Eine Terroristen-Master-Liste soll den Informationsfluss verbessern

Die Bush-Regierung will mit einem "Terrorist Screening Center" die Terrorabwehr stärker zentralisieren, aber vermehrt dabei weiter den Überwachungsüberbau

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Die US-Regierung führt die Anschläge vom 11.9. auf das Versagen der Geheimdienste und der Polizei und deren mangelnde Zusammenarbeit zurück. Neue Behörden, mehr Geld und Personal, Zentralisierung, verbesserter Informationsfluss zwischen den Behörden und Ausbau der Datenerhebung und -auswertung sollen dazu führen, das Land besser vor Terroristen zu schützen (Alles für den Schutz der Freiheit). Jetzt wurde wieder eine neue Behörde eingerichtet, die eine zentrale Liste mit Terrorverdächtigen erstellen soll.

Mindestens 12 unterschiedliche Liste mit den Namen von Terrorverdächtigen und anderen Personen, die nicht in das Land einreisen oder ein Flugzeug besteigen dürfen, gibt es bei den US-Behörden. Die Listen aber werden zum Teil nicht abgeglichen, manchmal ist ein Austausch mit anderen Behörden gar nicht vorgesehen. Zudem verhindern veraltete Technologie und Konkurrenz zwischen den Behörden den Informationsfluss. Daher weiß oft die eine Hand nicht, was die andere macht. Als Beispiel wird der Fall genannt, dass zwei der Flugzeugentführer vom 11.9. einreisen und in San Diego leben konnten, obwohl die CIA sie als mögliche Terroristen führte. Weil die anderen Behörden davon aber keine Kenntnis gehabt hätten, konnten sie ungestört ihren Tätigkeiten nachgehen.

Neben dem Ausbau der Überwachung und der Erhebung von mehr Daten, wie das etwa durch die umstrittene Datenbank im Rahmen von TIA (Terrorist Information Awareness) oder von CAPPS 2 zur Geltung kommt (Zuerst die ganz Bösen, dann die weniger Bösen), setzt die US-Regierung alles daran, um die gesetzlichen, behördlichen und technischen Grundlagen für eine bessere Kommunikation und einen ungehinderten Informationsfluss zwischen den Behörden zu schaffen. Die Einrichtung des Ministeriums für Heimatschutz ist eine Folge dieser Zentralisierung (Und die Lösung ist: ein neues Ministerium), das Patriot-Gesetze erweiterte nicht nur die Abhörmöglichkeiten, sondern ermöglichte auch den Informationsaustausch zwischen der CIA und dem FBI (USA: Freier Informationsfluss zwischen Geheimdiensten und FBI).

Das nun angekündigte Terrorist Screening Center (TSC) ist beim FBI angesiedelt und soll die Abteilung Information Analysis and Infrastructure Protection (IA/IP), die beim Heimatschutz zum Schutz der Infrastruktur gegründet wurde, das der CIA unterstehende Terrorist Threat Integration Center (TTIC) (Noch ein Geheimdienst) und die Foreign Terrorist Tracking Task Force des FBI ergänzen. Allein die Zahl der neuen übergeordneten Einrichtungen mag den Zweifel erwecken, ob dadurch der Informationsfluss tatsächlich besser organisiert wird oder man nicht nur Aktivismus nach außen praktiziert.

Das TSC hat jedenfalls die Aufgabe, die Terrorlisten zu überprüfen, zu aktualisieren und landesweit zu vereinheitlichen. Die Liste soll allen Behörden und Sicherheitskräften im In- und Ausland Tag und Nacht zur Verfügung stehen, um schnell handeln zu können, "wenn ein verdächtiger Terrorist überprüft oder festgehalten wird". Die Einrichtung des TSC wird als "ein weiterer wichtiger Schritt nach vorne in der Strategie des Präsidenten George W. Bush" angepriesen, "die Gemeinden und Familien Amerikas durch Entdecken, Stören und Verhindern von terroristischen Bedrohungen zu schützen". Mit der ständig aktualisierten Liste will man Terroristen stoppen, so Justizminister Ashcroft, "bevor sie einen Anschlag starten". Als Grundlage der neuen Master-Liste wird die vom Außenministerium unter Mithilfe der CIA zusammengestellte TIPOFF-Liste benutzt, die die Namen von über 100.000 "potenziellen Terroristen" enthält.

Auf die Liste, die den Sicherheitskräften an Flugplätzen oder an Grenzen, den FBI-Mitarbeitern oder Botschaftsangehörigen zur Verfügung stehen soll, könnte möglicherweise auch gegenüber Privatunternehmen geöffnet werden. Als Beispiel werden Betreiber von Fluglinien oder AKWs genannt, die neue Mitarbeiter vor der Einstellung überprüfen könnten. Dass jetzt schon auf der CAPPS-Überwachungsliste für Flughäfen auch Kriegsgegner geführt wurden, lässt bei Bürgerrechtsorganisationen Bedenken entstehen, dass auf die Liste nicht nur Terroristen kommen, sondern sie auch anderen Zwecken dienen könnte.

Genaue Kriterien, nach denen "potenzielle Terroristen" bzw. "bekannt und verdächtige Terroristen" für die Liste identifiziert werden, wurden über die Formulierung im Präsidentenerlass nicht angegeben: "individuals known or appropriately suspected to be or have been engaged in conduct constituting, in preparation for, in aid of, or related to terrorism". Auf die Liste kommen nicht nur ausländische Terroristen, sondern auch inländische. Larry Mefford, Leiter der FBI-Antiterrorabteilung, sagte, dass man noch nicht wisse, nach welchen Kriterien dabei vorgegangen werden soll. Die Frage wird auch sein, welche Möglichkeiten Menschen haben, die versehentlich oder fälschlich auf die Liste gelangten, ihren Namen wieder löschen zu lassen. Nach dem 11.9. kam es hier zu zahlreichen Fehlgriffen.