EU wird zur Kriegspartei: Die Stunde von der Leyens

Bild: © European Union 2019 – Quelle: europäisches Parlament/CC BY 2.0

Die Falken sind obenauf: Aufrüstung der Ukraine und Wirtschaftskrieg gegen Russland. Der Erfolg muss sich aber in der Diplomatie zeigen: In der Begrenzung und schnellen Beendigung des Kriegs

Es gibt viel Jubel im Moment für die EU, die sich angesichts der russischen Invasion der Ukraine einig und entschlossen zeigt und zu Mitteln greift, die in ihrer Geschichte beispielslos sind.

So gibt es vom Fonds der Europäischen Friedensfazilität (EFF) eine halbe Milliarde Euro, um die Ukraine militärisch aufzurüsten und ihre Streitkräfte zu unterstützen - einschließlich tödlicher Waffen ("zum ersten Mal"), was die EU zu einer Kriegspartei macht.

Gegen russische Flugzeuge, ob von Fluggesellschaften, von Privatleuten, Firmen, Organisationen oder Einrichtungen, ob gechartert oder "anderweitig kontrolliert", wurden Überflug-, Start- und Landeverbote ausgesprochen.

Auch das Verbot, "mit der russischen Zentralbank oder einer juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handelt, Transaktionen durchzuführen", ist eine neue Dimension. Nach Einschätzung eines Experten der Kriege und Krisen im Nahen Osten (Syrien und Libanon) ist eine solche Maßnahme gegen eine Zentralbank eskalierendes Element eines Wirtschaftskriegs.

Die Sanktionierung der Zentralbank eines Landes ist gleichbedeutend mit dem Abwurf einer digitalen Atombombe.

Ehsani 22

Es gab noch andere Maßnahmen. Die letzten Tage waren historisch, wie einem erregte Stimmen von überallher zuriefen, und das gibt auch Gelegenheiten für Politiker, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen und sich zu profilieren. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen nutzte den Moment für die Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine – oder, je nach Betrachtung, für ihre ganz eigene Eskalationsdominanz.

In Washington kann man sich über den Partner freuen. Sie spreche alles mit US-Präsident Biden ab, der wiederholt einen “Kriegsrat” mit ausgewählten EU-Chefs einberief, wie EU-Korrespondent Eric Bonse berichtet. Und sie handelt unabhängig von herkömmlichen Strukturen, ganz wie es passt.

Sonderprozedur: EU-Beitritt der Ukraine

So sprach sie sich für einen EU-Beitritt der Ukraine aus, der ukrainische Präsident Selenski soll auf eine schnelle Entscheidung über eine neue Sonderprozedur gedrängt haben. Laut Eric Bonse sorgt das für Wirbel in Brüssel, denn bisher habe es nur ein Assoziierungsabkommen gegeben. Die Ukraine sei noch "nicht einmal offizieller Beitrittskandidat":

"Von der Leyen kann über einen Beitritt auch nicht allein entscheiden. Auf Nachfragen ruderte ihr Sprecher denn auch wieder zurück. Die Ukraine habe eine Beitrittsperspektive, mehr nicht, sagte er."

Darüber hinaus plädiert die EU-Kommissionspräsidentin für ein Verbot der russischen Sender Russia Today (RT) und Sputnik. Was autoritäre Systeme können, bringen auch demokratische Wertesysteme zustande: nach Gutdünken der Führungen ausgewählte Informationsangebote… Wollte die westliche Gemeinschaft sich da nicht unterscheiden und es freiheitlicher und besser machen, weil man genau das kann?

Die EU-Kommission befürwortet die Zensur, damit die "russischen Staatssender keine Lügen mehr verbreiten können, um Putins Krieg zu rechtfertigen".

Kriegsflüchtlinge: Neue Willkommenskultur

Zum EU-Ukraine-Paket gehört auch die Ankündigung der EU-Innenminister, Flüchtlinge aus der Ukraine unbürokratischen und schnellen Schutz zu gewähren, ein guter Anfang für eine "neue Willkommenskultur", kommentiert Marc Felix Serrao von der NZZ.

Ukrainischen Flüchtlingen würde bis zu drei Jahre lang Asyl gewährt - auf der Grundlage eines Rechtsinstruments, "das zwar existiert, aber noch nie angewandt wurde", berichtet der britische Guardian und nennt dies wegen der in den Jahren seit 2015 so starken Widerstände in der Gemeinschaft gegen Schutzsuchende die "zweite heilige Kuh", die die EU nun so entschlossen geschlachtet habe.

"Wir (Europa) werden Alle aufnehmen", verspricht die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Wie es derzeit aussieht, machen die osteuropäischen Länder Polen, Rumänien, Moldau, Slowakei, Ungarn mit.

"Ich denke, wir werden uns auf Millionen vorbereiten müssen", so die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson beim Sondertreffen der EU-Innenministerinnen und Innenminister in Brüssel.

Jeder wird mit offenen Armen empfangen, der vor Putins Bomben fliehen muss.

Ursula von der Leyen