Einsatz der Shahed-238-Drohne durch Russland: Eine Wende in der Luftkriegsführung?

Seite 2: Die geopolitische Bedeutung der Drohnenkriegsführung in Russland und der Ukraine

Seit dem Krieg in Gaza sind US-Basen im Nahen Osten mindestens 127 Mal angegriffen worden, vorwiegend mit Drohnen. Künftige Angriffe mit Raketen sind denkbar. Die USA unterhalten völkerrechtswidrig Besatzungsbasen in Syrien, unter anderem um die Ölvorräte des Landes zu kontrollieren und zu plündern.

Der US-Angriff auf die Huthis dürfte die Sicherheitslage der US-Basen nicht erhöhen.

Die prekäre Rüstungssituation, in die sich die US-Nato durch den Ukraine-Krieg gebracht hat, eröffnet Räume und Wahrscheinlichkeiten für weitere Großkonflikte. Die brasilianische Militär-Analystin Patricia Marins hat sich auf X die Nato-Luftabwehr angeschaut, und zwar existierende Raketenbestände und Produktionsziffern.

Sie geht davon aus, dass bei einer möglichen Invasion Taiwans durch China die Arsenale nur für wenige Wochen ausreichen würden. Und die Nato-Produktionskapazitäten im Bereich Flugabwehr sind gering – und kostspielig.

Doch die Ukraine wird gezwungen sein, diese kostspieligen und seltenen Raketen für die neue, schnelle Shahed 238 zu opfern. Denn tut sie das nicht, dann werden die russischen Drohnen ihr Ziel erreichen. Und mit ihren 50 Kilogramm großen Gefechtsköpfen können sie massiv Schaden anrichten, besonders weil sie gegen wertvolle Fabriken oder Infrastruktureinrichtungen eingesetzt werden, deren Verlust wiederum um ein Vielfaches teurer wäre als die preisintensive Iris-T Rakete.

Militäranalyse: Die Effektivität der Shahed 238 gegenüber traditionellen Drohnen

Der Einsatz der neuen Drohne ist daher vornehmlich gegen die ukrainische Flugabwehr gerichtet: Einmal durch die Verausgabung der teuren und vor allem knappen Flugabwehrraketen, denn die kosteneffektive Eisen-Flak wie die oben genannte SU 23 sind gegen die neue Shahed wirkungslos. Und zum anderen durch die Aufdeckung der ukrainischen Luftabwehrstellungen, um diese wiederum mit einer Salve Raketen bekämpfen zu können.

Sehr effektiv wird sich die neue Shahed 238 mit dem jetzt ganz neu gelieferten Skynex-System von Rheinmetall bekämpfen lassen. Allerdings ist seine Reichweite sehr beschränkt und die Kosten der Geschütze sind extrem hoch.

Erst noch am 10. Januar beklagte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj über den Mangel an Flugabwehr. Und nannte erstmals eine realistische Quote von rund 70 Prozent, mit der die Flugabwehr des Landes die russischen Drohnen und Raketen abfangen könne.

Nach seinen Angaben hat Russland seit Ende Dezember rund 500 Drohnen und Raketen auf die Ukraine abgefeuert, was bedeutet, dass nach Selenskyjs Angaben rund 150 Wirkmittel ihr Ziel erreicht hätten. Am 08. Januar gab die Ukraine die Abfangquote sogar nur mit 35 Prozent an.

Zukunft der Luftabwehr: Herausforderungen und Strategien für die Ukraine

Das lässt aufhorchen und könnte unter anderem bedeuten, dass die Ukraine bereits jetzt zu wenig Raketen hat oder wichtige Elemente der ukrainischen Luftverteidigung durch die Angriffe ausgeschaltet worden sind – die nächsten Angriffe werden das zeigen.

Innovative Taktiken: Russlands Tagangriffe auf ukrainische Rüstungsbetriebe

Ein Problem für die Ukraine dürfte auch die neue Taktik Russlands sein, die Rüstungsbetriebe tagsüber anzugreifen. Ziel ist damit nicht nur die Zerstörung der Fertigungskapazitäten, sondern das Ausschalten qualifizierter Industrie-Arbeiter.

Weil tatsächlich jeder Versuch, mit Bodentruppen eine Entscheidung herbeizuführen, mit hohen Verlusten verbunden ist, scheint Russland strategisch vermehrt auf Drohnen und Raketen zu setzen. Es hat massiv in die Drohnenfertigung investiert. Die Rechnung ist einfach: Wenn die Flugabwehr der Ukraine versagt, dann ist der Krieg rasch zu Ende.

Der Begriff der Wunderwaffe, der auch im englischen geläufig ist, ist natürlich sehr überstrapaziert. Doch es muss gesagt werden, dass die Geran-2 schon in ihrem jetzigen Design sich als überaus effektiv erwiesen hat und eine Revolution in der Kriegsführung darstellt.

Die neue Version der Shahed ist wahrscheinlich kostenintensiver in der Herstellung im Vergleich zur Propeller-Version. Ihr Einsatz zielt aber darauf ab, dass die Ukraine ihre Bestände an Flugabwehrraketen verausgabt. Damit erkämpft sich Russland die Möglichkeit, ihre ebenfalls sehr kostenintensiven ballistischen Raketen oder Marschflugkörper, ausgestattet mit einer ungleich größeren Sprengkraft als die Shahed-Drohne, ans Ziel zu bringen – ungehindert von der ukrainischen Flugabwehr.

Militärtechnologie im Fokus: Die Entwicklung und Bedeutung der Shahed 238

Die Shahed/Geran-Drohnen stellen eine ungeheure Problematik für die Ukraine dar, welches mit dem Aufkommen der Shahed 238 noch größer werden wird. Wenn man sich die Zahlen des vorigen Dezembers anschaut, in der Russland wahrscheinlich über 600 Drohnen zum Einsatz bringen konnte, dann sind die vereinigten Produktionskapazitäten des Iran und Russlands ein schier nicht lösbares Problem für die Ukraine sowie ihre westlichen Verbündeten unter Führung der USA.

Und die Folgen sind schwerwiegend: Das bedeutet nämlich nichts anderes, als dass die Ukraine in absehbarer Zeit wahrscheinlich niedergekämpft werden kann. Denn das Fehlen einer intakten und wirkungsvollen Flugabwehr würde eine Kettenreaktion auslösen.

Die russischen Streitkräfte könnten dann nahezu ungehindert von ukrainischer Luftabwehr auch im ukrainischen Luftraum operieren, was der russischen Luftwaffe jetzt angesichts der auf wichtige Zentren konzentrierte Flugabwehr weitestgehend verwehrt wird.

Sind die improvisierten FAB-Gleitbomben mit UMPK-Gleitrüstsatz schon jetzt eine große operative Herausforderung für die ukrainischen Streitkräfte, hat Russland jetzt bekannt gegeben, eine neue Cluster-Gleitbombe zu produzieren. Eine von der Luftabwehr weitestgehend entblößte Ukraine wäre den Angriffen mit diesen Waffen, die Russland in Massen besitzt und produziert, schutzlos ausgeliefert.

Die russische Luftwaffe könnte dann nahezu ungehindert Infrastruktur, Truppenansammlungen, Produktionsstätten, Kommandoposten und Verteidigungsstellungen angreifen – das wäre das schnelle Ende der ukrainischen Verteidigung.