"Einstweilige Anordnung" zur Freilassung Nawalnys
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte geht von Lebensgefahr für "Kreml-Kritiker" aus. Er selbst fühlt sich in russischer Haft laut Instagram-Post wie im Weltraum-Kinofilm
Während der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg die sofortige Freilassung des in Russland inhaftierten "Kreml-Kritikers" Alexej Nawalny fordert, soll sich dieser "ganz und gar wie in einem Kinofilm über den Weltraum" fühlen. "Mit mir kommuniziert die Kommandozentrale eines Raumschiffs", zitierten am Mittwoch mehrere Medien Wortbeiträge auf Nawalnys Instagram-Account. "Eine Stimme aus der Wand sagt: 'Drei-null-zwei, machen Sie sich bereit für die Sanitäranlage.' Und ich antworte: 'Aha, okay, in zehn Minuten. Ich trinke nur noch schnell den Tee aus.'"
Nawalny, der in den letzten Jahren als Anwalt, Blogger und Vorsitzender der rechten Kleinpartei "Russland der Zukunft" tätig war, wurde Anfang Februar verurteilt, zwei Jahre und acht Monate Haft zu verbüßen, weil er gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben soll, die auf ein Betrugsverfahren im Jahr 2014 zurückgingen. Allerdings konnte er zumindest zeitweise die Bewährungsauflagen nicht erfüllen, weil er nach einem Giftanschlag in Deutschland medizinisch behandelt wurde.
Die russischen Behörden hatten seine Ausreise zu diesem Zweck im August genehmigt. Nach deren aktueller Lesart blieb aber zugleich die Auflage in Kraft, er müsse sich alle zwei Wochen bei der russischen Gefängnisbehörde zu melden.
Im Januar war Nawalny nach Russland zurückgekehrt, obwohl er nach eigener Aussage gegenüber deutschen Medien überzeugt war, dass der Präsident des Landes ihn töten lassen wollte.
Zwei Wochen nach Nawalnys Verurteilung erließ der EGMR nun eine "einstweilige Anordnung", mit der die russische Regierung aufgefordert wird, ihn sofort freizulassen. Damit folgte der Gerichtshof nach eigenen Angaben einem Antrag Nawalnys und geht offenbar von akuter Lebensgefahr für ihn aus: Die Entscheidung sei verbindlich, hieß es. Die Art und das Ausmaß der vermuteten Gefahr für Nawalnys Leben seien dabei berücksichtigt worden.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zakharova, sieht darin eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes und eine "Salve gegen das Völkerrecht", deren Folgen der Gerichtshof "einfach nicht ermessen" könne. Russland solle damit unter Druck gesetzt werden. "Sie zerstören den internationalen Rechtsrahmen, den sie selbst nicht geschaffen haben", sagte Zakharova am Mittwoch laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti. Moderne internationale Beziehungen seien aber genau auf dieser Grundlage aufgebaut.
Der russische Justizminister Konstantin Tschujtschenko jedenfalls sieht "keine gesetzliche Grundlage" für eine Freilassung Nawalnys, wie die ARD-tagesschau mit Verweis auf die Nachrichtenagentur Interfax berichtete.
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