Es kracht in der spanischen Linksregierung: "Bis hierhin und nicht weiter"
Es riecht nach Neuwahlen, da sich die Sozialdemokraten weigern, den Koalitionsvertrag umzusetzen, die Monarchie weiter schützen und ihren schmutzigen Krieg nicht aufarbeiten wollen
Der Chef der spanischen Linkskoalition Unidas Podemos (UP) spricht angesichts aufgestauter Widersprüche zu den Sozialdemokraten (PSOE) längst klare Warnungen aus. "Vielleicht kommt der Moment, an dem wir sagen müssen: Bis hierhin und nicht weiter."
Der Vize-Ministerpräsident Pablo Iglesias setzt sich so deutlich von Ministerpräsident Pedro Sánchez ab, dass am Sonntag vorgezogene Neuwahlen ins Spiel gebracht worden sind. Die Baskisch-Nationalistische Partei (PNV), ein weiterer Unterstützer der Sánchez-Regierung, vermutet, dass die Wahlen vorgezogen werden, wenn der Streit zwischen PSOE und UP anhält.
Die Wut bei Podemos ist groß, da die PSOE in 13 Monaten kaum ein Wahlversprechen umgesetzt hat. Sie schüttet derweil immer neues Wasser in ein Fass, dass längst am Überlaufen ist. Vor allem in sozialen Fragen bekommt die Linkskoalition kaum etwas von ihren Zielen durch.
Zuletzt hatte die PSOE alle linken Parteien, die die Sánchez-Minderheitsregierung stützen, damit brüskiert, dass sie offen den Koalitionsvertrag aufgekündigt hat. José Luís Ábalos, PSOE-Organisationssekretär und Transportminister verwarf das vereinbarte Ziel, die explodierenden Mieten zu regulieren. Es soll nur "Anreize" geben, um mehr Mietwohnungen auf den Markt zu bringen.
Der Tropfen, der bei Iglesias das Fass zum Überlaufen gebracht hat, war aber, dass die PSOE von Sánchez am Donnerstag mit rechten und ultrarechten Parteien einen Antrag von Basken und Katalanen abwies, den auch UP unterstützt hatte.
Der hatte zum Ziel, die "Unantastbarkeit" des Monarchen aufzuheben. Die PSOE hatte auch schon mit der Rechten dagegen gestimmt, dunkle Geschäfte des geflohenen ehemaligen Königs Juan Carlos parlamentarisch zu untersuchen. Auch dessen Sohn, der nun Staats- und Militärchef ist, soll weiter vor Strafverfolgung geschützt werden.
Seit Jahren verhindert die PSOE auch die Freigabe von Dokumenten, welche die Verwicklungen von Juan Carlos in den Putschversuch von 1981 klären. Es gibt viele Hinweise darauf, dass er dahinterstand. Dass Juan Carlos ein Steuerhinterzieher ist, hat er gerade erneut eingeräumt. Aus dem Exil in den Arabischen Emiraten hat er nun 4,4 Millionen Euro Steuern nachgezahlt, die er zuvor hinterzogen hatte.
Es geht dabei nur um die Hinterziehungen seit seinem Abdanken 2014, da er für die Zeit davor eben die Unantastbarkeit genießt. Ermittlungen wegen Korruption und Geldwäsche laufen zudem in Schweiz, wohin Schmiergelder geflossen waren.
Klar ist, dass die von Podemos geführte Linkskoalition UP wegen ihrer Erfolglosigkeit stark unter Druck der eigenen Basis steht, wie es sich in schlechten Wahlergebnissen in Katalonien gerade gezeigt hatte. Seit fast zwei Wochen reißen zudem massive Proteste gegen die Inhaftierung des Rappers Pablo Hasel nicht ab. Der wurde auf Basis des "Maulkorbgesetzes" verurteilt, dessen Streichung auch Sánchez versprochen hatte.
Passiert ist auch an der Arbeitsmarktreform der rechten Vorgänger nichts und statt eines bedingungslosen Grundeinkommens wurde trotz der massiven sozialen Krise nicht einmal eine Sozialhilfe eingeführt, sondern nur ein begrenztes Sozialgeld. Das erhält wegen enormer bürokratischer Hürden fast niemand.
Klar ist, dass auch Zeitungen, die die Linksregierung unterstützen, längst die "Beziehungen zwischen PSOE und UP am Limit" sehen. Dass die PSOE nicht nur im spanischen Parlament gemeinsame Sache mit der Rechten macht, sondern nun auch im Europaparlament, treibt ihre linken Unterstützer auf die Palme.
Iglesias hat auf Wahlkampfmodus umgeschaltet. Er spricht vor möglichen Neuwahlen seine Basis an, von der er sich weit entfernt hatte. In diesem Zusammenhang steht, dass er am Freitag dem Kinostart des Films "Non dago Mikel" (Wo ist Mikel?) beiwohnte. Der Film beschreibt, dass der baskische Busfahrer Mikel Zabalza zu Tode gefoltert wurde. In veröffentlichten Aufnahmen räumen das Mitglieder staatlicher Todesschwadrone, die unter der PSOE-Regierung in den 1980er Jahren agiert haben, auch für andere Fälle ein.
"Die Demokratie zu verteidigen, bedeutet auch, die dunkelste Seite unserer Geschichte zu beleuchten: Folter und Staatsterrorismus", twitterte Iglesias.
Er kritisierte damit das dröhnende Schweigen des Koalitionspartners zur Sache. Der US-Geheimdienst CIA ist längst davon überzeugt, dass der ehemalige PSOE-Chef Felipe Gonzalez der "Mister X" ist, der hinter den Todesschwadronen stand.