Ein Besuch im "Café am Rande der Welt"
Seite 2: Hoffen, Glauben, nicht Aufgeben!
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Die hier erwähnten Theorien (Plural) laufen nun auf die spekulative wie spektakuläre Erklärung (Singular) hinaus, dass dann, wenn man nur genügend Menschen von seinen Plänen und Vorhaben erzählt, die das jeweils ihren Freunden und Bekannten weitererzählen, es so zu einer exponentiellen Verbreitung kommt und sich schließlich von selbst Menschen melden, die einem bei der Verwirklichung seiner Ideen weiterhelfen.
Das enthält erstens eine überprüfbare Aussage darüber, wie wir miteinander kommunizieren, und zweitens eine Vermutung, wie Fremde reagieren. Letzteres zuerst: Natürlich würde nie im Leben jemand auf den Gedanken kommen, die gute Idee eines Anderen zu stehlen und stattdessen selbst zu verwirklichen. So etwas passiert nur in Fernsehserien.
Und zur These der exponentiellen Verbreitung haben wir heute soziale Medien, die das auf einen Blick beantworten: Die Meisten von uns können doch schon froh sein, wenn ein Bericht ein paar Dutzend Male geliket und dann vielleicht sogar noch ein paarmal geteilt wird. Bei mir ist da jedenfalls nichts exponentiell.
Vielleicht schwant so manchem inzwischen, dass uns hier auf ziemlich dünnem Eis eine vor allem in den USA beliebte, den Verkaufszahlen zufolge inzwischen aber auch in Deutschland gangbare Pop-New-Age-Philosophie untergeschoben wird: Natürlich landen wir im Café und nicht mit leerem Tank in der Pampa, wenn wir nur lange genug weiterfahren, natürlich treffen wir dort nur auf wohlwollende Menschen, die ihre Lebensweisheiten einfach so mit uns teilen, natürlich gibt es dann die Tankstelle um die Ecke und natürlich ist auch die richtige Auffahrt nicht mehr weit.
New Age und New Thought
Mit anderen Worten: Alles ist möglich; und wir müssen nur fest genug daran glauben, dann passiert es. Dieses Denken hat in den USA eine lange Tradition und die New-Age-Bewegung wohl aus der älteren New-Thought-Bewegung übernommen, die schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts populär wurde. Dieser lange Zeitraum lässt uns auch den Schluss ziehen, dass diese Ideologie vor allem ihre Vertreter reich macht, aber sich am Leben der restlichen Menschen kaum etwas ändert. Sonst müssten wir ja schon lange im Paradies auf Erden leben.
Dazu ein aussagekräftiger Fundort im Buch:
Und außerdem kann niemand einen Menschen daran hindern oder ihn in die Lage versetzen, all das zu erreichen und zu tun, was er im Leben möchte. Wir alle bestimmen unser Schicksal selbst.
Mike im Gespräch mit John, Position 1255 im eBook
Das mag stimmen - bis uns eben etwas an der Erfüllung unserer Wünsche hindert: sei es eine Krankheit, ein Unfall, ein Verbrechen, eine Krise oder ein anderes Ereignis, über das wir wenig oder gar keine Kontrolle haben.
Die im Buch vermittelte Denkweise hat aber auch noch eine Schattenseite: Sie macht uns nämlich nicht nur für unser Glück, sondern auch für unser Scheitern vollständig verantwortlich. Mit anderen Worten sind dann diejenigen, die ihr Schicksal nicht selbst bestimmen können, die nicht das erreichen und tun können, was sie im Leben möchten, selbst schuld. Versager. Welch ein bitteres Los!