Ende der Sendung

Ein Ausflug mit beschränkter Haftung in die mediale Zukunft des Jahres 2031

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31. Dezember 2031. Seinen 70. Geburtstag hat er nicht mehr erlebt. Zwölf Stunden vor dem Jahreswechsel hat heute der Deutschlandfunk als letztes von ehemals über 400 Hörfunkprogrammen in der Bundesrepublik Deutschland seinen Sendebetrieb eingestellt. Das in Köln produzierte Informations- und Kulturprogramm war im Januar 1962 gestartet und sollte zunächst vor allem Bürger in der damaligen DDR erreichen. Nach der Deutschen Vereinigung im Jahr 1990 wurde fast zwei Jahrzehnte lang mit Deutschlandradio Kultur sogar ein zweites Programm ausgestrahlt. Trotz gegenläufiger Trends in der Radiobranche hielten die öffentlich-rechtlichen Radiomacher bis zuletzt an ihren anspruchsvollen Inhalten fest, auch wenn ihnen immer mehr Hörer abhanden kamen. Zuletzt wurden durchschnittlich nur noch 2.650 Nutzer pro Sendetag gezählt, obwohl registrierte User des Programms bereits seit vier Jahren Bildungszuschüsse zwischen 14 und 78 Euro pro Monat, abhängig von Alter, Bildungsgrad und Nutzungsdauer, beantragen konnten.

In den letzten Sendeminuten des Deutschlandfunks wandte sich Alt-Intendant Ernst Elitz per Voicemail noch einmal an die wenigen verbliebenen Hörer. Er bedauerte in seinen Abschiedsworten, dass das Ende des Senders auch ein herber Rückschlag für Informationsfreiheit und Vielfalt des journalistischen Angebots in Mitteleuropa sei. Elitz wies darauf hin, dass mit dem Deutschlandfunk eine ganze Mediengattung aus den VirtuellReceivern verschwinden werde. Schon als aktiver Intendant hatte Ernst Elitz um die Jahrtausendwende immer wieder vor Reduzierung und Verflachung der journalistischen Inhalte im damaligen Radio und Fernsehen gewarnt. Doch kaum jemand hatte seinerzeit seine Aufsätze und Diskussionsbeiträge beachtet – die Folgen sind inzwischen längst bekannt:

Private Radiosender waren schon seit dem Jahr 2005 immer mehr in Verruf geraten, weil sie Promotionsaktionen und Gewinnspiele in den Mittelpunkt der eigenen Programme gerückt – gleichzeitig jedoch an den jungen Hörern vorbei gesendet hatten. Werbekunden waren darauf hin ins Internet abgewandert, das ab 2010 auch zum wichtigsten Verbreitungsträger für die damaligen Fernsehangebote geworden war. Als im Jahr 2012 europaweit die UKW-Frequenzen abgeschaltet wurden und die Produktion digitaler Empfänger für DAB und ähnliche Systeme mangels Nachfrage längst eingestellt war, mussten fast alle Privatsender ihren Sendebetrieb einstellen. Für öffentlich-rechtliche Hörfunkprogramme wie NDR 2, MDR Jump und Bayern 3 kam das Aus erst ein Jahrzehnt später. Sie hatten sich zunächst noch durch Zwangsabgaben ihrer Hörer, die damals allen ernstes als „Rundfunkgebühren für neuartige Empfangsgeräte“ bezeichnet wurden, geraume Zeit wirtschaftlich über Wasser halten können.

Nach dem europaweiten Gebührenstreik von 2023, der in Österreich angezettelt worden war und sich rasch auf die Nachbarländer ausgebreitet hatte, mussten sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten wirtschaftlich neu orientieren. Weil ohnehin keine privaten Konkurrenten mehr vorhanden waren, wurden zunächst die Radioprogramme nach und nach eingestellt. Die technisch vollständig ins Internet verlegten IPTV-Programme von ARD und und ZDF finanzierten sich in der Folge vorwiegend durch Sponsoring. Probleme gab’s damals zunächst noch mit den Nachrichtensendungen Tagesschau und ZDF-heute, weil sich einige User erst noch an die Nennung von Parteien als Sponsoren einzelner Meldungen gewöhnen mussten.

Doch auch hier sorgte die fortschreitende Technik für Abhilfe. Google, der erst kurz vor der Jahrtausendwende als einfache Suchmaschine in Kalifornien gestartete Multimedia-Gigant, übernahm zunächst ARD, dann ZDF und setzte schließlich das zielgruppengesteuerte IPTV-AdSense zur Verbreitung von Advertising-Clips (ADs) im 3-D-Format erfolgreich ein. Jetzt bekommt jeder User nur noch ADs zu sehen, die auf sein Konsum- und Freizeitverhalten zugeschnitten sind. Google sorgt durch automatische Registrierung seiner User in allen Lebenslagen dafür, dass ein Weintrinker zur Katastrophenmeldung über die Gletscherschmelze auf Spitzbergen nicht versehentlich Bier-Ads zugespielt bekommt. Der Gletscher würde zwar weiter schmelzen, der User vermutlich jedoch aus Verärgerung den Provider wechseln.

Google und der direkte Wettbewerber Yahoo hatten ihre Konzernzentralen bereits im Jahr 2012 nach Kanton und Shanghai in der Republic of China verlegt, weil sie sich durch die damalige US-Präsidentin Hillary Clinton bei der Weiterentwicklung ihrer Programme zunehmend eingeschränkt fühlten. Clinton hatte mit Unterstützung der damals demokratischen Mehrheit im US-Congress ein Jahr zuvor den Start von „Google Human“ verhindert. Mit der Weiterentwicklung von „Google Earth“ war es seinerzeit erstmals möglich, den Aufenthaltsort einzelner Personen über das Internet zu ermitteln und grafisch auf Monitoren anzeigen zu lassen. Von der chinesischen Regierung wurden solche Innovationen dagegen gern gesehen. Immerhin hatten Google und Yahoo die Behörden der Volksrepublik schon vorher bei der Auffindung von Regimekritikern ambitioniert unterstützt.

Inzwischen werden rund 80% aller Informationen weltweit über Google und Yahoo verbreitet. Während Google in Deutschland neben ARD und ZDF auch einige große Verlage wie Bauer und Burda übernahm, schluckte Yahoo die Bertelsmann-Gruppe, die frühere Pro7Sat.1 Media AG sowie die ehemalige Nachrichtenagentur dpa. Eine Ausnahme bildete lediglich der Springer-Konzern, der im Jahr 2023 von der BILDblog-Corporation übernommen worden war. Zuvor hatte Springer bereits den Druck von Zeitungen und Zeitschriften mangels Nachfrage eingestellt. Inzwischen verdichten sich Gerüchte, wonach der ehemalige Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner gemeinsam mit dem früheren BILD-Chefredakteur Kai Diekmann sowie weiteren Ex-Managern des Verlagshauses einen WatchVlog gegen den multimedialen BILDblog-Konzern starten will. Diekmann hatte in letzter Zeit wiederholt in Voicemails angekündigt, dass er „mit denen noch eine Rechnung offen“ habe.

Bis zuletzt hatte der Deutschlandfunk in seiner Sendung „Markt und Medien“ über solche und weitere bedenkliche Entwicklungen ambitioniert und kritisch berichtet. Redakteure waren beispielsweise dabei, als im Mai 2028 die letzte Ausgabe der Süddeutschen Zeitung über eine Druckrotation lief. Seitdem wird die nach BILD ehemals auflagenstärkste deutsche Tageszeitung - genau wie FAZ, taz oder Die Welt - ausschließlich im Print-on-demand-Verfahren hergestellt. Wo früher fertige Zeitungen und Zeitschriften zum Verkauf auslagen, können sich heute User, die immer noch auf gedruckte Informationen Wert legen, ihre Printmedien innerhalb von Sekunden selbst ausdrucken.

Allerdings sinkt die Nachfrage nach gedruckten Exemplaren, [is1]seit im Jahr 2024 Schüler in Mitteleuropa nicht mehr lesen und schreiben lernen müssen. Die Kommunikation läuft längst über intelligente Voicemail-Programme, die kurze Sprachbefehle in ganze Sätze umwandeln und mit Bildern – sowie bei Bedarf durch Soundeffekte - ergänzt – an die Empfänger übermitteln. Dennoch besteht auch weiterhin noch eine zumindest begrenzte Nachfrage nach so genannten alten Medien. Google erkannte mal wieder zuerst die Marktlücke und eröffnete bereits mehrere Old-Media-Stores. Dort kann man – ganz wie in den guten alten Zeiten – selbst in Büchern blättern und sogar CDs und Schallplatten über riesige Kopfhörer anhören. Für die Bezahlung der Waren, die man allerdings selbst mit nach Hause nehmen muss, hat Google in seinen Stores die guten alten Kassen wiederentdeckt. Akzeptiert wird allerdings ausschließlich die D-Mark. Der im Vorjahr wieder abgeschaffte Euro wird nur noch ausnahmsweise zum Umtauschkurs von 15:1 akzeptiert .... [is1]Komma

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