Ein Signal an Obama und Merkel
Seite 2: "Das wäre das Ende der Demokratie"
Sondergerichte haben in hochentwickelten Rechtsstaaten nichts zu suchen, unterstrich auch Umweltschützer Hubert Weiger. "Wenn wir das akzeptieren, ist das das Ende der Demokratie." Angela Merkel hat geschworen, sich für das Wohl des Volkes einzusetzen, nicht für die Interessen der Konzerne, sagte er weiter. Da sie das nicht tue, brauchten wir mehr direkte Demokratie. Es gehe bei TTIP eben nicht um fairen Handel, sondern um Gewinnmaximierung zulasten der Gesellschaften, der Umwelt und zukünftiger Generationen.
Merkel und Obama zerstörten mit TTIP alles, was sie mit dem Pariser Klimaschutzabkommen vor einem halben Jahr selbst noch auf den Weg gebracht hatten, sagte der BUND-Vorsitzende. Auch der Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hatte dies vor kurzem kritisiert.
Nur noch 17 Prozent der Deutschen wollen TTIP
Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis warnte vor der Übernahme nur schwach ausgeprägter US-Arbeitnehmerrechte. "In den USA endet die Demokratie meist am Werkstor", kritisierte sie. Das Land habe nur zwei der acht Kernarbeitsnormen der ILO ratifiziert, nämlich die gegen Sklaven- und Kinderarbeit. In 25 US-Bundesstaaten werde offen mit Gesetzen gegen Gewerkschaften gekämpft und in vielen US-Werken - auch in denen deutscher Firmen wie Volkswagen oder Telekom - würden Betriebsräte verhindert.
"Wir werden jedes Abkommen ablehnen, das Arbeitnehmerrechte gefährdet", rief Kocsis. Wirtschaft dürfe Demokratie nicht ersetzen. Die Politik besiegelt ihre eigene Abschaffung, wenn sie für TTIP und CETA stimme. "So etwas darf nicht unterschrieben werden." Die Zustimmung zu TTIP innerhalb der deutschen Bevölkerung liege nach Zahlen der Bertelsmann-Stiftung nur noch bei 17 Prozent. Früher habe die Zustimmung noch bei rund 50 Prozent gelegen. Anteil daran habe auch die Aufklärung und die Demonstrationen des Bündnisses.
Ausgerechnet ein Sozialdemokrat
Obama und Merkel könnten sich noch so oft hinter verschlossenen Türen treffen, sagte Demo-Organisator Christoph Bautz von Campact. "Ihr kommt damit nicht durch." TTIP und CETA seien unamerikanisch und anti-europäisch, weil sie deren gemeinsamen Grundwert der Demokratie verletzten.
Mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gefährde ausgerechnet ein Sozialdemokrat Errungenschaften, die Generationen der Arbeiterschaft erkämpft hätten, kritisierte Bautz. "Herr Gabriel, wir machen hier eigentlich ihren Job und verteidigen die Demokratie." Er appellierte an "die kritischen Geister an der SPD-Basis" bei einem Sonderkonvent der Partei im Herbst, nein zu TTIP zu sagen. Zudem forderte er von Grünen und Linken, die an zwölf von 16 Landesregierungen beteiligt sind, im Bundesrat gegen die Freihandelsabkommen zu stimmen.
SPD-Sprecher wird ausgebuht
Tobias Pflüger (Linke) kündigte auf der Bühne denn auch an, dass sich die Landesregierungen Thüringens und Brandenburgs im Bundesrat der Stimme enthalten werden, weil die Linke als Koalitionspartner gegen TTIP sei. "Das Abkommen ist ein Brandbeschleuniger für den Abbau von Arbeitnehmerrechten." Er bezeichnete TTIP als "Wirtschafts-Nato". Auch Simone Peter, Bundesvorsitzende der Grünen versprach, Standards zu schützen und "in den Parlamenten" gegen TTIP zu stimmen.
SPD-Mann Matthias Miersch hingegen wurde von den Zuhörern heftig ausgebuht, als er rief, die SPD nehme die roten Linien sehr ernst. Als er sagte, man könne der SPD das Vertrauen aussprechen, erntete er massenhaft höhnisches Lachen, Kopfschütteln und weitere Buhrufe. Die Moderatoren forderten die Menschen auf, ihn ausreden zu lassen, da er als SPD-Linker ja eigentlich auf ihrer Seite stehe.