Erdoğan-Schwiegersohn will weltweit ersten Drohnenträger ausrüsten
Nach dem Ausschluss der Türkei aus dem F35-Programm könnten die Kampfjets auf dem Flugzeugträger "Anadolu" durch Kampfdrohnen ersetzt werden
Als erstes Land der Welt könnte die Türkei über einen Flugzeugträger mit Kampfdrohnen verfügen. Die Rede ist von dem Schiff "TCG Anadolu", das im kommenden Jahr vom Stapel laufen soll. Ideen dazu gibt es seit geraumer Zeit. Jetzt hat Selçuk Bayraktar, Gründer der Drohnenfirma Baykar Defence und späterer Schwiegersohn des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, in einer Online-Veranstaltung des Luft- und Raumfahrtgipfels der türkischen Gebze-Universität erstmals Details genannt. Demnach könnte das Schiff mit einer Nachfolgeversion der bekannten Drohne "Bayraktar TB2" bestückt werden.
Die "Anadolu" ist eine Kopie der spanischen "Juan Carlos", die mit 232 Metern Länge und einer Verdrängung von rund 27.000 Tonnen zu den leichtgewichtigen Flugzeugträgern gehört. Den Auftrag für den Bau erhielt ein Firmenkonsortium des Herstellers Navantia mit der türkischen Firma Sedef, in deren Werft das Schiff derzeit in Lizenz gebaut wird. Die Türkei wird damit nach Frankreich, Italien und Spanien die vierte Seemacht im Mittelmeer mit einem Flugzeugträger.
Ursprünglich sollten auf Deck der "Anadolu" Hubschrauber sowie US-Kampfjets vom Typ F35 stationiert werden. Nachdem die Regierung in Ankara vor zwei Jahren von dem F35-Programm ausgeschlossen wurde, stand damit auch die Bestückung der "Anadolu" infrage.
Platz für bis zu 50 Drohnen
Zu den Plänen gehörte, die US-Flugzeuge mit dem leichten Kampfjet "TAI Hürjet" zu ersetzen, den die türkische Luftwaffe derzeit entwickelt. Für Starts von dem vergleichsweise kleinen Flugzeugträger wäre ein vollgetankter und mit Waffen ausgerüsteter Jet aber vermutlich zu schwer.
Damit die "TB2" auf der "Anadolu eingesetzt werden können, werden sie modifiziert. Um wenig Platz im Hangar einzunehmen, sollen sie als "TB3" klappbare Flügel erhalten. Auf diese Weise könnten dort bis zu 50 Drohnen Platz finden. Damit es die 100 PS starken Luftfahrzeuge überhaupt in die Luft schaffen, werden sie von einer Seilwinde unterstützt.
Wie das System aussehen könnte, hat Bayraktar jetzt erstmals auf einer Grafik gezeigt. Demnach verfügt die "Anadolu" über einen Schacht, der mittig zur Startbahn verläuft. Dort ist ein Seil verlegt, das am Bug über eine Rolle geführt wird.
Einzelne Bauteile und Verbindungen der Luftfahrzeuge müssten auch über eine höhere Festigkeit verfügen, um den erhöhten Schub einer kurzen Startbahn aufzunehmen. Denkbar wäre auch der Start der TB3 mit einem Katapultsystem. Dies würde aber noch stärkere Kräfte auf die Drohne ausüben und zudem kostbaren Platz auf dem kleinen Schiff verbrauchen. Zudem ist ein solches System noch nicht entwickelt.
Eine offizielle Bestätigung, dass die "Anadolu" der weltweit erste Drohnenträger wird, gibt es noch nicht. Konkret sind die Pläne allemal. Über die Fähigkeiten hatte sich vor zwei Monaten unter anderem der Vorsitzende der türkischen Verteidigungsindustrie in einem Interview ausgelassen. Demnach könnten von einer an Bord befindlichen Kommandozentrale bis zu zehn Kampfdrohnen gleichzeitig im Einsatz geführt werden.
Zunehmendes Interesse an türkischer Drohne
Die "Bayraktar"-Drohnen könnten nach ihrem Einsatz in verschiedenen Kriegen zum Exportschlager der Türkei werden, zu den derzeitigen Käufern gehören Katar und die Ukraine, weiteres Interesse kommt aus Serbien. Zuerst flogen sie im türkischen Teil Kurdistans Angriffe auf Dörfer und vermeintliche Stellungen der Guerilla, anschließend folgten Kampfeinsätze in Syrien und im Bürgerkrieg in Libyen.
Als neue Drohnenmacht konnte sich die Türkei allerdings erst mit dem Einsatz der "TB2" aufseiten der aserbaidschanischen Armee im Kampf um Berg-Karabach behaupten. Dort sollen sie zusammen mit anderen unbemannten Systemen kriegsentscheidend gewesen sein. Damit etablierte sich die Regierung in Ankara auch als neue Regionalmacht im Kaukasus.
Zu einer Siegesparade in Aserbaidschans Hauptstadt Baku hatten türkische Truppen im Dezember mehrere "TB2" mitgebracht und der Bevölkerung auf Lastwagen präsentiert. In seiner Rede drohte Präsident Erdoğan an, dass der Kampf im "politischen und militärischen Bereich (…) von nun an vielen anderen Fronten weitergeht". Mit einer drohnenbestückten "Anadolu" könnte dies nun auch auf See erfolgen. Sie soll das Flagg- und Kommandoschiff der türkischen Marine werden.