Erosionserscheinungen in der Bush-Regierung

Richard Perle, Chefstratege des Irak-Krieges, tritt überraschend wegen seiner Verstrickung mit Firmen zurück, die vom Heimatschutz und Krieg profitieren

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Richard Perle, seit Juli 2001 Vorsitzender des Defense Policy Board und seit langer Zeit Wegbereiter der Bush-Politik und des Irak-Krieges, ist gestern überraschend von seinem Posten zurückgetreten. Er war zunehmend in Beschuss wegen seiner Beteiligung an Unternehmen gekommen, die von der Kriegs- und Sicherheitspolitik der Bush-Regierung profitieren.

Möglicherweise ist mit Perle, der gerne mit unverblümten Äußerungen den Advocatus diaboli für die Weltmachtspolitik der Bush-Regierung gespielt und gleichzeitig deren Kurs mit bestimmt hat, nur der erste Stein ins Rollen geraten. In Kriegszeiten sind, wenn die ersten Soldaten sterben und alles nicht so einfach geht, wie man dies vorhergesehen hat, Profiteure des Todes nicht so gerne gesehen. Zumindest nicht, wenn sie im Rampenlicht stehen.

Ganz ehrenrührig versicherte Perle, dass er mit seinem Rücktritt aus dem Beratungsgremium des Pentagon keine Diskussion über seine geschäftlichen Verwicklungen fördern wolle, die von der Kriegsführung ablenken. Als Vorsitzender des Defense Policy Board erhielt Perle kein Geld, aber er konnte dafür herhalten, gut über die Pläne der US-Regierung Bescheid zu wissen und so Geschäftsfelder zu erschließen. Natürlich tritt Perle ganz freiwillig zurück. Das soll weitere Regierungsmitglieder schützen, deren Verfilzung mit der Industrie nur zu auffällig ist. Bestes Beispiel ist Vizepräsident Cheney. Halliburton, der Konzern, dessen Direktor er nach dem ersten Irak-Krieg als Verteidigungsminister unter Bush sen. war, hat just den Auftrag erhalten, die brennenden irakischen Ölquellen zu löschen. Damit ist man schon einmal vor Ort und im zukünftig lukrativen Geschäft.

Ob der Rücktritt aber die Regierungsmitglieder langfristig vor lästigen Nachfragen schützen wird, dürfte stark vom weiteren Kriegsverlauf abhängen. Perle war durch seine Beteiligung an der Trireme Partners L.P. in die Kritik geraten. Das kurz nach dem 11.9. gegründete Unternehmen suchte direkt die Angst vor dem Terrorismus zu Geld zu machen (Richard Perle und die Geschäfte). Dann aber kamen noch die teuren Dienste für die schwer gebeutelte Global Crossing hinzu. Perle versicherte zwar, dass er im DPB niemals etwas vertreten hat, mit dem ihm persönliche Profitinteressen verbinden. Aber glauben wird man ihm hier ebenso wenig können wie der Bush-Regierung, die in ihrem Krieg angeblich nur völlig uneigennützige Ziele verfolgt.

Verteidigungsminister Rumsfeld erklärte zum freiwilligen Rücktritt, dass Perle en "ausgezeichneter Vorsitzender" gewesen sei, der das Gremium gut in einer schwierigen Zeit geleitet habe. Schon unter Reagan war der "Prinz der Finsternis" bekannt gewesen, gegen jede Art von Abkommen zur Reduzierung der Nuklearwaffen zu opponieren.

Verändern wird sich an der Politik der Bush-Regierung durch den Rücktritt nichts. Perle, der sich eigentlich nicht in die Regierung einbinden lassen wollte, kann mit seinen Beziehungen jetzt direkter die kommerziellen Interessen fördern, zumindest solange seine alten Freunde in der Regierung sitzen.

Sollte es mit rechten Dingen zugehen, dürfte Perle nur der Anfang vom Ende sein. Der Druck aufgrund des bislang wenig überzeugenden Krieges, der immer mehr Opfer unter den Zivilisten und den eigenen Soldaten fordert, wird zunehmen, wenn persönliche Bereicherung durch den Krieg und den Wiederaufbau eine Rolle spielt. Perle kann zwar nun ungehemmt die Hegemonie-Interessen der USA provokativ ausmalen, aber die eng mit der Industrie verfilzte Regierung wird aufpassen müssen.