Einsamer Emissär: Viktor Orbán spricht mit Xi Jinping in Beijing über Ukraine
Ungarischer Premier fliegt in Eigenregie nach Moskau und Beijing. Kiew und Brüssel verärgert. Warum sich der Schritt für Ungarn dennoch lohnt.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ist am Montag zu einem überraschenden Besuch in Peking eingetroffen, um mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping über Friedensbemühungen im Ukraine-Krieg zu sprechen. Orban bezeichnet seine Reise als Friedensmission. Er war zuvor in Kiew und Moskau, um zwischen den beiden Kriegsparteien zu vermitteln.
Der Vorstoß des ungarischen Regierungschefs
Ungarn hat aktuell die rotierende EU-Ratspräsidentschaft inne und versucht in dieser Rolle seine Vermittlungsbemühungen zu intensivieren. Der Vorstoß Ungarns für einen Waffenstillstand und Verhandlungen stieß bei Russland und der Ukraine in der vergangenen Woche jedoch auf wenig Interesse.
In Beijing sprach sich Xi Jinping laut staatlichen Medien für einen Waffenstillstand in der Ukraine mit anschließenden Verhandlungen aus. Er betonte, dass ein solcher Schritt im Interesse aller Beteiligten sei und die internationale Gemeinschaft Bedingungen schaffen müsse, die Russland und die Ukraine zu direkten Gesprächen bewegen könnten. Details zu den konkreten Schritten oder beteiligten Akteuren wurden nicht genannt.
Kritik aus Brüssel
Diese Alleingänge Orbáns stoßen innerhalb der Europäischen Union auf Kritik. Führende EU-Vertreter, darunter EU-Chefdiplomat Josep Borrell und EU-Ratspräsident Charles Michel, wiesen darauf hin, dass Orban nicht im Auftrag der EU handele.
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Dies wurde auch von der Bundesregierung bestätigt. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, Orban sei als ungarischer Ministerpräsident unterwegs und nicht als Vertreter der EU. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich ähnlich und stellte klar, dass Orban nicht für Europa spreche.
Russlands Position
Die Position Russlands in Bezug auf einen Waffenstillstand in der Ukraine, wie sie Mitte Juni von Präsident Putin formuliert wurde, verlangt unter anderem den Rückzug der Ukraine aus den Gebieten, die Russland 2022 annektiert hat. Dieser Forderung hatte die ukrainische Regierung bereits eine Absage erteilt und sie als "absurd" bezeichnet.
In Kiew hatte man Orbán empfangen, später aber pikiert reagiert: Die Weiterreise nach Moskau und Beijing sei mit der Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht abgesprochen gewesen.
China und Ungarn wollen kooperieren
Bei den Gesprächen in Peking lobte Präsident Xi laut staatlicher Nachrichtenagentur Xinhua die Vermittlungsversuche Orbáns, über die dieser ihn informiert habe. China und Ungarn würden ihre Kommunikation in der Ukraine-Frage aufrechterhalten, da ihre Friedensbemühungen weitgehend "übereinstimmen" würden.
"China setzt sich auf seine Weise aktiv für Friedensgespräche ein und ermutigt und unterstützt alle Bemühungen, die einer friedlichen Lösung der Krise förderlich sind", sagte Xi. Es liege im Interesse aller Parteien, möglichst bald einen Waffenstillstand zu erreichen, den Krieg zu beenden und eine politische Lösung anzustreben.
Die internationale Gemeinschaft müsse Bedingungen schaffen und Hilfe leisten, damit beide Seiten den direkten Dialog und die Verhandlungen wieder aufnehmen könnten. "Nur wenn alle Großmächte positive statt negativer Energie aufwenden, wird dieser Konflikt die Morgendämmerung eines Waffenstillstands erleben", so Xi.
Orban sieht China als "Schlüsselfigur" auf dem Weg zum Frieden
Ministerpräsident Orbán dankte Xi für Chinas Einsatz, der "von großer Bedeutung" sei, wie aus einem Video des Treffens auf Orbáns Instagram-Account hervorgeht. In einem Post auf Facebook bezeichnete der ungarische Regierungschef China als "Schlüsselfigur", um Frieden in der Ukraine zu erreichen.
"Zusätzlich zu den kriegsführenden Parteien hängt es von der Entscheidung dreier Weltmächte ab, wann der russisch-ukrainische Krieg enden wird: den USA, der Europäischen Union und China", schrieb er.
## Chinas Rolle als potenzieller Vermittler umstritten
Auch Chinas Haltung zum Ukraine-Krieg wird in der EU mit Skepsis gesehen. Einige chinesische Unternehmen wurden wegen ihrer Verbindungen zu Russland sanktioniert. Dennoch hoffen viele EU-Vertreter aufgrund von Chinas Einfluss im Globalen Süden und Xis persönlicher Beziehung zu Putin, dass Peking eine Vermittlerrolle einnehmen könnte.
Beim jüngsten Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Kasachstan diskutierten hatte Xi mit Putin über die Ukraine gesprochen. Allerdings nahmen weder China noch Russland am Ukraine-Friedensgipfel in der Schweiz im Juni teil. Beijing weigerte sich, da Moskau ausgeschlossen war. Selenskyj warf China vor, gemeinsam mit Russland den Gipfel zu untergraben.
Xi drängt auf Verbesserung der Beziehungen zwischen China und EU
In Peking drängte Xi Ungarn auch, sich während der EU-Ratspräsidentschaft für eine Verbesserung der angespannten Beziehungen zwischen China und der EU einzusetzen. Orban sicherte zu, die strategische Koordination mit China beizubehalten. Ungarn lehne eine "Blockkonfrontation" ab, so Xinhua.
Xi forderte zudem mehr politisches Vertrauen und eine Ausweitung der Zusammenarbeit im Rahmen der "Neuen Seidenstraße". Chinas Wirtschaftsreformen würden neue Chancen für die bilateralen Beziehungen bieten. Beim letzten Treffen der beiden Staatschefs im Mai in Budapest hoben China und Ungarn ihre Partnerschaft auf eine umfassende strategische Ebene an – ein Status, den Beijing bislang Ländern wie Belarus, Pakistan und Venezuela vorbehalten hat. Die Reise Orbáns hat sich damit bereits gelohnt.