Einlenken der US-Regierung?

Außenminister Powell kündigt verbindliches Abkommen mit Russland an

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Die US-Regierung scheint nun doch ihren souveränen Umgang mit internationalen Abkommen verändern zu wollen (Amerikanische Schizophrenie). Außenminister Colin Powell, der immer wieder angesichts provozierender Äußerungen, Beschuldigungen, Angriffsandrohungen oder selbstherrlichen Verhaltens anderer Regierungsmitglieder und von Präsident Bush mäßigend auftreten und die Wogen glätten musste, hatte nicht nur etwa darauf gedrängt, den Gefangenen in Kuba den Status als Kriegsgefangene zuzuerkennen, sondern jetzt auch angekündigt, ein rechtlich verbindliches Abkommen mit Russland zur Reduzierung der Atomwaffen zu vereinbaren.

Nach der Aufkündigung des ABM-Vertrags durch Bush, die notwendig wurde, um die Entwicklung des umstrittenen nationalen Raketenabwehrschilds voranzutreiben, hatte der amerikanische Präsident Putin angeboten, die Nuklearwaffen weiter abzurüsten (Macht und Erfolg verführen). Das sollte aber nicht auf der Grundlage eines Abkommens geschehen, überdies wollten die Amerikaner die Atomsprengköpfe auch nicht vernichten, sondern nur lagern.

Natürlich stieß ein solches Ansinnen bei den Russen trotz all der neuen Verbundenheit im Kampf gegen den Terrorismus nicht auf große Gegenliebe, da das Land schon aufgrund finanzieller Probleme unfreiwillig "abrüsten" muss und die Angst besteht, dass ein Raketenabwehrschild die Gefahr eines Atomwaffeneinsatzes eher vergrößert und den USA einseitige Vorteile verschafft.

Vor dem Ausschuss für Auswärtige Beziehungen kündigte Powell jetzt aber doch an, dass die US-Regierung im Kontext eines neuen Strategiekonzepts mit Russland ein verbindliches Abkommen eingehen will, das im Mai unterzeichnet werden könnte, wenn Bush in Moskau Putin besucht. Unklar ist allerdings, welche Form ein solches Abkommen haben wird. Um ein internationales Abkommen zu vermeiden, wird offenbar auch daran gedacht, dass beide Präsidenten unabhängig voneinander einen Erlass (executive order) unterzeichnen könnten, in dem sie die Abrüstung anordnen.

Im November des letzten Jahres hatte Bush beim Treffen mit Putin angekündigt, dass die USA die Zahl der atomaren Sprengköpfe von 6.000 bis 2012 um zwei Drittel senken würden. Der russische Präsident versprach eine vergleichbare Reduzierung, wenn die Abrüstung in einem rechtlich verbindlichen Rahmen unter überprüfbaren Bedingungen gescheit. Zudem forderte er, dass die Sprengköpfe tatsächlich zerstört werden müssten.

Bei den Russen nimmt man die Ankündigung vorsichtig auf. So begrüßte Konstantin Kosachjow, der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der Duma, die Ankündigun von Powell als einen "Schritt in die richtige Richtung", aber es sei jetzt noch zu früh, schon von einer Einigung zu sprechen. Bedingung sei es, dass die Waffenreduzierung irreversibel sein müsse.