sich mit "Verve" und mit ihrer ganze Kraft für eine "neue Etappe ihres Lebens" entscheidet und einsetzt. Dazu, wer ihr im Bundesverteidigungsministerium nachfolgen wird, wollte Merkel nichts sagen. Im Gesprächs sind bislang unter anderem Jens Spahn, Peter Tauber, Johann Wadephul, Henning Otte und eine größere Personalrochade (vgl. Wer wird Ursula von der Leyens Nachfolger?).

"Grand débat"

Ihre Versprechen, die von der Leyen letzte Woche den Liberalmacronisten und den Sozialdemokraten im EU-Parlament gab (vgl. Gemeinsame Armee und abgeschafftes Einstimmigkeitsprinzip), hatte sie vor der Abstimmung noch schriftlich und mündlich konkretisiert und etwas ausgebaut. So will sie beispielsweise einen "Bürgerdialog" starten und "wichtige Vorschläge" daraus aufgreifen. Ein Vorhaben, das etwas an Emmanuel Macrons "Grand débat" erinnert, bei der selbstverständlich der Politiker entschied, was als "wichtig" gilt, und was nicht (vgl. Macrons Gelbwesten-Rede: Viele Versprechen, wenig Konkretes).

Andere Vorhaben, die eng mit dem französischen Staatspräsidenten abgesprochen wirken, sind eine "europäische Arbeitslosenrückversicherung" (deren Auszahlungen nicht direkt an die Arbeitslosen, sondern an die Staatsführungen von Mitgliedländern fließen sollen), eine "Armee der Europäer" (die sie nicht "europäische Armee" genannt wissen will) und ein Ende des Einstimmigkeitsprinzips in der Außenpolitik und in Militärfragen. Außerdem will sie außer mit Nordmazedonien auch mit Albanien Beitrittsverhandlungen beginnen und den Klimaschutz in Freihandelsverträge aufnehmen.

Der Brüsseler Sir Humphrey Appleby muss gehen

Ein mögliches Zugeständnis, das hinter verschlossenen Türen verhandelt worden sein könnte, ist der gestern bekannt gewordene Rückzug des umstrittenen hohen Kommissionsbeamten Martin Selmayr (vgl. Selmayrgate). Er galt als "graue Eminenz" von Jean-Claude Juncker. Außerdem wurde spekuliert, der Nachfolger des Luxemburgers werde vielleicht nur Selmayrs Fassade sein (vgl. Weber will als EU-Kommissionspräsident Nord Stream 2 blockieren) - ähnlich wie Minister James Hacker die von Sir Humphrey Appleby in der ausgesprochen sehenswerten Serie Yes Minister.

Dass sie umstritten ist, kann man allerdings auch von Ursula von der Leyen selbst sagen: Die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr entwickelte sich während ihrer Amtszeit nicht unbedingt vorteilhaft (vgl. Verträge der Bundeswehr verbieten ihr das Reparieren von Waffen),. Als Familienministerin propagierte sie internetpolitische Instrumente, die Beobachtern die Wahl zwischen der Annahme mangelnder Kompetenz und Mutmaßungen über ein absichtliches Äußern von Unwahrheiten ließen (vgl. Die dreizehn Lügen der Zensursula). Und den nicht minder bemerkenswerten Karriereweg der CDU-Politikerin aus der Albrecht-Dynastie hat Antje Schmelcher in diesem Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung nachgezeichnet.

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