Erneuter Börsenabsturz und neue Milliardenspritzen
Auch mit den Rettungsaktionen und massiven Geldspritzen schaffen es die Notenbanken weltweit nicht, den Finanzsektor zu beruhigen
Allein die US-Notenbank (FED) pumpte erneut 180 Milliarden US-Dollar in den Markt. Die Europäischen Zentralbank (EZB) sekundierte mit einer Geldspritze von 40 Milliarden Dollar, die Bank of Japan steuerte 60 Milliarden bei, die Bank of England war mit 40 Milliarden und die Bank of Canada 10 Milliarden dabei. Beteiligt haben sich auch die Zentralbanken der Schweiz, Indiens und Australiens. Die bisherigen Milliardenspritzen haben keine Beruhigung gebracht.
Das zeigte sich deutlich am Börsenschluss gestern in den USA. Nach einer kurzzeitigen Beruhigung wegen der Verstaatlichung des Großversicherers AIG, hat sich in New York am Mittwoch die nackte Angst breit gemacht. Wegen erwarteter neuer weiteren Hiobsbotschaften, haben die US-Börsen erneut Rekordtiefstände erreicht, welche die der letzten Tage zum Teil noch übertrafen. Alle drei großen Indizes verloren mehr als vier Prozent. Der Nasdaq verlor fast 5 % und mit der S&P 500, der die 500 größten börsennotierten US-Unternehmen umfasst und repräsentativer als der Dow-Jones ist, verzeichneten den höchsten prozentualen Tagesverlust seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001.
Die Verluste gingen an den asiatischen Börsen weiter. Tokio schloss mit einem Minus von 2,2 %, zeitweilig waren es weit über 3 %. Der Hang-Seng-Index in Hongkong brach zeitweise um 7 % ein, schloss dann mit einem Minus von 4,9 Prozent. Dramatisch zeigt sich erneut die Lage in Russland. Nachdem der Handel an der RTS-Börse am Mittwoch erneut wegen drastischer Kurseinbrüche von der Finanzbehörde ausgesetzt worden war, wird es heute gar keinen Aktienhandel geben. Er soll erst am Freitag wieder aufgenommen werden. An der zweiten großen Börse des Landes, MICEX, dürfen derzeit nur Pensionsgeschäfte getätigt werden. Präsident Dmitri Medwedew hat eine große Hilfsaktion angekündigt. Dazu sollen etwa 14 Milliarden aus dem russischen Budget bereitgestellt und angeschlagenen halbstaatliche Großunternehmen soll mit Krediten ausgeholfen werden.
Nach einem Bericht des The Wall Street Journal versucht die große Investmentbank Morgan Stanley, sich in die rettenden Arme der der amerikanischen Bankenkette Wachovia zu werfen, die aber ebenfalls sehr große Probleme haben soll. Nach der Rettung von Merrill Lynch durch die Bank of America (Finanzkrise bedroht das weltweite Finanzsystem) ist Morgan Stanley neben Goldman Sachs die letzte verbliebene große unabhängige Investmentbank der USA. Die Aktien hatte trotz vergleichsweise guter Quartalszahlen gestern erneut fast 20 % an Wert verloren, weil offenbar niemand die Zahlen glaubt.
Das laut Forbes weltgrößte Unternehmen, die HSBC Bank, soll nicht an einer Übernahme von Morgan Stanley interessiert sein. In London hatten sich die Hinweise verdichtet, dass die Finanzkrise einen neuen Zusammenschluss erzwingt. Nun ist bestätigt, dass die HBOS Bank von der Großbank Lloyds übernommen wird, die für das angeschlagene Institut 15,48 Milliarden Euro bezahlt und nun zum Riesen im britischen Bankenwesen aufsteigt. Die Regierung in London befürwortet das Geschäft aus Angst, dass es nach der verstaatlichten Northern Rock ("Negatives Eigenkapital") erneut ein britisches Opfer der Finanzkrise gibt. Es wird befürchtet, dass die "Rettungsaktion" bis zu 40.000 Arbeitsplätze kosten könnte.