Eskalation in Mazedonien
Seite 2: Nationalisten sehen Einheit des Landes in Gefahr
- Eskalation in Mazedonien
- Nationalisten sehen Einheit des Landes in Gefahr
- Kritik aus dem Westen, der beschuldigt wird, ein Großalbanien errichten zu wollen
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"Die Verfassung und mein Gewissen verbieten es mir, jemandem das Mandat zu erteilen, der die Souveränität und Integrität Mazedoniens zerstört", begründete Präsident Ivanov seinen Schritt. Um sie zu ihrer Bereitschaft zur Regierungsbeteiligung zu bringen, habe Zaev den albanischen Parteien zu weitgehende Zugeständnisse gemacht.
Tatsächlich stellte Zaev ihnen nicht nur die Anerkennung der albanischen Sprache als zweite Amtssprache des Landes in Aussicht, sondern auch Modifikationen staatlicher Symbole wie Flagge, Wappen und Hymne. Es gehe nicht um "Mazedonien den Mazedonieren", sondern um "ein Mazedonien für alle, die in ihm leben", begründete Zaev, warum er die Albaner, die rund ein Viertel der zwei Millionen mazedonischen Staatsbürger stellen, künftige stärkere Mitsprache einräumen wolle.
Nicht nur Präsident Ivanov und Ex-Premier Nikola Gruevski, sondern viele nationalistisch gesinnte Mazedonier sehen in Zaevs Bündnispolitik mit den Albanern eine Gefährdung der nationalen Einheit des Landes. Tausende Demonstranten ziehen allabendlich vom Regierungssitz zum Parlamentsgebäude, tragen ein Transparent, auf dem geschrieben steht "Für ein einiges Mazedonien".
"Die SDSM will um jeden Preis an die Macht, obwohl sie die Wahlen verloren hat. Die VMRO-DPMNE hat die meisten Stimmen der Mazedonen gewonnen, die SDSM wurde geschlagen", sagte VMRO-Führer Nikola Gruevski dem serbischen TV-Kanal Pink. Seiner Ansicht nach bringt die Koalition zwischen der SDSM und den Albanern die Minderheit der Albaner an die Macht und drängt die Mehrheit der Mazedonierin die Opposition.
Gruevski und seine Sympathisanten nennen die von den Albanerparteien geschlossene programmatische Vereinbarung zur Regierungsbeteiligung "Tirana-Plattform". Sie sei auf Initiative und unter Mitwirkung von Albaniens Ministerpräsident Edi Rama verfasst worden und mithin ein Dokument der Einmischung eines fremden Staates in die inneren Angelegenheiten Mazedoniens. "Neuwahlen sind die beste Lösung", glaubt Gruevski, dann könnten die Bürger über die Wahlprogramme entscheiden. "Die zweite Option ist, dass sie ihre Plattform aufgeben, dafür werden sie dann unsere volle Unterstützung für die Bildung einer Minderheitenregierung erhalten", sagt Gruevski an die Adresse von Zaevs SDSM.
"Mit seiner Weigerung, uns den Regierungsauftrag zu erteilen, führt Staatspräsident Gjorge Ivanov einen Staatsstreich durch", behauptet Zoran Zaev. Ivanov habe Mazedonien "in eine tiefe Krise gestürzt mit unvorstellbaren Konsequenzen für seine Bürger und den Staat". Die Bürger sollten nun Besonnenheit wahren und sich jeglicher politischer und ethnischer Provokationen entziehen.
"Ivanov und Gruevski blockieren den Transfer der Macht, um der Strafverfolgung wegen Korruption und Amtsmissbrauch zu entgehen", glauben Zaev und seine Anhänger. Unruhen und Blutvergießen erwartet der SDSM-Vorsitzende erklärtermaßen nicht. "Wenn dies hätte geschehen müssen, wäre es bereits früher geschehen", sagte er dem kroatischen Fernsehen HRT.
Für die größte Albanerpartei DUI kommentierte Bujar Osmani: "Wir verurteilen diesen Versuch, aus der politischen Krise einen ethnischen Konflikt zu machen. Denn das kann schwere Folgen für die Zukunft des Landes haben. Die gemeinsame Erklärung hat kein ausländischer Staat verfasst, sondern die hiesigen Albanerparteien."
Hat der mazedonische Präsident das Recht, Parlamentsparteien die Bildung einer Regierung zu verweigern oder können diese auch ohne das Mandat des Präsidenten die Regierungsgewalt übernehmen? Diese mazedonisch innenpolitische Auseinandersetzung ist längst zum kontroversen Thema der Weltmächte geworden.