Einübungen in den Weltuntergang

Seite 2: "Don't smile!"

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In der Therapie muss Arthur sein Journal vorzeigen, tut das auch, dort steht "I hope my death makes more cents than my life". Jetzt sollte ein Lacher kommen, denn Arthur möchte witzig sein und Comedian werden, das klappt aber nicht. Er ist voller Selbstmitleid. "I haven’t been happy my whole entire fucking life." Er möchte seine Medikamentendosis heraufgesetzt bekommen, denn er ist krank. "I think I felt better when I was locked up in hospital."

Arthur hat eine Visitenkarte bei sich, die er Passanten reicht, wenn es mal wieder nötig ist. Auf der steht etwas von einer Gehirnoperation und unkontrollierbarem Lachen, einer Krankheit - ob das eine Wahnvorstellung ist oder stimmt, gehört zu den vielen Fragen, die offen bleiben. Er wohnt nach wie vor bei seiner Mutter in einem ziemlich heruntergekommen Sozialbau. Abends schaut man zusammen fern: Besonders beliebt ist "Live with Marvin Franklin", eine Late-Night-Show, in der Robert de Niro den Showmaster spielt. Die Show endet immer mit dem Lied "That’s life", gesungen von Frank Sinatra. "That's life (that's life) that's what people say/ You're riding high in April/ Shot down in May/ But I know I'm gonna change that tune/ When I'm back on top, back on top in June... That's life..."

Bild: © Warner Bros. Entertainment Inc. / DC Comics / Niko Tavernise

Sein eigenes Leben entgleitet Arthur immer mehr. Zwar hat er eine Nachbarin kennengelernt, die alleinstehende Mutter Sophie (die von der in Berlin geborenen Deutsch-Amerikanerin Zazie Beetz gespielt wird). Als ihm bei einem Auftritt vor Kindern im Krankenhaus ein Revolver aus der Tasche fällt, wird er entlassen. "What kind of Clown carries a gun?" Als er geht, ist seine letzte Tat, das Schild im Treppenhaus zu bearbeiten. Darauf steht in Businesssprache fürs Dienstleistungsgewerbe "don’t forget to smile". Arthur streicht "forget to" durch.

Nun beginnt ein Amoklauf. In der U-Bahn wir er von drei jungen reichen weißen Yuppies, Deppen in Business-Anzügen, provoziert und zusammengeschlagen. Und nun wehrt er sich und tötet die drei. Die Schießerei erinnert an den Fall Goetz. Er entkommt, für ihn beginnt ein Amoklauf, für die Gesellschaft eine Bürgerbewegung von Menschen mit Clowns-Masken. "A good swell of anti-rich-sentiment", wie es heißt. Manche empören sich, seine Nachbarin aber sagt zu ihm mit dem sicheren Instinkt der Frau aus der Unterklasse: "Three pricks less in Gotham City and one million more to go."

Weitere Morde folgen, das findet Sympathisanten und Nachahmer, eine Bürgerbewegung von Menschen mit Clowns-Masken bildet sich.

Böser Papa

Nun kommt ein anderer Erzählstrang hinzu. Auftritt Thomas Wayne, von dem Batman-Erfahrene wissen, dass er der Vater von Bruce Wayne/Batman ist und vor den Augen des Sohnes ermordet werden wird. Hier ist er zunächst mal ein arroganter Reicher. Wayne nennt die Armen, die Erniedrigten und Beleidigten "Clowns", das darf er nicht, hier greift die Political Correctness - denn Wayne will Bürgermeister werden. Interessant, dass dieser Film endlich einmal die dunkle und böse Seite von Thomas Wayne zeigt, dass er zeigt, dass man zu dieser Art von Reichtum in der Regel nicht auf sauberen Wegen und mit sympathischem Verhalten gekommen ist.

Es scheint irgendwann, dass Arthur der Sohn von Thomas Wayne ist, und die Szene, wenn die beiden vermeintlichen Brüder sich begegnen, ist eine der besten des Films: "I am Bruce" - "I am Arthur". A und B by the way. Allerdings heißt es dann schnell, die Mutter sei "delusional", aber ganz geklärt ist alles auch am Ende noch nicht.

Der Bruce des Films ist einfach ein kleiner eingeschüchterter Schweiger. Bruce ist auch so ein amerikanischer Papa-Sohn, der von seinem Vater nicht los kommt, der sein Leben lang im Schatten des Vaters steht, Superheld oder nicht.