Einmal fluchen und ab ins Gefängnis

Wie England sich gegen Rassismus und die allgemeine Verrohung mit der "Anti Social Behaviour Bill" stark macht

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Kinder bedürfen unseres Schutzes. Da sind sich Eltern wie auch Experten und Politiker weltweit einig. Wie dieser Schutz umzusetzen ist, wird allerdings verschieden gehandhabt, wobei es ja auch noch auf die Art der Gefährdung ankommt. Denn vielfältige Gefahren lauern tagein tagaus auf die Sprösslinge, so zum Beispiel gefährliche Internetseiten, frühzeitige sexuelle Erfahrungen oder auch der ganz alltägliche Rassismus in der Nachbarschaft.

Während man in Deutschland, insbesondere in Nordrhein-Westfalen ja eher die virtuellen Scheuklappen bevorzugt, um die Kleinen vor dem Unrat im Netz zu schützen, und man in den USA schon einmal die Überprüfung der Höschen der Sprösslinge anbietet, um mittels des neuen Sperm Detection Kit zu schauen, ob Töchterlein nicht doch schon der Sexualität frönt, geht man in Großbritannien gleich einen Schritt weiter.

Die von Bürgerrechtsinitiativen wie Liberty Human Rights kritisierte Anti Social Behavious Bill versucht nämlich, Kinder und Jugendliche zu erziehen und gleichzeitig diese Erziehungsmaßnahmen auch auf Erwachsene auszudehnen.

Der Erste, der sich mit den Folgen der umstrittenen Gesetzgebungen anfreunden darf, ist Michael Guilfoyle. Guilfoyle hatte Behördenangestellte als "Paki Bitch" und "Homo" beschimpft. Nun ist Rassismus in England, insbesondere in Bezug auf Pakistani, die einen großen Anteil der ausländischen Bevölkerung darstellen, nichts Neues. Ungewöhnlich sind jedoch die Maßnahmen, die dank der "Anti Social Behaviour Bill" nun möglich sind - und letztendlich genauso unwirksam. Michael Guilfoyles Strafe bedeutet, dass er, sollte er jemals wieder das Wort "Paki" in der Öffentlichkeit benutzen, eine Haftstrafe bis zu 5 Jahren verbüßen wird. Und nicht nur das, die gerichtliche Order bezieht sich auch auf asoziales Verhalten sowie die Benutzung von einschüchternden, verunglimpfenden, verächtlichen bzw. homosexuellenfeindlichen Wörtern und Redewendungen in der Öffentlichkeit.

The ASBO prevents him from acting anti-socially, using threatening, insulting or abusive language or homophobic abuse in public.

Das Wort "jemals" ist hierbei wörtlich zu nehmen, denn es heißt schlichtweg lebenslänglich. Wie auch der Manchester Evening feststellt, wird dies wohl kaum sein Verhalten ändern, ist jedoch nur ein Beispiel dafür, wie sich die von David Blunkett initiierte "Anti Social Behaviour Bill" auswirken wird.

Blunkett, der Anfang des Jahres die unter dem mehr als umstrittenen "Regulation of Investigatory Powers Act" (RIPA) erhaltenen und gespeicherten Verbindungsdaten auch z.B. der Fischereibehörde, der Landwirtschaftsbehörde etc. zugänglich machen wollte, will mit der Anti Social Behaviour Bill nicht nur helfen, den Rassismus zu bekämpfen, er möchte auch Jugendlichen wie Erwachsenen soziales Verhalten beibringen, was unter anderem auch bedeutet, dass selbst minderjährige Kinder schon mit Geldstrafen rechnen müssen, sollten sie beispielsweise gegen eine Regelung der Bill verstoßen.

Und die Liste der Verstöße ist lang, beinhaltet unter anderem "Littering" (das Hinterlassen von Müll), Betteln, Ruhestörung oder Belästigung durch das Bilden von größeren Gruppen. So werden der englischen Polizei nicht nur erweiterte Befugnisse gegeben um selbst Kleinigkeiten als "Anti Social Behaviour" zu betiteln und entsprechend zu ahnden, benachteiligte Familien werden auch zudem noch Geldstrafen entgegensehen, sollten die "lieben Kleinen" beispielsweise den Nachbarsjungen beschimpfen.

Die Anti Social Behaviour Bill, die von Bürgerrechtlern genauso kritisiert wird wie von der National Youth Agency wird das asoziale Verhalten sicherlich eindämmen, schon allein aus finanziellen Gründen werden Familien nun härter durchgreifen, was die Erziehung ihrer Kinder angeht. Dass diese Maßnahmen langfristig jedoch Frustration, Wut und Rassismus eher schüren werden, ist den meisten klar, David Blunkett jedoch scheinbar nicht.