Eine bessere Welt er-shoppen
Unternehmensqualität als Kaufentscheidungskriterium - gibt es Fortschritte?
"Corporate Social Responsibility - Eine Strategie zur Steigerung des Unternehmenswerts?" hieß eine Tagung des IMUG vor kurzem in Hannover, die das Thema "gute Unternehmen" wieder einmal zur Sprache brachte. Konkrete Fortschritte, die von den Verbrauchern auch nutzbar wären, gibt es allerdings noch nicht.
Wie schafft man es, im globalen Spätkapitalismus und unter der Randbedingung des gegenwärtigen "Politikversagens" (Politik ist nur mehr unzureichend in der Lage, Wirtschaft gemeinwohlorientiert zu entwickeln) doch noch zu einer längerfristig sinnvollen Entwicklungsrichtung zu kommen? Nämlich eine, die zu Umweltschonung und Sozialverträglichkeit führt. Das ist übrigens ja auch die Fragestellung hinter den Aktivitäten etwa von ATTAC, dem Nachhaltigkeitsrat und anderen Selbstorganisationen und Institutionen.
Alte Randbedingungen
Wir kennen das aus der Umweltschutzdiskussion der 70er und 80er Jahre. Alles wird gut, wenn nur der König Kunde will, haben damals die Einwegpackungshersteller und Verpackungsverschwender argumentiert. Wenn die Verbraucher umweltfreundlich sind, kaufen sie Mehrwegpackungen statt Einweg - am Mülldesaster sind die Konsumenten alleine schuld. Eine zynisches Argument dann, wenn die Hersteller nur mehr Getränkedosen und Plastikflaschen anbieten.
Mittlerweile geht es nicht nur um umweltfreundliche Produkte, sondern auch um sozialverträgliche und ökologisch orientierte Herstellung, um Ethik am Markt. Mehrheitlich hätten das die Menschen gern, trotz allem persönlichen Egoismus im Zusammenhang mit Konsum, Wirtschaft und Geld. Also: zum guten Produkt das gute Unternehmen beim Shopping kaufen.
Neue Randbedingungen
Unter gewissen Randbedingungen geht das auch. Wenn Verbraucher wissen, welche Unternehmen gut sind, also ökoorientiert und sozialverträglich herstellen, dann bezieht dies eine mehr oder weniger große Gruppe in ihre Kaufentscheidung mit ein.
Die Vorarbeiten dazu gibt es. Das IMUG (Institut für Markt - Umwelt - Gesellschaft) hat ein Unternehmenstest-Konzept entwickelt, mit dem sich recht gut die "Güte" von Unternehmen messen lässt und das in eigenen Publikationen oder im Auftrag, z.B. der österreichischen Warentesteinrichtung VKI, die entsprechenden Unternehmensqualitäten darstellt.
Deutschland ist anders
Nun, der österreichische VKI hat mittlerweile begonnen, seine Warentests mit kombinierten Waren- und Unternehmenstests ( vgl. Vom Warentest zum Unternehmenstest) zu ergänzen. Skandinavische Konsumentenorganisationen folgen. In Deutschland tut sich da wenig. Die Stiftung Warentest bleibt bei ihren klassischen Warentests ohne den Blick aufs Unternehmen. Da mag etwa die vzbv (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.) noch so sehr auf Ökologie und Sozialverträglichkeit setzen - konkrete Informationshilfen a la sozialökologischer Test sind nicht dabei.
Als Gründe für diese Selbstbeschränkung nennt beispielsweise Günter Silberer (Marketingprofessor in Göttingen und im Verwaltungsrat der Stiftung) die "reproduzierbare und valide Messung exakt definierter Sachverhalte" und Warenbeurteilung als "Kernkompetenz".
Diese Kernkompetenz ist übrigens von der Mobilfunkzeitschrift connect kürzlich in ihren Printausgaben bei Handy-Tests unter Beschuss genommen worden (Messlabor von connect), denn da wurde von der Stiftung offenbar nicht viel gemessen. Auch die Feststellung, dass sozialökologische Evaluierungen nicht so dem Idealbild des technischen Messens entsprechen, mag ein Schuss ins eigene Knie sein - Marketing macht ja auch nichts anderes als Evaluierung und Benchmarking a la Unternehmenstest.
Außendruck notwendig
Klar scheint jedenfalls, dass auch der an Ethik interessierte Manager im Unternehmen entsprechende Anforderungsprofile von Außen, also z.B. durch Evaluierung etwa mit sozialökologischen Tests benötigt. Ohne einen solchen Außendruck kann nicht reagiert werden. Auch der Verbraucher kann ohne das nicht reagieren. Als erstes aber sollten hier die Verbraucherorganisationen dazu veranlasst werden, brauchbare Verbraucherhilfen, sprich entsprechenden Außendruck, bereit zu stellen.