Erdogans internationale Jagd auf Oppositionelle
Seite 2: Unterstützt das BKA die Jagd auf türkische und kurdische Oppositionelle?
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- Unterstützt das BKA die Jagd auf türkische und kurdische Oppositionelle?
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Wie nun bekannt wurde, haben Kontaktbeamte des Bundeskriminalamts (BKA) den türkischen Justizbehörden Informationen insbesondere über kurdische Aktivisten in Deutschland an die türkische Abteilung der internationalen Polizeibehörde Interpol übergeben, die dann zu Verhaftungen in der Türkei führten.
Der Zynismus der deutschen Politik wird dadurch deutlich, dass das Auswärtige Amt immer wieder die Reise- und Sicherheitswarnungen für die Türkei verschärft: "Es kommt in letzter Zeit vermehrt zu Festnahmen deutscher Staatsangehöriger, die in Deutschland in kurdischen Vereinen aktiv sind oder waren."
Die Informationen für die Verhaftungen liefert unter anderem das BKA. Ein prominenter Fall ist die Tochter der kurdischen Sängerin Hozan Canê, Gönül Örs, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Örs wollte ihre seit Juni 2018 inhaftierte Mutter in der Türkei besuchen und landete selbst im Gefängnis. Örs wurde in der Türkei vorgeworfen, 2012 an einer Kölner Protestaktion teilgenommen zu haben, sie wurde mit einer Ausreisesperre belegt.
Als die deutsche Staatsbürgerin versuchte, illegal nach Deutschland zurückzukehren und dabei geschnappt wurde, wanderte sie wie ihre Mutter ins Gefängnis. Die Tagesschau berichtete am 29. November, ein BKA-Beamter hätte Informationen zu Örs Beteiligung an einer Protestaktion mit anderen Jugendlichen im Jahr 2012 über die deutsche Botschaft an die türkische Interpolabteilung weitergegeben.
Der Beamte soll in türkischer Sprache aus einem harmlosen Protestauftritt auf einem Kölner Touristenschiff, wo die Jugendlichen auf die Situation der Kurden aufmerksam machen wollten, einen Überfall von "zehn militanten Kurden", "die das Rhein-Schiff 'Colonia 6' gekapert hätten und vom Kapitän die Kontrolle über das Schiff verlangt hätten" konstruiert haben.
Das Schreiben, das er aus der deutschen Botschaft heraus verfasste, endete mit den freundlichen Worten an die türkischen Kollegen: "Wir danken für Ihre Zusammenarbeit". Das BKA bestätigte das Schreiben, allerdings seien keine personenbezogenen Daten weitergegeben worden.
Fragt sich nur, woher die türkischen Behörden dann wussten, das Örs damals an der Protestaktion teilgenommen hat? Denn in den türkischen Ermittlungsakten tauchten neben Örs auch die deutschen und teilweise türkischen Kontaktanschriften von rund einem Dutzend in Deutschland lebenden jungen Kurden, die 2012 in Köln und Hamburg an Protestaktionen beteiligt waren, auf.
Der deutsche Anwalt von Örs hat darüber hinaus aus türkischen Justizkreisen erfahren, "dass große Teile der deutschen Ermittlungsakte von 2012 den türkischen Behörden vorliegen. Darunter Fotos der Beteiligten und viele Details der deutschen Ermittler. Er stellte inzwischen Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft in Köln, wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht".
Die in den türkischen Akten aufgeführten Beteiligten der Protestaktion wurden wie Gönül Örs nicht gewarnt, dass die Gefahr einer Verhaftung in der Türkei bestehe. Schlamperei oder Absicht?, mag man sich wie so oft in letzter Zeit fragen.
Der Fall Hozan Canê
Skandalös ist auch der Fall ihrer Mutter Hozan Canê, die seit vielen Jahren im deutschen Exil lebt, nachdem sie schon als Zwanzigjährige in der Türkei wegen eines kurdischen Konzertes inhaftiert und gefoltert wurde. In Deutschland engagierte sie sich in einem kurdischen Kulturverein. 2018 reiste die Sängerin in die Türkei, um bei einer HDP-Wahlveranstaltung aufzutreten. Engagement in einem deutschen kurdischen Kulturverein und Auftritte für die HDP reichen in der Türkei aus, um der PKK-Mitgliedschaft bezichtigt zu werden.
Canê wurde dafür zu 6 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. In den letzten Jahren haben immer wieder Festnahmen deutscher Staatsbürger in der Türkei für Aufsehen gesorgt. Derzeit sitzen 60 Deutsche in türkischen Gefängnissen, 55 können das Land aufgrund von Ausreisesperren nicht verlassen. Den meisten wird Terrorpropaganda oder Unterstützung der PKK vorgeworfen. Manchmal wird den Betroffenen ein Erdogan-kritischer Post in den sozialen Medien vorgeworfen, der zwar Jahre zurückliegen kann, den Erdogan aber immer noch beleidigend findet.
Meist reicht aber die kurdische Herkunft aus, denn auch Kurden, die der PKK kritisch gegenüberstehen, sind im Visier der türkischen Behörden, auch ihnen wird Terrorpropaganda vorgeworfen. Angesichts der irrationalen Kriminalisierung von linken Kurden in Deutschland und der Türkei könnte man beiden Ländern eine "Kurdenphobie" attestieren. Leider gibt es noch keine Pille dagegen.
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