Erkennen die USA ein unabhängiges Katalonien an?

Seite 2: Madrid droht Hunderten von Bürgermeistern mit Strafen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dort könnte sogar die überwiegende Mehrheit der katalanischen Bürgermeister landen. Nun hat die Staatsanwaltschaft genau 712 der 948 Bürgermeister Kataloniens vorgeladen, die trotz des Blitz-Verbots durch das spanische Verfassungsgericht die Durchführung des Referendums in ihren Gemeinden garantieren und Wahlbüros zur Verfügung stellen wollen. Darüber wird zwar nun auch in Deutschland berichtet, eine Kritik daran ist aber kaum oder gar nicht zu vernehmen.

Damit ist eine ganz neue Zuspitzung vorgezeichnet, die auch im Verfassungsgericht nicht gut ankomme, schreibt jedenfalls eldiario.es mit Bezug auf Quellen im höchsten Gericht. Dort sei man sogar "alarmiert" und halte das Vorgehen des Ministeriums für Staatsanwaltschaft (sprich der Regierung) für "unnötig und störend". Doch die rechte PP kennt nur Repression, hat die Entwicklung in Katalonien seit Jahren verschlafen und Rajoy versuchte, auch das Problem schlicht auszusitzen. Dass den Katalanen derartig der Geduldsfaden reißen würde, auch die Christdemokraten offen in den zivilen Ungehorsam übertreten würden, da Madrid sogar ihnen jede Verhandlungen verweigerte, davon ist man in der spanischen Hauptstadt noch heute völlig überrascht.

Eine deutliche Zuspitzung steht nun schon deshalb an, weil allen in Madrid klar war, dass etliche oder alle Bürgermeister sich der Vorladung widersetzen werden. Die linksradikale CUP hat inzwischen klar und deutlich erklärt, ihre Bürgermeister würden den ausgesprochenen Vorladungen nicht nachkommen. Das heißt, sie müssen festgenommen oder verhaftet werden, will die Staatsanwaltschaft ihr Gesicht nicht verlieren. Absehbar war das schon deshalb, weil die CUP-Bürgermeister sich schon früher nicht haben vorladen lassen. Ohnehin sieht sich die Unabhängigkeitsbewegung weiter gestärkt, da trotz der Repression und Drohungen weit über eine Million am Montag demonstriert haben, dass sie keine Angst vor Spanien haben und die Unabhängigkeit wollen.

Erfahrungen mit Vorladung hat die CUP-Bürgermeisterin von Berga längst gesammelt. Montserrat Venturós wurde schon einmal festgenommen, weil sie einer Vorladung nicht nachkam. Sie hatte sich geweigert, die "Estelada" - die Fahne der Unabhängigkeitsbewegung - vom Rathaus zu nehmen. Venturós ist auch bereit, in den Knast zu gehen. "Wir werden alles dafür Notwendige tun, damit die Bevölkerung in Katalonien frei über ihre Zukunft entscheiden kann", sagte sie im Interview mit eldiario.es. Dafür brauche es eine klare Antwort von der Straße, um die "spanische Demokratiephobie international aufzuzeigen". Nichts dürfte dies besser aufzeigen als die Tatsache, dass Politiker für ihre Politik 40 Jahre nach dem Tod des Diktators wieder verhaftet werden.

Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau kündigte am Nationalfeiertag unzweideutig an, "alles zu tun, damit die Bevölkerung am 1. Oktober abstimmen kann". Sie stellt sich nun auch klar gegen die Kriminalisierung ihrer Bürgermeister-Kollegen. "Was kommt danach?", fragt sie und stellt fest, dass die rechte Volkspartei (PP) die Demokratie zerstöre, die sie angeblich verteidige. "Mehr Politik und weniger Brandstifter", schrieb sie per Twitter.

"Wir haben eine Lösung gefunden für das, was wir beide angestrebt haben", sagte Regierungschef Carles Puigdemont über ein Abkommen zwischen Colau und der Regionalregierung. Colau bestätigt den gefundenen Kompromiss. Damit ist gesichert, dass die große Mehrheit der Bevölkerung abstimmen kann. Barcelona war das große Problem, da man sonst nur auf ein Quorum von gut 50% hätte kommen können.

Wie sich auf der Karte der Gemeinden zeigt, die das Referendum durchführen wollen, ist die Liste auch nach der Verhaftungsdrohung nur noch länger geworden. Derzeit sind es schon 756 von 948, wobei in etlichen Fällen, wie in Barcelona, die Entscheidung noch aussteht.